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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein wohltätiges Getränk, das statt des Todes, den man Ihnen bereitet hatte, das Leben in Ihren Adern kreisen ließ.
    Gift! Tod! rief Valentine, die abermals unter der Herrschaft einer fieberhaften Sinnestäuschung zu stehen glaubte; was sagen Sie da, mein Herr?
    Still, mein Kind, erwiderte Monte Christo, einen Finger auf seine Lippen legend, ich habe gesagt Gift und Tod; doch trinken Sie zuerst hiervon – der Graf zog aus seiner Tasche ein Fläschchen, das einen roten Saft enthielt, und goß ein paar Tropfen davon in ein Glas – und wenn Sie getrunken haben werden, nehmen Sie diese Nacht nichts mehr.
    Valentine streckte die Hand aus; doch kaum hatte diese das Glas berührt, als sie sie voll Schrecken wieder zurückzog.
    Monte Christo nahm das Glas, trank die Hälfte davon, reichte es Valentine, und diese verschluckte lächelnd den Rest.
    Oh! ja, sagte sie, ich erkenne den Geschmack meiner nächtlichen Getränke, den Geschmack dieses Wassers, das meiner Brust ein wenig Frische, meinem Gehirn ein wenig Ruhe verlieh. Ich danke, mein Herr, ich danke.
    So haben Sie seit vier Nächten gelebt, Valentine, sagte der Graf. Doch wie lebte ich? Oh, welche grausamen Stunden ließen Sic mich durchmachen? Oh! welche furchtbaren Qualen ließen Sie mich ausstehen, wenn ich in Ihr Glas das tödliche Gift gießen sah, wenn ich fürchtete, Sie hätten Zeit, es zu trinken, ehe ich Zeit gehabt hätte, es in den Kamin zu schütten!
    Sie sagen, mein Herr, sprach Valentine, im höchsten Maße erschrocken, Sie sagen, Sie haben tausend Qualen ausgestanden, als man in mein Glas das tödliche Gift gegossen? Doch wenn Sie Gift in mein Glas gießen sahen, so mußten Sie auch die Person sehen, die es hineingoß?
    Ja.
    Valentine richtete sich auf, zog über ihre schneeweiße Brust den gestickten Battist, noch feucht von dem kalten Schweiße des Fiebers, mit dem sich der noch eisigere Schweiß des Schreckens zu vermischen anfing, und wiederholte: Sie haben sie gesehen?
    Ja, sagte zum zweiten Male der Graf.
    Was Sie mir da sagen, ist gräßlich, mein Herr, denn Sie wollen mich irgend etwas Höllisches glauben lassen. Wie! Im Hause meines Vaters, in meinem Zimmer, auf meinem Schmerzenslager fährt man fort, mich zu ermorden? Oh! Entfernen Sie sich, mein Herr, Sie führen mein Gewissen in Versuchung, Sie schmähen die Güte Gottes! Es ist unmöglich, es kann nicht sein.
    Sind Sie denn die erste, welche diese Hand schlägt? Haben Sie nicht in Ihrer Umgebung Herrn von Saint-Meran, Frau von Saint-Meran, Barrois fallen sehen? Hätten Sie nicht Herrn Noirtier fallen sehen, wäre sein Körper nicht durch die beständige Aufnahme von Gift gegen die tödliche Wirkung gefeit?
    Oh! mein Gott! Deshalb also verlangt der gute Papa seit einem Monat von mir, daß ich alle seine Getränke mit ihm teile?
    Und diese Getränke, rief Monte Christo, nicht wahr, sie haben einen bitteren Geschmack, wie getrocknete Orangenschalen?
    Ja, mein Gott, ja!
    Oh! das erklärt mir alles, sagte Monte Christo; er weiß auch, daß man hier vergiftet, und vielleicht, wer hier vergiftet. Er hat Sie, sein vielgeliebtes Kind, gegen die tödliche Substanz schützen wollen. Deshalb leben Sie noch, was ich mir nicht erklären konnte, nachdem man Ihnen vor vier Tagen ein Gift beigebracht, das sonst immer tödlich ist.
    Aber wer ist denn der Meuchler, der Mörder?
    Ich frage Sie ebenfalls: Haben Sie nie jemand in der Nacht in Ihr Zimmer eintreten sehen?
    Doch wohl. Oft kam es mir vor, als sähe ich Schatten erscheinen, sich nähern, sich entfernen, verschwinden; doch ich hielt sie für Ausgeburten meines Fiebers, und soeben, als Sie selbst eintraten, glaubte ich lange, ich hätte entweder das Fieber oder ich träumte.
    Also kennen Sie die Person nicht, die Ihnen das Leben nehmen will?
    Nein. Warum sollte jemand meines Tod wünschen?
    Sie werden sie kennen lernen, versetzte Monte Christo horchend.
    Wie dies? fragte Valentine, voll Schrecken umherschauend.
    Weil Sie heute abend weder das Fieber, noch das Delirium haben, weil Sie vollkommen wach sind, weil es soeben Mitternacht schlägt und dies die Stunde der Mörder ist.
    Mein Gott! mein Gott! sagte Valentine, mit der Hand den Schweiß abtrocknend, der auf ihrer Stirn perlte.
    Es schlug in der Tat langsam und schaurig zwölf Uhr; es war, als ob jeder Schlag des eisernen Hammers das Herz des Mädchens träfe.
    Valentine, fuhr der Gras fort, rufen Sie alle Ihre Kräfte zu Hilfe, drängen Sie Ihr Herz in Ihre Brust zurück, halten Sie Ihre Stimme

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