Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
das Ergebnis war gleich null. Die Republikaner zielten auf einzelne Männer; die
Chouans hingegen schossen in die Menge, so dass jeder Schuss, den sie abgaben, traf.
Roland erkannte die missliche Lage: Er sah sich um und erblickte inmitten des Rauchs Cadoudal, aufrecht im Sattel und reglos wie ein Reiterstandbild.
Der Anführer der Royalisten erwartete ihn.
Roland stieß einen Schrei aus und preschte auf ihn los.
Cadoudal trieb sein Pferd zum Galopp an, um den Weg für sein Gegenüber abzukürzen, hielt aber fünfzig Schritt von Roland entfernt an.
»Aufgepasst!«, sagte Cadoudal zu Branche-d’Or und dessen Männern.
»Seien Sie unbesorgt, General, wir sind da«, sagte Branche-d’Or.
Cadoudal zog eine Pistole aus dem Halfter und lud sie, Roland preschte mit gezücktem Säbel heran, an den Hals seines Pferdes geschmiegt. Als sie nur mehr zwanzig Schritt voneinander entfernt waren, hob Cadoudal langsam die Hand und zielte auf Roland.
Als es zehn Schritt waren, schoss er.
Das Pferd, auf dem Roland saß, hatte einen weißen Stern an der Stirn. Die Kugel traf mitten in den Stern. Das tödlich getroffene Pferd stürzte und wälzte sich mit seinem Reiter vor Cadoudals Füßen.
Cadoudal gab dem eigenen Pferd die Sporen und setzte über Pferd und Reiter hinweg. Branche-d’Or und seine Männer hielten sich bereit und stürzten sich dann wie Raubkatzen auf Roland, der unter seinem Pferd eingezwängt war.
Der junge Mann ließ seinen Säbel fallen und wollte seine Pistolen ergreifen, doch bevor er die Hand zum Halfter führen konnte, hielten zwei Männer ihn an den Armen fest, während die anderen das Pferd wegzogen.
Alles verlief so geschwind und reibungslos, dass außer Zweifel stand, dass dieses Manöver von langer Hand geplant worden war.
Roland schnaubte vor Zorn. Branche-d’Or trat zu ihm und nahm den Hut ab. »Ich ergebe mich nicht«, rief Roland.
»Es ist nicht nötig, dass Sie sich ergeben, Monsieur«, erwiderte der Chonan mit ausgesuchter Höflichkeit.
»Und warum nicht?«, fragte Roland, der seine Kräfte in einem ebenso verzweifelten wie aussichtslosen Aufbäumen erschöpfte.
»Weil Sie unser Gefangener sind, Monsieur.«
Daran gab es nichts zu deuten. Roland wusste keine Antwort.
»Dann töten Sie mich«, rief er zuletzt.
»Wir wollen Sie nicht töten, Monsieur.«
»Was wollt ihr dann?«
»Dass Sie uns Ihr Ehrenwort geben, sich nicht wieder am Kampf zu beteiligen; unter dieser Bedingung lassen wir Sie frei.«
»Niemals!«, rief Roland.
»Verzeihen Sie, Monsieur«, sagte Branche-d’Or, »aber was Sie da tun, ist nicht ehrenhaft.«
»Nicht ehrenhaft! Elender Schuft! Du wagst es, mich zu beleidigen, weil ich mich nicht wehren und dich nicht bestrafen kann.«
»Ich bin kein Schuft, und ich will Sie nicht beleidigen, Monsieur de Montrevel; ich habe nur sagen wollen, dass Sie unserem General neun Männer vorenthalten, die ihm nützlich sein könnten, wenn Sie sich weigern, uns Ihr Wort zu geben, so dass wir Sie bewachen müssen. So hat der Rundkopf nicht an Ihnen gehandelt. Er hatte dreihundert Mann mehr als Sie und hat sie weggeschickt. Und jetzt sind wir nur mehr einundneunzig gegen einhundert.«
Rolands Gesicht errötete heftig und wurde sodann totenbleich. »Du hast recht, Branche-d’Or«, sagte er. »Ich lasse mich überreden und ergebe mich; du kannst mit deinen Gefährten am Kampf teilnehmen.«
Die Chouans stießen Freudenrufe aus, ließen Roland los und stürzten sich in das Getümmel, Hüte und Gewehre schwenkend und »Es lebe der König!« rufend.
7
Weiße und Blaue
Roland verharrte einen Augenblick, aus der Umarmung der Chouans befreit, doch doppelt handlungsunfähig: körperlich durch den Sturz von seinem Pferd, moralisch durch sein Ehrenwort. Er setzte sich auf die kleine Erhebung, auf der noch der Mantel lag, der beim Frühstück als Tischtuch gedient hatte. Von dort aus konnte Roland das ganze Gefecht überblicken, und hätten nicht Tränen der Schande seine Augen verschleiert, wäre ihm keine Einzelheit entgangen.
Cadoudal saß mitten in Feuer und Rauch aufrecht auf seinem Pferd wie ein böser Geist des Krieges, unverwundbar und unerbittlich wie dieser.
Allmählich versiegten Rolands Tränen, getrocknet vom Feuer des Zorns. Inmitten der grünen Getreidehalme, die zu sprießen begannen, lagen die Leichname eines Dutzends Chouans verstreut; die Republikaner, auf der Straße zusammengedrängt, hatten bereits mehr als doppelt so viele Verluste zu beklagen. Die Verwundeten
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