Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Knie reichen.
Auf einem Stuhl liegt sein Säbel, auf dem Tisch und in Reichweite ein Paar Pistolen. In den Läufen einiger Karabiner spiegelt sich ein lebhaftes Kaminfeuer.
Cadoudal sitzt an dem Tisch, auf dem seine Pistolen liegen; der Schein einer Lampe beleuchtet sein Gesicht und die Papiere, die er aufmerksam liest. Sein Gesicht ist das eines Dreißigjährigen: eine offene und fröhliche Miene, eingerahmt von blonden Kräusellocken, beseelt von großen blauen Augen; ein Lächeln würde zwei Reihen weißer Zähne enthüllen, die Zange oder Bürste des Zahnarztes noch nie berührt haben.
Wie Du Guesclin, dessen Landsmann er ist, hat er einen großen runden Kopf, und deshalb ist er als General Rundkopf ebenso bekannt wie als Georges Cadoudal.
Sein Vater war Landwirt in dem Kirchspiel Kerléano, und Georges hatte am Gymnasium von Vannes eine ausgezeichnete Schulbildung erhalten, als in der Vendée die ersten royalistischen Aufstände aufflackerten. Cadoudal erfuhr davon, sammelte seine Jagd- und Zechkumpane, überquerte an ihrer Spitze die Loire und bot Stofflet seine Dienste an.
Als ehemaliger Jagdaufseher Monsieur de Mauleviers hatte Stofflet seine Vorbehalte gegenüber dem Adel und noch mehr gegenüber dem Bürgertum; bevor er sich mit Cadoudal verbündete, wollte er wissen, worauf er sich einließ, und Cadoudal war begierig, sich im Kampf zu beweisen.
Schon am nächsten Tag kam es zu einem Gefecht. Als Stofflet sah, wie die Weißen vorpreschten, ohne sich um Bajonette und Kugelhagel zu scheren, sagte er unwillkürlich zu Monsieur de Bonchamps, der sich neben ihm befand: »Wenn dieser Rundkopf kein Loch in den Schädel bekommt, wird er es noch weit bringen.«
Seit dieser Zeit haftete Cadoudal der Name Rundkopf an.
Georges kämpfte in der Vendée bis zur Niederlage von Savenay, bei der die Hälfte der Aufständischen den Tod fand und die andere Hälfte sich in alle Winde zerstreute.
Nachdem er drei Jahre lang wahre Wunder an Kraft, Gewandtheit und Tapferkeit vollbracht hatte, überschritt er die Loire abermals und kehrte in das Morbihan zurück.
In seinem Geburtsland führte Cadoudal auf eigene Rechnung Krieg. Als Oberbefehlshaber, den seine Soldaten vergötterten und dem sie bedingungslos gehorchten, erfüllte er Stofflets Prophezeiung; er trat die Nachfolge eines La Rochejacquelein, d’Elbée, Bonchamps, Lescure, Charette und sogar Stofflets selbst an, und seither kann er es an Ruhm mit ihnen aufnehmen und ist ihnen an Macht sogar überlegen, da er fast der Einzige ist, der noch gegen die Herrschaft Bonapartes kämpft, der seit zwei Monaten Erster Konsul ist und im Begriff steht, die Schlacht von Marengo zu schlagen.
Vor drei Tagen hat Cadoudal erfahren, dass General Brune, der Sieger von Alkmaar und von Castricum, der Retter Hollands, zum Oberfehlshaber der republikanischen Armeen im Westen ernannt wurde und in Nantes eingetroffen ist mit dem Auftrag, ihn, Cadoudal, und seine Chouans zu vernichten, koste es, was es wolle.
Nun denn! Cadoudal muss dem Oberbefehlshaber zeigen, dass er keine Furcht kennt und dass man mit Einschüchterungsversuchen bei ihm überhaupt nichts ausrichten kann.
Müßig spielt er mit dem Gedanken an aufsehenerregende Aktionen, durch die man die Republikaner aus der Fassung bringen könnte, doch schon bald hebt er den Kopf, denn er hört ein Pferd galoppieren. Der Reiter gehört zu seinen Männern, denn er hat ungehindert die Chouans passiert, die an der Straße von La Roche-Bernard auf der Lauer liegen, und Muzillac erreicht.
Der Reiter hält vor der Tür des Häuschens, in dem Georges sich befindet, betritt die Gasse und sieht sich seinem Anführer gegenüber.
»Ah, du bist es, Branche-d’Or«, sagte Cadoudal. »Wo warst du?«
»In Nantes, General.«
»Welche Nachrichten bringst du?«
»Ein Aide de Camp General Bonapartes hat General Brune begleitet und kommt in besonderer Mission, die Ihnen gilt.«
»Mir?«
»Ja.«
»Weißt du, wie er heißt?«
»Roland de Montrevel.«
»Hast du ihn gesehen?«
»Wie ich Sie sehe.«
»Wie ist er?«
»Ein schöner junger Mann, sechs- bis siebenundzwanzig Jahre alt.«
»Wann wird er kommen?«
»Ein, zwei Stunden nach mir, nehme ich an.«
»Hast du ihm den Weg bereitet?«
»Ja, man wird ihn nicht aufhalten.«
»Wo befindet sich die Vorhut der Republikaner?«
»In La Roche-Bernard.«
»Wie viele sind es?«
»Ungefähr tausend.«
In diesem Augenblick galoppierte ein Pferd heran.
»Oha!«, sagte Branche-d’Or.
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