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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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sind ein guter Diener, Bertuccio, obgleich es Ihnen an Vertrauen gebricht.
    Mir, Herr Graf?
    Ja, Ihnen. Wie kommt es, daß Sie eine Schwägerin und einen Adoptivsohn haben, und weder von der einen noch von dem andern mit mir sprachen?
    Ach! Exzellenz, ich muß Ihnen noch den traurigsten Teil meines Lebens mitteilen. Nach meiner Freilassung reiste ich nach Korsika, denn es drängte mich, meine arme Schwägerin wiederzusehen. Als ich aber nach Rogliano kam, fand ich das Haus in Trauer; es war eine furchtbare Szene vorgefallen. Meinem Rate gemäß, widerstand meine Schwägerin den Forderungen Benedettos, der jeden Augenblick alles Geld verlangte, das im Hause war. Eines Morgens bedrohte er sie und verschwand dann einen ganzen Tag. Sie weinte, denn die liebe Assunta hatte ein Mutterherz für den Elenden. Es kam der Abend, sie wartete auf ihn, ohne sich niederzulegen. Als er um elf Uhr mit zweien seiner Freunde, den gewöhnlichen Genossen seiner tollen Streiche, zurückkehrte, streckte sie die Arme nach ihm aus; doch die Ruchlosen packten sie, und einer von den dreien, ich fürchte, es war das höllische Kind selbst, rief: Wir wollen sie auf die Folter spannen, sie muß gestehen, wo sie ihr Geld hat.
    Der Nachbar Wasilio war gerade in Bastia, und nur seine Frau allein zu Hause. Niemand außer ihr konnte sehen oder hören, was bei meiner Schwägerin vorging. Zwei von ihnen hielten die arme Assunta, der dritte verrammelte Türen und Fenster, und alle drei hielten dann Assuntas nackte Füße, indem sie mit Tüchern ihr Geschrei erstickten, über die Kohlenglut, um ihr das Geständnis zu entreißen, wo unser kleiner Schatz verborgen liege. Doch dabei fingen ihre Kleider Feuer; da ließen sie die Unglückliche los, um nicht selbst verbrannt zu werden. Ganz in Flammen lief sie nach der Tür, aber die Tür war verschlossen; sie stürzte nach dem Fenster, doch das Fenster war verrammelt. Nun hörte die Nachbarin ein furchtbares Geschrei; es war Assunta, die um Hilfe rief. Bald dämpfte sich ihre Stimme; die Schreie verwandelten sich in ein Stöhnen, und als am andern Morgen, nach einer Nacht des Schreckens und der Angst, Wasilios Frau aus ihrer Wohnung herauszugehen wagte und von der Polizei unser Haus öffnen ließ, fand man Assunta halb verbrannt, aber noch atmend, die Schränke erbrochen, das Geld entwendet. Benedetto hatte Rogliano verlassen, um nie mehr dahin zurückzukehren. Seit jenem Tage habe ich ihn nicht mehr gesehen und auch nichts mehr von ihm gehört. – Nachdem ich diese traurige Kunde vernommen, begab ich mich zu Eurer Exzellenz. Ich konnte nicht von Benedetto sprechen, weil er verschwunden, und nicht von meiner Schwägerin, weil sie tot war.
    Und was dachten Sie von diesem Ereignis? sagte Monte Christo.
    Es sei die Strafe für das Verbrechen, das ich begangen hatte. Oh! diese Villefort waren ein verfluchtes Geschlecht.
    Ich glaube es, murmelte der Graf finster.
    Und nun begreifen Eure Exzellenz wohl, daß dieses Haus, das ich seitdem nicht mehr gesehen, daß dieser Garten, in dem ich mich plötzlich wiederfand, daß dieser Platz, wo ich einen Menschen getötet habe, die Erschütterung in mir hervorbringen mußte, deren Veranlassung Sie erfahren wollten; denn ich weiß nicht gewiß, ob nicht hier zu meinen Füßen Herr von Villefort in dem Grabe liegt, das er für sein Kind gegraben hatte.
    Es ist in der Tat alles möglich, sagte Monte Christo, von der Bank aufstehend, auf der er gesessen hatte, sogar, fügte er ganz leise hinzu, sogar, daß der Staatsanwalt nicht gestorben ist. Der Abbé Busoni hat wohl daran getan, Sie mir zuzuschicken. Sie haben ebenfalls wohl daran getan, mir Ihre Geschichte zu erzählen, denn ich werde nichts Schlimmes mehr von Ihnen denken. Doch was den verruchten Benedetto betrifft, haben Sie nie seine Spur aufzufinden gesucht, haben Sie nie zu erfahren gesucht, was aus ihm geworden ist?
    Nie. Hätte ich gewußt, wo er wäre, so würde ich, statt zu ihm zu gehen, vor ihm geflohen sein, wie vor einem Ungeheuer. Nein, glücklicherweise habe ich nie irgend einen Menschen der Welt von ihm sprechen hören, und ich hoffe, er ist tot.
    Hoffen Sie das nicht, Bertuccio; die Schlechten sterben nicht so leicht, denn Gott scheint sie unter seine Obhut zu nehmen, um Werkzeuge seiner Rache aus ihnen zu machen.
    Es mag sein, versetzte Bertuccio. Ich bitte den Himmel nur, ihn nie mehr sehen zu dürfen. Und nun wissen Sie alles, Herr Graf, fügte der Intendant, sein Haupt neigend, hinzu, Sie sind mein

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