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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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edler Herr Simbad, sagte Franz, so möchte ich Sie fragen, bei welcher Gelegenheit Sie diese schöne Tat ausgeführt haben.
    Mein Gott! Das ist ganz einfach, antwortete Simbad. Es scheint, der Bursche war dem Serail des Beis von Tunis nähergekommen, als es sich für einen Menschen seiner Farbe geziemt, und so sollten ihm Zunge, Hand und Kopf abgeschnitten werden, die Zunge am ersten Tag, die Hand am zweiten, der Kopf am dritten. Es gelüstete mich immer, einen Stummen in meinem Dienste zu haben; ich wartete daher, bis ihm die Zunge abgeschnitten war, und schlug dem Bei vor, mir ihn gegen eine herrliche Doppelflinte zu überlassen, die tags zuvor die Begierde Seiner Hoheit erregt hatte. Er schwankte einen Augenblick, so viel war ihm daran gelegen, mit dem armen Teufel ein Ende zu machen. Aber ich fügte zur Flinte noch ein englisches Jagdmesser, mit dem ich den Yatagan Seiner Hoheit durchhackt hatte, worauf der Bei sich entschloß, Ali zu begnadigen, jedoch unter der Bedingung, daß er nie mehr das Gebiet von Tunis betreten würde. Dies anzuempfehlen war unnötig. Wenn der Unglückliche nur von fern die Küste von Afrika erblickt, flüchtet er sich in den untersten Raum des Schiffes, und man kann ihn nicht mehr herausbringen, bis man den dritten Weltteil aus dem Gesichte verloren hat.
    Franz blieb einen Augenblick stumm und nachdenklich, er überlegte sich, was er von der grausamen Gutmütigkeit denken sollte, mit der ihm sein Wirt diese Geschichte erzählte.
    Und wie der ehrenwerte Seemann, dessen Namen Sie angenommen haben, sagte er, das Gespräch ändernd, bringen Sie Ihr Leben mit Reisen hin?
    Ja, es ist ein Gelübde, das ich in einer Zeit getan habe, wo ich kaum glaubte, es je erfüllen zu können, sagte Simbad lächelnd! ich habe einige weitere getan, die, wie ich hoffe, wenn die Reihe an ihnen ist, ebenfalls erfüllt werden.
    Obgleich Simbad diese Worte mit der größten Kaltblütigkeit sprach, schleuderten doch seine Augen dabei einen seltsam wilden Blick.
    Sie haben viel gelitten, mein Herr? sprach Franz.
    Simbad bebte, schaute ihn starr an und erwiderte: Woran sehen Sie dies?
    An allem, an Ihrer Stirn, an Ihrem Blicke, an Ihrer Blässe und an dem Leben, das Sie führen.
    Ich? Ich führe das glücklichste Leben, das ich kenne, ein wahres Pascha-Leben; ich bin der König der Schöpfung. Gefällt es mir an einem Orte, so bleibe ich; langweile ich mich, so reise ich ab; ich bin frei, wie der Vogel, ich habe Flügel, wie er. Die Leute meiner Umgebung gehorchen mir auf den Wink; von Zeit zu Zeit belustige ich mich damit, der menschlichen Gerechtigkeit zu spotten, indem ich ihr einen Banditen entziehe, den sie sucht, oder sonst einen Verbrecher, den sie verfolgt. Dann habe ich meine eigene Gerichtsbarkeit, hohe und niedere, ohne Frist und Appellation, eine Gerichtsbarkeit, die verurteilt und freispricht, während sich niemand um sie zu kümmern hat. Ah, hätten Sie mein Leben gekostet, Sie würden sich kein anderes mehr wünschen, und Sie kehrten nie mehr in die Welt zurück, wenn Sie nicht ein großes Vorhaben antriebe.
    Eine Rache zum Beispiel! versetzte Franz.
    Der Unbekannte heftete auf den jungen Mann einen von jenen Blicken, die in die tiefste Tiefe des Herzens und des Geistes eintauchen. Dann fragte er: Und warum eine Rache?
    Weil Sie aussehen wie ein Mann, der, von der Gesellschaft verfolgt, eine furchtbare Rechnung mit ihr abzuschließen hat.
    Sie irren sich, erwiderte Simbad mit seltsamem Lachen, wobei sich seine weißen spitzigen Zähne zeigten; so wie Sie mich sehen, bin ich eher ein Menschenfreund, und ich gehe vielleicht eines Tages nach Paris, um mich dort um den Tugendpreis zu bewerben.
    Wird es das erste Mal sein, daß Sie diese Reise machen?
    Mein Gott, ja. Nicht wahr, es scheint, daß ich sehr wenig neugierig bin? Doch ich versichere Ihnen, es ist nicht mein Fehler, daß ich so lange gezögert habe; jedenfalls wird es einmal geschehen.
    Gedenken Sie diese Reise bald zu machen?
    Ich weiß noch nicht; es hängt von verschiedenen Umständen ab.
    Ich wünschte wohl, zur Zeit, wo Sie nach Paris kommen, ebenfalls dort zu sein; ich würde mich bemühen, Ihnen, soviel in meinen Kräften liegt, die Gastfreundschaft zu vergelten, die Sie mir so reichlich auf Monte Christo angedeihen ließen.
    Ich würde Ihr Anerbieten mit großem Vergnügen annehmen, versetzte der Unbekannte; leider aber wird es, wenn ich dahin gehe, wohl inkognito geschehen.
    Das Abendbrot nahm indessen seinen Fortgang; es schien nur

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