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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Marie-Antoinettes in Versailles.
    Aus diesem Ankleideraum trat der Erste Konsul zu jener Zeit fast ausnahmslos, wenn er morgens sein Arbeitszimmer aufsuchte – fast ausnahmslos, denn hier, in den Tuilerien, ließ er sich zum ersten Mal ein eigenes Schlafzimmer einrichten, in das er sich zurückzog, wenn es zu spät wurde oder wenn Zwistigkeiten im Verlauf des Abends zu einem Disput und zu ehelichem Schmollen geführt hatten, Zwistigkeiten, wie sie sich, wenngleich noch selten, bemerkbar zu machen begannen.
    Der zweite, überaus bescheidene Schreibtisch stand nahe am Fenster. Der Sekretär, der dort arbeitete, blickte auf das dichte Laub der Kastanienbäume; wenn er die Spaziergänger im Garten sehen wollte, musste er sich von seinem Stuhl erheben. Er saß mit dem Rücken zum Profil des Ersten Konsuls, so dass es nur einer leichten Kopfbewegung bedurfte, wenn Bonaparte ihm ins Gesicht sehen wollte. Da Duroc sich nur selten in seinem Kabinett aufhielt, gab der Sekretär dort seine Audienzen.
    Dieser Sekretär ist Bourrienne.
    Die gewandtesten Maler und Bildhauer haben darin gewetteifert, Bonapartes und später Napoleons Züge auf die Leinwand zu bannen oder in Marmor zu meißeln. Doch die Menschen aus seiner nächsten Umgebung behaupten, es gebe kein Bildnis des Empereurs von vollkommener Ähnlichkeit, obwohl sie die Züge dieses außergewöhnlichen Menschen an Statuen und Porträts sehr wohl wiedererkennen.
    Zur Zeit seines Konsulats konnte man seinen auffälligen Schädel malen oder in Stein hauen, seine herrliche Stirn, seine an den Schläfen klebenden und auf die Schultern fallenden Haare, sein mageres, längliches, sonnenverbranntes Gesicht und den nachdenklichen Gesamteindruck, den er ausstrahlte.
    Zur Kaiserzeit konnte man einen Kopf abbilden, der wie eine antike Medaille aussah; man konnte auf die Wangen die krankhafte Blässe auftragen, die einen vorzeitigen Tod verhieß, die Haare ebenholzschwarz färben, um die Farblosigkeit der Wangen zu betonen, doch weder Meißel noch Palette verstanden es jemals, das rastlose Feuer seiner Augen oder den düsteren Ausdruck seines Blicks auszudrücken, wenn er sich auf etwas heftete.
    Dieser Blick gehorchte dem Willen des Mannes so geschwind wie ein
Blitz. Im Zorn war kein Blick erschreckender, in der Güte kein Blick zärtlicher als der seine.
    Man hätte meinen können, für jeden der Gedanken, die in seinem Inneren aufeinanderfolgten, hätte er einen eigenen Gesichtsausdruck gehabt. Er war von kleinem Wuchs, kaum einen Meter und siebzig, doch Kléber, der ihn um einen Kopf überragte, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: »General! Sie sind so groß wie der Größte!« Und wahrhaftig sah er aus, als wäre er einen Kopf größer als Kléber.
    Er hatte ausnehmend schöne Hände; darauf war er stolz, und er pflegte sie wie eine Frau. Beim Gespräch betrachtete er sie voller Selbstgefälligkeit; er zog stets nur den linken Handschuh an und ließ die Rechte unbekleidet unter dem Vorwand, jenen, denen er die Hand reichte, eine besondere Ehre zu erweisen, in Wahrheit jedoch, um sie zu betrachten und sich mit einem Batisttaschentuch die Nägel zu polieren.
    Monsieur de Turenne, zu dessen Obliegenheiten die Kleidung des Kaisers gehörte, ließ zuletzt nur noch linke Handschuhe für ihn anfertigen, wodurch er jährlich sechstausend Francs sparte.
    Ruhe war ihm unerträglich; sogar in seinen Privaträumen wanderte er auf und ab. Er beugte sich dabei leicht vor, als drücke das Gewicht der Gedanken sein Haupt nieder, und hielt die Hände auf dem Rücken gefaltet, ohne zu posieren. Versunken in die Gedanken, denen er sich bei diesen Spaziergängen überließ, zuckte er oft unwillkürlich mit der rechten Schulter und verzog den Mund.
    Diese nervösen Tics, eine harmlose Marotte, wurden von manchen für krankhafte Zuckungen gehalten, denn es ging das Gerücht, Bonaparte leide an epileptischen Anfällen.
    Das Baden war ihm eine regelrechte Leidenschaft: Er verbrachte zwei bis drei Stunden in der Wanne, ließ sich dort die Zeitungen vorlesen und Pamphlete, die ihm die Polizei gemeldet hatte. Wenn er in der Wanne saß, ließ er ununterbrochen heißes Wasser nach, ohne sich darum zu scheren, ob die Wanne überfloss. Wenn Bourrienne es vor lauter feuchtem Wasserdampf nicht mehr aushielt, bat er darum, das Fenster öffnen zu lassen oder sich zurückziehen zu dürfen. Im Allgemeinen wurde seiner Bitte stattgegeben.
    Unabhängig von allen betreffenden Gerüchten schlief Bonaparte

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