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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Gebärmutter, nicht wahr?«
    »Ahm... ja natürlich.«
    »Sie bestand jedoch darauf, daß sie keine Beschwerden
    oder Schmerzen habe, daß sie mit gutem Appetit esse und daß all ihre Körperfunktionen normal seien. Ich konnte weder Fieber noch einen zu schnellen Pulsschlag
    feststellen; auch keine eitrigen, auffälligen oder in
    irgendeiner Weise aufschlußreichen Absonderungen im
    Bereich der weiblichen Organe, außer...« Er erhob seinen Zeigefinger. »Außer einer sehr geringfügigen Sekretion klarer Lymphflüssigkeit. Der Verdacht auf einen Infarkt oder eine Störung außerhalb des Uterus lag also nahe, nicht wahr?«
    »Natürlich.«
    »Ich tastete und klopfte ihren Thorax und ihr Abdomen ab, konnte jedoch keinerlei Verhärtungen feststellen. Also riet ich ihr lediglich, sich aus bestimmten Pflanzen wärmende Umschläge zu machen oder sich diese von ihren
    Dienerinnen vorbereiten und auflegen zu lassen. Zum
    Einnehmen verschrieb ich ihr nur ein eisenhaltiges
    Medikament zur Vermehrung der Blutmenge sowie ein
    Abführmittel gegen mögliche Verstopfung.«
    Alle diese Worte sagten mir gar nichts, aber ich sah seinen Gesichtsausdruck und sagte: »Und all Eure Heilmittel
    konnten ihre Gesundheit nicht wiederherstellen?«
    »Ne«, antwortete er grimmig. »Aber sie hatte nach wie vor keine Beschwerden und suchte mich daher auch nicht mehr auf. In der Zwischenzeit nahmen andere Patienten meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Leider traf ich Amalamena erst einige Monate später zufällig auf der Straße wieder.
    Schockiert stellte ich daß sie immer noch genauso blaß und schwach aussah. Ich bestand darauf, ihr in ihren Gemächern einen Besuch abzustatten, tastete erneut ihren Körper ab und stellte nun, oh väi, eine Verhärtung in ihrem Unterleib fest.«
    »Lekeis, warum sagt Ihr ›leider‹ und ›oh väi‹ ?«
    »Weil... wenn ich diese Verhärtung früher festgestellt hätte...« Er wiegte seinen Kopf hin und her und seufzte. »Es ist ein bösartiger Szirrhus; und ein versteckter dazu, da er weder die Haut durchbricht noch äußerlich als Erhebung sichtbar ist; zudem ist er indolent da er sich erst so spät feststellen ließ und bis jetzt noch nicht schmerzhaft ist. Er befindet sich aller Wahrscheinlichkeit nach weder in ihrer Gebärmutter noch in ihrem Darm, sondern in ihrem Gekröse.
    Es muß sich also um die Art von Geschwür handeln, die wir Ärzte verächtlich als »Krebs« bezeichnen. Solange ich
    jedoch nicht sehen kann, ob die das Geschwür umgebenden Venen angeschwollen sind und die Form von Krebsscheren angenommen haben, kann ich mir meiner Diagnose nicht
    völlig sicher sein; dazu müßte ich der Prinzessin erst den Unterleib aufschneiden.«
    »Sie aufschneiden!?« schrie ich entsetzt. »Ach, natürlich nicht solange sie noch lebt.«
    »Solange sie noch lebt?«
    »Wie könnt Ihr meine Worte ständig wiederholen, junger Mann, wenn Ihr mir offensichtlich gar nicht richtig zugehört habt?« sagte er ärgerlich. »Die Prinzessin hat Krebs. In ihrem Gekröse befindet sich ein bösartiges Geschwür, das immer größer wird und ihren Körper allmählich zerstört.
    Manche nennen es den Aaswurm. Irgendwann wird sich der Krebs auch auf ihre anderen Organe ausbreiten.
    Amalamena ist nicht nur krank, sie stirbt ganz allmählich vor sich hin.«
    »Sie stirbt!?«
    »Waren meine Worte etwa immer noch nicht deutlich
    genug um Euch ihre Aussichten begreiflich zu machen? Ach, Marschall, Ihr müßt irgendwann sterben und ich ebenso. Die Prinzessin wird jedoch jung sterben. Ich kann nicht
    vorhersagen, wieviel Zeit ihr noch bleibt, aber wir können nur beten, daß es schnell gehen wird.«
    »Schnell!?«
    »Jesus«, stöhnte er und warf verzweifelt die Hände in die Luft.
    Sichtlich um Geduld bemüht erklärte er mir dann: »Wenn der liebe Gott gnädig ist, dann läßt er sie sterben, bevor sie starke Schmerzen hat und ihr Körper völlig entstellt ist.
    Wenn es zu lange dauert, wird das Geschwür schließlich als ein grausig klaffender eitriger Abszess durch die Haut brechen. Während der Krebs allmählich auf alle anderen Organe übergreift, wird ihr Körper an einigen Stellen dick anschwellen, an anderen dagegen werden ihre Knochen
    herausstehen. Sie wäre nicht nur ein erschreckender
    Anblick, sondern müßte, falls der Tod ihrem Leiden nicht rechtzeitig ein Ende setzt, so unendliche Qualen ertragen, wie ich sie nicht einmal dem Teufel selbst an den Hals wünsche.«
    »Jesus«, rief nun auch ich erschrocken. »Gibt es

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