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Der Graf von Monte Christo

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Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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sah, um Sie zu benachrichtigen.
    Oh! mein Gott! sagte die Gräfin zu Franz, gehen Sie schnell; es ist ihm vielleicht ein Unglück widerfahren, und kommen Sie bald zurück, uns Kunde zu geben.
     

     
    Franz nahm seinen Hut und entfernte sich in größter Eile. Er hatte seinen Wagen weggeschickt und erst auf zwei Uhr wieder bestellt, aber zum Glück ist der Palast Bracciano kaum zehn Minuten von der Stadt London entfernt. Als sich Franz dem Gasthofe näherte, sah er einen Menschen mitten auf der Straße stehen, von dem er keinen Augenblick zweifelte, daß er der von Albert abgeschickte Bote sei. Er ging auf den Menschen, der in einen langen Mantel gehüllt war, zu; doch zu seinem großen Erstaunen richtete der Unbekannte zuerst das Wort an ihn.
    Was wollen Sie von mir, Exzellenz? sagte er, einen Schritt zurückweichend, wie ein Mensch, der auf seiner Hut ist. Seid Ihr es nicht, der mir einen Brief vom Vicomte von Morcerf bringt? entgegnete Franz.
    Wie heißt Eure Exzellenz?
    Baron Franz d'Epinay.
    Dann ist dieser Brief wohl an Eure Exzellenz gerichtet.
    Bedarf er einer Antwort? fragte Franz, den Brief aus den Händen des Unbekannten nehmend.
    Ja, wenigstens hofft Ihr Freund auf eine Antwort.
    So kommt mit mir herauf, und ich werde sie Euch geben.
    Ich will lieber hier warten, sagte der Bote lachend.
    Warum?
    Eure Exzellenz wird die Sache begreifen, wenn sie den Brief gelesen hat.
    Franz ging in den Gasthof; auf der Treppe begegnete er Pastrini, der ihn mit verstörter Miene erwartet hatte. Franz entfaltete rasch das Papier. Der Brief war von Alberts Hand geschrieben und von ihm unterzeichnet. Franz las ihn zweimal, so überrascht war er von seinem Inhalt. Er lautete:
     
    »Lieber Freund!
    Sobald Sie Gegenwärtiges empfangen, haben Sie die Gefälligkeit, aus meinem Portefeuille, das Sie in der viereckigen Schublade des Sekretärs finden werden, den Kreditbrief zu nehmen; nehmen Sie den Ihrigen dazu, wenn meiner nicht reicht. Laufen Sie zu Torlonia, lassen Sie sich auf der Stelle viertausend Piaster geben, und händigen Sie dieselben dem Überbringer ein. Es ist dringend, daß mir diese Summe ohne Verzug zukommt. Ich sage nicht mehr, da ich auf Sie zähle, wie Sie auf mich zählen können.
    N. S. I believe now in Italian bandits. [*Ich glaube nun an italienische Banditen]
    Ihr Freund
    Albert von Morcerf .«
     
    Unter diese Zeilen waren von fremder Hand folgende italienische Worte geschrieben:
     
    Se alle sei della mattina le quattro mille piastre non sono nelle miei mani, alle sette il conte Alberto avrà cessto di vivere. [* Wenn morgens sechs Uhr die viertausend Piaster nicht in meinen Händen sind, so hat Graf Albert um sieben zu leben aufgehört.]
    Luigi Vampa
     
    Die zweite Unterschrift erklärte Franz alles, und er begriff das Widerstreben des Boten, zu ihm heraufzukommen; die Straße schien ihm sicherer als Franzens Zimmer. Albert war in die Hände des berüchtigten Banditenführers gefallen, an dessen Existenz er so lange nicht hatte glauben wollen.
    Es war keine Zeit zu verlieren. Er lief an den Sekretär, öffnete ihn, fand in der bezeichneten Schublade das Portefeuille, und in dem Portefeuille den Kreditbrief; er war im ganzen auf 6000 Piaster ausgestellt; aber von diesen 6000 Piastern hatte Albert bereits 3000 verbraucht. Franz besaß keinen Kreditbrief; da er in Florenz wohnte und nur nach Rom gekommen war, um hier sieben bis acht Tage zu bleiben, so hatte er etwa 100 Louisd'or mitgenommen, und davon blieben ihm höchstens noch 50. Es waren also noch 7 bis 800 Piaster erforderlich, wenn Franz und Albert die verlangte Summe zusammenbringen sollten. Allerdings konnte Franz auf die Gefälligkeit des Herrn Torlonia rechnen, und er war daher auch schon im Begriff, in den Palast Bracciano zurückzukehren, als ein leuchtender Gedanke seinen Geist durchblitzte.
    Der Graf von Monte Christo fiel ihm ein. Franz wollte eben den Wirt rufen lassen, als dieser auf der Türschwelle erschien.
    Mein lieber Herr Pastrini, sagte er, glauben Sie, daß der Graf zu Hause ist?
    Ja, Exzellenz, er ist soeben zurückgekommen.
    Ich bitte Sie, fragen Sie ihn für mich um Erlaubnis, ihn einen Augenblick sprechen zu dürfen.
    Der Wirt beeilte sich, diesen Auftrag zu vollziehen; fünf Minuten nachher meldete er Franz, der Graf erwarte ihn. Franz durchschritt rasch den Gang, ein Diener führte ihn bei dem Grafen ein. Er befand sich in einem kleinen, ganz von Diwans umgebenen Kabinett, das Franz noch nicht gesehen hatte. Der Graf kam

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