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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gewissensbissen niedergeschmettert, in den Abgrund der Schande gestürzt, den er durch die Beredsamkeit seiner vorwurfsfreien Tugend vor ihr geöffnet hatte, schwach und wehrlos gegen seine unumschränkte oberste Gewalt, schickte sich die arme Frau in diesem Augenblick vielleicht an, zu sterben!
    Eine Stunde war seit ihrer Verurteilung abgelaufen. Ohne Zweifel stellte sie sich in dieser Minute in ihrem Gedächtnis alle ihre Verbrechen vor, bat Gott um Gnade und schrieb einen Brief, um auf den Knien die Verzeihung ihres tugendhaften Gatten anzuflehen, eine Verzeihung, die sie mit ihrem Tode erkaufte.
    Villefort stieß ein zweites Gebrüll des Schmerzes und der Wut aus.
    Ah! rief er, sich auf dem Atlaskissen seiner Karosse wälzend, diese Frau ist nur Verbrecherin geworden, weil sie mich berührt hat. Ich schwitze das Verbrechen aus, und sie ist davon angesteckt, wie man vom Typhus, von der Cholera, der Pest angesteckt wird, und ich bestrafe sie! Oh! nein! nein! sie wird leben ... sie wird mir folgen ... Wir fliehen, verlassen Frankreich und wandern fort und fort, solange uns die Erde trägt. Ich sprach zu ihr vom Schafott! ... Großer Gott! Wie konnte ich es wagen, dieses Wort auszusprechen! Auch mich erwartet das Schafott ... Wir werden fliehen ... Ja, ich will ihr beichten; ja, jeden Tag will ich mich demütigen, ihr sagen, daß ich auch ein Verbrechen begangen habe. Oh! Herrliche Verbindung des Tigers und der Schlange! Oh! Würdige Frau eines Mannes, wie ich bin! Sie soll leben, meine Schande soll die ihrige noch überstrahlen und sie verschwinden lassen.
    Villefort stieß heftig das Vorderfenster seines Coupés herab und rief mit einer Stimme, die den Kutscher von seinem Sitze auffahren ließ: Vorwärts! Geschwinder! Geschwinder!
    Von Furcht getrieben, flogen die Pferde bis an sein Haus.
    Ja, ja, wiederholte sich Villefort, während er sich seiner Wohnung näherte, ja, diese Frau soll leben, sie soll bereuen und meinen Sohn erziehen, mein armes Kind, das einzige Wesen meiner Familie, das außer dem unzerstörbaren Greise der Vernichtung entgangen ist. Sie liebte den Knaben; für ihn hat sie alles getan. Man darf nie an dem Herzen einer Mutter verzweifeln, die ihr Kind liebt; sie wird bereuen, und niemand wird erfahren, daß sie schuldig war. Die in meinem Hause verübten Verbrechen werden mit der Zeit vergessen; oder erinnern sich ihrer einige Feinde, so nehme ich sie auf das Register meiner Frevel. Meine Frau wird leben, sie wird noch glücklich sein, weil sich ihre ganze Liebe in ihrem Sohne zusammendrängt und ihr Sohn sie nicht verlaßt. Ich werde eine gute Handlung verrichtet haben, und das erleichtert das Herz.
    Und der Staatsanwalt atmete freier, als er es seit langen Minuten getan. Der Wagen hielt im Hofe des Hotels an.
    Villefort stürzte von dem Fußtritt auf die Freitreppe; er sah, wie die Diener darüber staunten, daß er so schnell zurückkam. Er las nichts anderes auf ihrem Antlitz; keiner richtete das Wort an ihn; man blieb vor ihm stehen, wie gewöhnlich, um ihn vorbeigehen zu lassen – mehr nicht.
    Er kam an Noirtiers Zimmer vorüber und erblickte durch die halb offene Türe etwas wie zwei Schatten; doch ihn kümmerte es nicht, wer bei seinem Vater war; seine Unruhe trieb ihn vorwärts.
    Gut, sagte er, die kleine Treppe hinaufsteigend, die zu dem Vorplatze führte, auf den die Wohnung seiner Frau und Valentines Zimmer mündeten, gut, es hat sich hier nichts geändert.
    Er schloß vor allem die Tür des Vorplatzes.
    Niemand darf uns stören, sagte er; ich muß frei mit ihr sprechen, mich vor ihr anklagen, ihr alles mitteilen können.
    Er näherte sich der Tür, legte die Hand auf den kristallenen Knopf, die Tür gab nach.
    Nicht geschlossen! Oh! Gut, sehr gut! murmelte er und umfaßte mit einem Blicke den ganzen Salon. Niemand, sagte er; ohne Zweifel ist sie in ihrem Schlafzimmer.
    Er eilte nach der Tür. Hier war der Riegel vorgeschoben. Schauernd blieb er stehen und rief: Heloise!
    Es kam ihm vor, als verrücke man einen Schrank.
    Heloise! wiederholte er.
    Wer ist da? fragte die Stimme der Gerufenen.
    Er glaubte, diese Stimme sei schwächer als gewöhnlich.
    Öffnen Sie, öffnen Sie, rief Villefort, ich bin es.
    Doch trotz dieses Befehles, trotz des ängstlichen Tones, mit dem er gegeben wurde, öffnete man nicht.
    Villefort stieß die Tür mit einem Fußtritte ein.
    Am Eingang des Zimmers, das in ihr Boudoir ging, stand Frau von Villefort, bleich, mit verzogenem Gesicht und schaute ihn mit

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