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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist etwas Geringes bei einem Vermögen, wie Sie es besitzen, und bei Ihrem philosophischen, erhabenen Geiste.
    Auch ist es nicht die Geldfrage, was mich kümmert, obschon 900 000 Franken immerhin wohl ein Bedauern oder wenigstens eine Regung des Ärgers wert sind, sondern ich fühle mich getroffen durch die Fügung des Schicksals, des Zufalls, des Verhängnisses, ich weiß nicht, wie ich die Macht nennen soll, die den Schlag lenkt, der mich trifft, meine Hoffnungen niederstürzt und vielleicht die Zukunft meiner Tochter durch die Laune eines kindisch gewordenen Greises zerstört.
    Ei, mein Gott! rief der Graf. 900 000 Franken, sagten Sie? In der Tat, diese Summe verdient wohl ein Bedauern, selbst für einen Philosophen. Und wer bereitete Ihnen diesen Verdruß?
    Mein Vater, von dem ich mit Ihnen sprach.
    Herr Noirtier? Sie sagten mir doch, er sei völlig gelähmt, und alle seine Fähigkeiten seien vernichtet?
    Ja, seine körperlichen Fähigkeiten, denn er kann sich nicht rühren, er kann nicht sprechen, und bei alledem denkt er, will er, handelt er, wie Sie sehen. Ich habe ihn vor fünf Minuten verlassen, und er ist in diesem Augenblick damit beschäftigt, zwei Notaren ein Testament zu diktieren.
    Er hat also doch gesprochen?
    Nein, aber er hat sich mit Hilfe des Blickes verständlich gemacht; die Augen haben zu leben fortgefahren und töten, wie Sie sehen.
    Mein Freund, sagte Frau von Villefort, welche nun ebenfalls eintrat, Sie übertreiben wohl die Lage der Dinge.
    Gnädige Frau ... sagte der Graf sich verbeugend.
    Frau von Villefort grüßte mit ihrem freundlichsten Lächeln.
    Was sagt mir denn Herr von Villefort? sagte Monte Christo; und welche unbegreifliche Ungnade ...
    Unbegreiflich, das ist das richtige Wort, versetzte der Staatsanwalt, die Achseln zuckend; die Laune eines Greises!
    Gibt es denn kein Mittel, ihn von dieser Entscheidung abzubringen?
    Doch, sagte Frau von Villefort, und es hängt nur von meinem Manne ab, daß dieses Testament statt zum Nachteil für Valentine, gerade zu ihren Gunsten gemacht wird.
    Als der Graf sah, daß die beiden Ehegatten in Rätseln zu sprechen anfingen, nahm er eine zerstreute Miene an und sah mit größter Aufmerksamkeit und der augenscheinlichsten Billigung Eduard zu, der Tinte in das Trinkgeschirr der Vögel goß.
    Meine Teure, sagte Villefort, seiner Frau antwortend, Sie wissen, daß ich es nicht liebe, in meinem Hause als Tyrann aufzutreten. Es ist mir indessen daran gelegen, daß meine Entscheidungen in meiner Familie geachtet werden und die Narrheit eines Greises und die Laune eines Kindes nicht einen seit langen Jahren festgestellten Plan umwerfen. DerBaron d'Epinay war mein Freund, wie Sie wissen, und eine Verbindung mit seinem Sohne mußte mir in jeder Beziehung entsprechend erscheinen.
    Glauben Sie, Valentine sei mit ihm einverstanden? sagte Frau von Villefort; sie widersetzte sich in der Tat von jeher dieser Heirat, und es würde mich nicht wundern, wenn alles, was wir soeben gehört und gesehen haben, die Ausführung eines zwischen ihnen verabredeten Planes wäre.
    Gnädige Frau, entgegnete Villefort, glauben Sie mir, man verzichtet nicht so leicht auf ein Vermögen.
    Sie verzichtete doch auf die Welt, als sie vor einem Jahre in ein Kloster gehen wollte.
    Gleichviel, rief Villefort, ich sage, daß diese Heirat geschlossen werden muß, gnädige Frau.
    Gegen den Willen Ihres Vaters! sagte Frau von Villefort, eine andere Seite angreifend, das ist sehr ernst!
    Monte Christo stellte sich, als hörte er nichts, verlor aber kein Wort von dem, was gesprochen wurde.
    Ich kann wohl sagen, fuhr Villefort fort, daß ich stets meinen Vater geachtet habe, weil sich mit dem natürlichen Gefühle der Abkunft bei mir das Bewußtsein seiner moralischen Überlegenheit verband; doch diesmal muß ich darauf Verzicht leisten, verständige Überlegung in dem Greise anzuerkennen, der nur wegen seines Hasses gegen den Vater auf diese Art den Sohn verfolgt. Es wäre also lächerlich von mir, wenn ich mich in meinem Benehmen nach seinen Launen richtete. Ich werde nicht aufhören, die größte Achtung für Herrn Noirtier zu hegen; ich werde, ohne zu klagen, mich der Geldstrafe unterziehen, die er über mich verhängt; aber ich bleibe unerschütterlich in meinem Willen, und die Welt mag richten, auf welcher Seite die gesunde Vernunft ist. Ich verheirate folglich meine Tochter mit dem Baron Franz d'Epinay, weil diese Verbindung meinen Ansichten nach gut und ehrenvoll ist, und ich meine

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