Der Graf von Monte Christo
doch Sie begreifen, um zu diesem Ziele zu gelangen, müssen wir unsere Rollen spielen.
Wie denn? Ich als zärtlicher Vater.
Und ich als ehrfurchtsvoller Sohn.
Da sie verlangen, daß Sie von mir abstammen.
Welche sie?
Verdammt, ich weiß es nicht, die, welche uns schrieben; haben Sie nicht auch einen Brief bekommen?
Doch wohl.
Von wem?
Von einem gewissen Abbé Busoni.
Den Sie nicht kennen?
Ich habe ihn nie gesehen. Was sagte Ihnen der Brief, den Sie erhielten?
Sie werden mich nicht verraten?
Ich werde mich wohl hüten, unsere Interessen sind dieselben.
So lesen Sie.
Und der Major gab dem jungen Mann einen Brief.
Andrea las mit leiser Stimme:
Sie sind arm, ein unglückliches Alter erwartet Sie. Wollen Sie, wenn nicht reich, doch wenigstens unabhängig werden?
Reisen Sie auf der Stelle nach Paris und fordern Sie bei dem Herrn Grafen von Monte Christo, Avenue des Champs Elysées, Nr. 30, den Sohn zurück, den Sie von der Marchesa Corsinari gehabt haben und der Ihnen in einem Alter von fünf Jahren gestohlen worden ist.
Dieser Sohn heißt Andrea Cavalcanti.
Damit Sie die Absicht des Unterzeichneten, Ihnen angenehm zu sein, nicht in Zweifel ziehen, finden Sie anbei:
Eine Anweisung von zweitausend vierhundert toskanischen Lire, zahlbar bei Herrn Gozzi in Florenz.
Einen Brief zum Zweck der Einführung bei dem Herrn Grafen von Monte Christo, auf den ich Sie mit einer Summe von achtundvierzigtausend Franken akkreditiere.
Finden Sie sich am 26. Mai abends um sieben Uhr bei dem Grafen ein.
Abbé Busoni.
So ist es.
Wie, so ist es? Was wollen Sie damit sagen? fragte der Major.
Ich sage, daß ich einen ungefähr ähnlichen Brief erhalten habe.
Sie? Von dem Abbé Busoni?
Von einem Engländer, von einem gewissen Lord Wilmore, der den Namen Simbad der Seefahrer annahm.
Und den Sie ebensowenig kennen, wie ich den Abbé Busoni?
Doch; ich bin weiter vorgerückt als Sie.
Sie haben ihn gesehen?
Ja, einmal.
Wo?
Ah! das ist es gerade, was ich Ihnen nicht sagen kann; sonst wüßten Sie so viel wie ich, und das ist nicht nötig.
Dieser Brief sagte Ihnen?
Lesen Sie!
Sie sind arm und sehen nur einer elenden Zukunft entgegen; wollen Sie einen Namen haben, frei sein, reich sein?
Nehmen Sie den Postwagen, den Sie bespannt finden, wenn Sie von Nizza durch das Genueser Tor weggehen. Reisen Sie durch Turin, Chambéry und Pont-de-Beauvoisin. Begeben Sie sich zu dem Grafen von Monte Christo, Avenue des Champs Elysées, am 26. Mai um sieben Uhr abends, und fordern Sie Ihren Vater von ihm.
Sie sind der Sohn des Marquis Bartolomeo Cavalvanti und der Marchesa Oliva Corsinari, wie dies die Ihnen von dem Marquis zu übergebenden Papiere bestätigen werden, die Ihnen unter diesem Namen in der Pariser Welt zu erscheinen gestatten.
Was Ihren Rang betrifft, so wird Sie eine Rente von fünfzigtausend Lire in den Stand setzen, denselben zu behaupten.
Sie erhalten anbei eine Anweisung auf fünftausend Lire an Herrn Ferrea, Bankier zu Nizza, und einen Einführungsbrief für den Grafen von Monte Christo, der von mir beauftragt ist, für die Befriedigung aller Ihrer Bedürfnisse zu sorgen.
Simbad der Seefahrer.
Hm, sagte der Major, das ist sehr schön!
Nicht wahr?
Sie haben den Grafen gesehen? Hat er anerkannt? Alles.
Begreifen Sie etwas hiervon?
Meiner Treu, nein.
In dieser ganzen Geschichte ist einer der Tor.
Auf jeden Fall weder Sie noch ich.
Nein, gewiß nicht.
Wohl, aber wer sonst?
Daran ist wenig gelegen, nicht wahr?
Allerdings, das wollte ich eben sagen; setzen wir unsere Rollen fort und spielen ein gemeinschaftliches Spiel. Gut; Sie werden mich würdig finden, Ihr Partner zu sein. Ich habe nicht einen Augenblick daran gezweifelt, mein lieber Vater.
Sie erweisen mir viel Ehre, mein lieber Sohn.
Monte Christo wählte diesen Augenblick, um in den Salon zurückzukehren. Als sie das Geräusch seiner Tritte hörten, warfen sie sich in die Arme; der Graf fand sie eng umschlossen.
Nun, Herr Marquis, es scheint, Sie haben einen Sohn nach Ihrem Herzen wiedergefunden?
Ah! Herr Graf, die Freude erstickt mich fast.
Und Sie, junger Mann?
Ah! Herr Graf, das Glück erstickt mich.
Glücklicher Vater! glückliches Kind! rief der Graf. Nur eines betrübt mich, sagte der Major; die Notwendigkeit, in der ich mich befinde, Paris so schnell zu verlassen. Oh! lieber Herr Cavalcanti, Sie werden hoffentlich nicht eher abreisen, als bis ich Sie einigen Freunden vorgestellt habe, entgegnete Monte
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