Der Graf von Monte Christo
und mehreren Gendarmen. Man bemächtigte sich meiner. Ich versuchte es nicht einmal, Widerstand zu leisten; ... ich war nicht mehr Herr meiner Sinne. Ich wollte sprechen, stieß aber nur unzusammenhängende Töne aus.
Ich sah, daß die Zöllner und Gendarmen mit dem Finger auf mich deuteten, denn ich war ganz mit Blut bedeckt. Der laue Regen, der durch die Bretter der Treppe auf mich gefallen, war das Blut der Carconte.
Ich deutete mit dem Finger auf den Ort, wo ich verborgen gewesen war.
Was will er sagen? fragte ein Gendarm.
Ein Zöllner sah nach und sagte: Er will sagen, daß er hier durchgeschlüpft ist, und zeigte das Loch, durch das ich wirklich geschlüpft war.
Nun begriff ich, daß man mich für den Mörder hielt. Ich fand meine Sinne wieder, ich fand meine Kräfte wieder, befreite mich von den Händen zweier Männer, die mich hielten, und rief: Ich bin es nicht.
Zwei Gendarmen schlugen mit ihren Karabinern auf mich an.
Wenn du dich rührst, sagten sie, bist du des Todes.
Aber ich wiederhole, daß ich es nicht bin, rief ich.
Du kannst deine Geschichten den Richtern von Nimes erzählen, erwiderten sie. Inzwischen folge uns; und wenn wir dir raten sollen, leiste keinen Widerstand!
Das war nicht meine Absicht; ich fühlte mich durch Erstaunen und Schrecken gelähmt. Man legte mir Handschellen an, band mich an den Schweif eines Pferdes und führte mich nach Nimes.
Es war mir auf meinem Wege durch den Kanal ein Zöllner gefolgt; als er mich in der Gegend des Hauses aus dem Gesichte verlor, vermutete er, ich würde die Nacht hier zubringen. Er benachrichtigte seine Kameraden und kam mit ihnen gerade, um den Pistolenschuß zu hören und mich inmitten von Schuldbeweisen festzunehmen, deren Widerlegung mir, wie ich wohl einsah, kaum gelingen konnte.
Ich verließ mich auch nur auf eines und bat den Untersuchungsrichter sogleich, überall einen gewissen Abbé Busoni suchen zu lassen, der im Verlaufe des Tages im Wirtshause zum Pont du Gard gewesen sei. Hatte Caderousse gelogen, gab es keinen Abbé Busoni, so war ich offenbar verloren, wenn nicht Caderousse ebenfalls gefangen wurde und alles gestand.
Es vergingen zwei Monate, während deren, ich muß es zum Lobe meines Richters sagen, alle Nachforschungen angestellt wurden, um den aufzusuchen, nach dem ich verlangte. Ich hatte jede Hoffnung verloren, Caderousse war nicht festgenommen worden. In der nächsten Sitzung sollte ich gerichtet werden, als am 8. September, das heißt drei Monate und fünf Tage nach dem Vorfall, der Abbé Busoni, auf den ich nicht mehr rechnete, sich bei dem Kerkermeister einfand und sagte, er habe erfahren, ein Gefangener wünsche ihn zu sprechen. Er habe in Marseille davon gehört, gab er an, und beeile sich, dem Wunsche zu entsprechen.
Sie können sich denken, mit welcher Freude ich ihn empfing ich erzählte ihm das ganze Ereignis, dessen Zeuge ich gewesen, sprach aber nicht ohne Unruhe von der Geschichte mit dem Diamanten. Gegen mein Erwarten war sie Punkt für Punkt wahr; ebenfalls gegen mein Erwarten maß er allem, was ich sagte, Glauben bei. Von seinem Wohlwollen und seiner tiefen Einsicht ergriffen, beichtete ich ihm, was in Auteuil geschehen, und erhielt von ihm den Trost der Absolution. Er verließ mich, indem er mir versprach, er würde alles tun, was in seiner Macht liege, meine Richter von meiner Unschuld zu überzeugen.
Den Beweis, daß er sich wirklich mit mir beschäftigte, fand ich darin, daß meine Haft allmählich milder wurde. In der Zwischenzeit wurde Caderousse im Ausland verhaftet und nach Frankreich zurückgebracht. Er gestand alles und warf die Schuld des Vorbedachts und besonders der Anstiftung auf seine Frau. Er wurde zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurteilt und mich setzte man in Freiheit.
Damals geschah es, daß Sie sich mit einem Briefe des Abbés Busoni bei mir einfanden? fragte Monte Christo.
Ja, Exzellenz; er nahm sichtbar Anteil an mir, riet mir, mein Schmugglerhandwerk aufzugeben, und wollte mich an einen Bekannten empfehlen.
Oh, mein Vater, rief ich, wieviel Güte! – Doch Sie schwören mir, daß ich es nie zu bereuen haben werde?
Ich streckte die Hand aus, um zu schwören.
Unnötig, sagte er, ich kenne und liebe die Korsen; hier ist meine Empfehlung.
Und auf diese Empfehlung hin hatte Eure Exzellenz die Gnade, mich in seine Dienste zu nehmen. Nun frage ich Eure Exzellenz, hat sie sich je über mich zu beklagen gehabt?
Nein, erwiderte der Graf, und ich gestehe mit Vergnügen, Sie
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