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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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des Getränkes, das in der Absicht bereitet war, die Aufregung, über die sich Valentine bei dem Doktor beklagte, zu beseitigen, linderte das Fieber und schärfte die Geisteskräfte.
    Valentine streckte also die Hand aus, um ihr Glas von der kristallenen Trinkschale zu nehmen; doch während sie ihren zitternden Arm ausstreckte, machte die Erscheinung abermals, und noch lebhafter als zuvor zwei Schritte auf das Bett zu und gelangte so nahe zu Valentine, daß sie ihren Hauch hörte und den Druck ihrer Hand zu fühlen glaubte. Diesmal überstieg der Anschein der Wirklichkeit alles, was Valentine bis dahin erfahren hatte; sie fing an, sich für völlig wach zu halten; sie hatte das Bewußtsein, bei voller Vernunft zu sein, und bebte.
    Der Druck, den Valentine gefühlt, hatte ihren Arm zurückhalten wollen.
    Dann nahm diese Gestalt, von der sich ihr Blick nicht losmachen konnte, und die übrigens mehr einen beschützenden als bedrohlichen Eindruck machte, das Glas, hielt es an die Nachtlampe und beschaute prüfend den Trank. Offenbar genügte die Augenprüfung nicht, denn dieser Mensch, oder vielmehr dieses Gespenst, schöpfte einen Löffelvoll aus dem Glase und verschluckte ihn.
    Valentine schaute das, was vor ihren Augen vorging, mit größtem Erstaunen an. Sie glaubte wohl, alles werde bald verschwinden, um einem andern Gemälde Platz zu machen; doch, statt wie ein Schatten zu entweichen, trat der Mensch näher zu ihr und sagte, Valentine das Glas reichend, mit erschütterter Stimme: Nun, trinken Sie!
    Valentine bebte. Es war das erstemal, daß eine von ihren Erscheinungen in so lebendigen Tönen zu ihr sprach. Sie öffnete den Mund, um einen Schrei auszustoßen.
    Der Mensch legte einen Finger auf seine Lippen.
    Der Graf von Monte Christo! murmelte sie.
    An dem Schrecken, der sich in Valentines Augen ausprägte, an dem Zittern ihrer Hände, an der raschen Gebärde, mit der sie sich unter ihre Tücher steckte, konnte man den letzten Kampf des Zweifels gegen die Überzeugung erkennen; doch die Gegenwart Monte Christos zu einer solchen Stunde, sein phantastischer, geheimnisvoller, unerklärlicher Eintritt durch eine Wand erschienen Valentines erschüttertem Gehirn als etwas Unmögliches.
    Rufen Sie nicht, erschrecken Sie nicht, sagte der Graf; hegen Sie keinen Schimmer von Verdacht, keine Spur von Unruhe; der, den Sie vor sich sehen, ist der ehrfurchtsvollste Freund, von dem Sie nur immer träumen konnten.
    Valentine fand keine Antwort; sie hatte eine solche Furcht vor dieser Stimme, die ihr die wirkliche Gegenwart des Sprechenden bewies, daß sie ihre Stimme nicht damit zu verbinden wagte; doch ihr erschrockener Blick sagte: Wenn Ihre Absichten rein sind, warum befinden Sie sich hier?
    Hören Sie mich, sagte der Graf, der ihre Herzensregung verstand, oder vielmehr schauen Sie mich an! Sie sehen meine geröteten Augen und mein ungewöhnlich bleiches Gesicht; seit vier Nächten wache ich über Sie, beschütze Sie, erhalte ich Sie für unseren Freund Maximilian.
    Eine Blutwoge der Freude stieg rasch in die Wangen der Kranken; denn der von dem Grafen ausgesprochene Name erstickte den Rest des Mißtrauens, den er ihr eingeflößt.
    Maximilian! ... wiederholte Valentine, so süß kam es ihr vor, diesen Namen auszusprechen; Maximilian! er hat Ihnen also alles gestanden?
    Alles. Er hat mir gesagt, Ihr Leben sei das seinige, und ich versprach ihm, Sie würden leben.
    Sie versprachen ihm, ich würde leben? – Ja.
    In der Tat, mein Herr, Sie sagten vorhin etwas von Wachen und Schutz. Sind Sie denn Arzt?
    Ja, der beste, den Ihnen der Himmel in diesem Augenblick schicken kann, das mögen Sie mir glauben.
     

     
    Sie sagten, Sie hätten gewacht? fragte Valentine unruhig; wo denn? Ich habe Sie nicht gesehen.Der Graf streckte die Hand in der Richtung der Bibliothek aus.
    Ich war hinter jener Tür verborgen, sagte er; jene Tür führt in das anstoßende Haus, das ich gemietet habe.
    Valentine wandte mit einer Bewegung schamhaften Stolzes die Augen ab und sagte voll Schrecken: Mein Herr, was Sie getan haben, ist beispiellos wahnsinnig, und der Schutz, den Sie mir gewähren, sieht einer Beleidigung sehr ähnlich.
    Valentine, sagte der Graf, während der langen Nachtwachen sah ich nur, welche Leute zu Ihnen kamen, welche Nahrungsmittel man Ihnen bereitete, welche Getränke man Ihnen vorsetzte. Erschienen mir diese Getränke gefährlich, so trat ich ein, wie ich soeben eingetreten bin, leerte Ihr Glas und setzte an die Stelle des Giftes

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