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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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verlangt Beweise von mir, mein Vater, sagte Benedetto; soll ich sie geben?
    Nein, nein, stammelte Herr von Villefort mit gepreßter Stimme, nein, es ist unnötig.
    Wie, unnötig? rief der Präsident, was wollen Sie damit sagen?
     

     
    Ich will damit sagen, entgegnete der Staatsanwalt, daß ich mich vergebens unter dem tödlichen Drucke, der mich niederwirft, zerarbeiten würde. Meine Herren, ich erkenne es, ich bin in der Hand des rächenden Gottes. Keine Beweise! Es bedarf deren nicht: Alles, was dieser junge Mensch gesagt hat, ist wahr.
    Ein düsteres, drückendes Schweigen, wie das, welches den Katastrophen der Natur vorhergeht, hüllte alle Anwesenden in seinen bleiernen Mantel.
    Wie, Herr von Villefort, rief der Präsident. Hat Sie ein Anfall von Irrsinn gepackt? Sind Sie Herr Ihrer geistigen Fähigkeiten? Es wäre kein Wunder, wenn eine so seltsame, so unvorhergesehene, so furchtbare Anklage Ihren Geist gestört hätte! Auf, Herr von Villefort, beruhigen Sie sich!
    Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf. Seine Zähne schlugen heftig aneinander, wie die eines Menschen, der vom Fieber verzehrt wird, und dennoch war er bleich wie der Tod.
    Ich bin ganz und gar bei Sinnen, sagte er; der Körper allein leidet, und das läßt sich begreifen. Ich erkenne mich schuldig alles dessen, was dieser junge Mensch gegen mich vorgebracht hat, und halte mich von dieser Stunde an in meinem Hause zur Verfügung des Herrn Staatsanwalts, meines Nachfolgers.
    Nachdem er diese Worte mit dumpfer, fast erstickter Stimme gesprochen hatte, ging Herr von Villefort wankend auf die Tür zu, die ihm der Gerichtsdiener mechanisch öffnete.
    Die ganze Versammlung blieb stumm unter dem Eindruck dieser Erklärung und des Geständnisses, wodurch die rätselhaften Erscheinungen, die seit vierzehn Tagen die hohe Pariser Gesellschaft erregten, eine so furchtbare Entwicklung nahmen.
    Man sage noch einmal, das Drama liege nicht im Leben! sprach Beauchamp.
    Meiner Treu, versetzte Chateau-Renaud, ich würde noch lieber wie Herr von Morcerf endigen; ein Pistolenschuß erscheint sanft gegen eine solche Katastrophe.
    Und dann tötet er auch, bemerkte Beauchamp.
    Und ich dachte eine Zeitlang daran, seine Tochter zu heiraten! sagte Debray. Das arme Kind hat wohl daran getan, daß es gestorben ist.
    Die Sitzung ist aufgehoben, meine Herren, und die Sache auf die nächste Session verschoben, sagte der Präsident. Der Prozeß muß aufs neue eingeleitet und einem anderen Beamten anvertraut werden.
    Andrea verließ den Saal, stets gleich ruhig und noch viel interessanter als zuvor, geleitet von Gendarmen, die ihm unwillkürlich eine gewisse Achtung zollten.
    Nun, was denken Sie davon, mein braver Mann? fragte Debray den Stadtsergeanten, indem er ihm einen Louisd'or in die Hand drückte.
    Man wird ihm mildernde Umstände zubilligen! antwortete dieser.

Die Sühne.
     
    Es wäre schwierig, den Zustand der Betäubung zu beschreiben, in dem sich Herr von Villefort befand, als er den Palast verließ, das Fieber zu schildern, das jede Arterie schlagen, jede Faser seines Leibes erstarren ließ und jede Vene zum Zerspringen anschwellte. Er schleppte sich mühsam die Gänge entlang; er warf die Toga des Beamten von seinen Schultern, weil sie für ihn jetzt eine niederdrückende Last geworden war. Er kam wankend bis zur Cour Dauphine, erblickte seinen Wagen, öffnete selbst den Schlag und sank, mit dem Finger die Richtung des Faubourg Saint-Honoré andeutend, auf die Kissen.
    Das ganze Gewicht seines zusammengestürzten Glückes war auf sein Haupt gefallen; dieses Gewicht drückte ihn nieder, ohne daß er genau die Folgen davon kannte; er hatte diese nicht ermessen, er fühlte sie nur.
    Gott! murmelte er, ohne nur zu wissen, was er sagte.
    Der Wagen rollte rasch fort; heftig sich auf den Kissen hin und her bewegend, fühlte Villefort einen Gegenstand, der ihn belästigte, es war ein Fächer, den Frau von Villefort zwischen den Kissen des Wagens hatte liegen lassen; dieser Fächer erweckte eine Erinnerung, und diese Erinnerung war wie ein Blitz mitten in der Nacht.
    Villefort dachte an seine Frau.
    Oh! oh! rief er, als ob ein glühendes Eisen sein Herz durchdränge.
    Seit einer Stunde hatte er in der Tat nur eine Seite seines Unglücks vor Augen, und nun bot sich seinem Geiste plötzlich eine andere, nicht minder furchtbare.
    Diese Frau! Er war gegen sie kurz zuvor als unerbittlicher Richter verfahren, er hatte sie zum Tode verurteilt. Und vom Schrecken ergriffen, von

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