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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Matrose, ich kenne das Schiff, worauf sie fahren.
    Ist es ein hübsches Schiff?
    Ich wünsche Eurer Exzellenz ein ähnliches, um damit die Reise um die Welt zu machen.
    Wie groß?
    Etwa hundert Tonnen. Es ist eine Jacht, aber so gebaut, daß sie sich bei jedem Wetter auf der See halten kann.
    Wo ist sie gebaut worden?
    Ich weiß es nicht, doch ich glaube in Genua.
    Und wie kann es ein Anführer von Schmugglern wagen, eine für sein Gewerbe bestimmte Jacht in Genua bauen zu lassen?
    Ich sagte gar nicht, der Eigentümer dieser Jacht sei ein Schmugglerführer.
    Nein, aber Gaetano hat es gesagt, meine ich.
    Gaetano hat das Schiffsvolk von fern gesehen, aber noch mit niemand gesprochen.
    Doch was ist denn dieser Mensch, wenn er kein Schmuggler ist?
    Ein reicher Herr, der zu seinem Vergnügen reist.
    Bei so widersprechenden Aussagen wird diese Person immer geheimnisvoller, dachte Franz. Und wie heißt er?
    Wenn man fragt, so sagt er, er heiße Simbad der Seefahrer; doch ich zweifle, daß dies sein wahrer Name ist.
    Und wo wohnt dieser Herr? – Auf dem Meere. – Aus welchem Lande ist er? – Ich weiß es nicht. – Habt Ihr ihn gesehen? – Einige Male. – Was für ein Mann ist es? – Eure Exzellenz wird ihn selbst sehen. – Und wo wird er mich empfangen? – Ohne Zweifel in seinem unterirdischen Palaste.
    Und wenn Ihr hier anhieltet und die Insel verlassen fandet, trieb Euch die Neugierde nie an, in diesen Zauberpalast zu dringen?
    Oh! doch wohl, Exzellenz, erwiderte der Matrose, und zwar mehr als einmal, aber unsere Nachforschungen waren stets vergeblich; wir umwühlten die Grotte von allen Seiten, fanden aber nirgends einen Eingang. Übrigens sagt man, die Tür öffne sich nicht mit einem Schlüssel, sondern mittels eines magischen Wortes.
    Ich bin offenbar in ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht versetzt, murmelte Franz.
    Seine Exzellenz erwartet Sie, sprach hinter ihm eine Stimme, in welcher er die der Schildwache erkannte.
    Der Vortretende war von zwei Personen von der Mannschaft der Jacht begleitet. Statt jeder Antwort zog Franz sein Taschentuch und reichte es dem, welcher ihn angeredet hatte. Ohne ein Wort zu sprechen, verband man ihm die Augen mit einer Sorgfalt, aus der man erkannte, wie sehr man eine Indiskretion fürchtete, und ließ ihn sodann schwören, daß er auf keine Weise versuchen würde, seine Binde abzunehmen, bevor man ihn dazu aufforderte.
    Die beiden Männer nahmen ihn jeder an einem Arm, und er entfernte sich, von ihnen geleitet, die Schildwache voran. Nach etwa 50 Schritten fühlte er an der Veränderung der Atmosphäre, daß man in ein unterirdisches Gewölbe eintrat. Nachdem man noch einige Sekunden gegangen war, hörte er ein Krachen, und es kam ihm vor, als hätte sich die Atmosphäre wieder geändert und würde lau und wohlriechend; endlich fühlte er, haß seine Füße auf einen dicken, weichen Teppich traten; seine Führer verließen ihn. Nach kurzem Stillschweigen sagte eine Stimme in gutem Französisch, obgleich mit fremder Betonung: Ich heiße Sie willkommen; Sie können Ihre Binde abnehmen.
    Franz kam dieser Aufforderung sofort nach, nahm das Tuch ab und befand sich einem Manne von vierzig Jahren in tunesischer Tracht gegenüber; der Unbekannte trug einen roten Fez mit einer langen Quaste von blauer Seide, eine reich mit Gold gestickte Jacke von schwarzem Tuch, weite, bauschige Beinkleider, goldgestickte Gamaschen von derselben Farbe und gelbe Pantoffeln. Ein prachtvoller Kaschmir umgürtete seine Hüften, und ein kleiner spitziger, gebogener Handschar stak in diesem Gürtel. Obgleich bleich, fast bleifarbig, hatte dieser Mann doch ein interessantes Gesicht; seine Augen waren lebhaft und durchdringend; seine gerade und die Stirnlinie fast fortsetzende Nase deutete den griechischen Typus in seiner ganzen Reinheit an, und seine perlweißen Zähne hoben sich von dem schwarzen Schnurrbart prächtig ab. Nur die Blässe war seltsam; man hätte glauben sollen, er habe lange im Grabe gelegen und könne nun die natürliche Farbe der Lebenden nicht wieder annehmen. Wenn auch nicht hoch gewachsen, war er doch wohlgebaut und hatte, wie die Südländer, kleine Hände und Füße. Am meisten aber erstaunte Franz über die Kostbarkeit der Ausstattung.
     

     
    Das ganze Zimmer war mit einem türkischen Stoffe von karmesinroter Farbe austapeziert. In einer Vertiefung stand ein Diwan, über dem man eine Trophäe von arabischen Waffen erblickte, deren Scheiden und Griffe von Edelsteinen

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