Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
bereits ein wenig ermüdet oder vielleicht war es auch das heilsame Lachen, das du mir entlockt hast.« Sie lachte erneut. »Trotzdem würde ich mich jetzt gerne etwas ausruhen. Costula wird dir zeigen, wo du wohnen wirst, und auch deine Sachen dorthin bringen lassen. Ich sehe dich beim Abendessen wieder.«
    Also verließen der alte Costula und ich zusammen den
    Raum. Als wir draußen waren, fragte ich ihn: »Ist dieser Lekeis, der die Prinzessin behandelt, womöglich ein
    Schamane, ein Sterndeuter, oder sonst so ein
    Quacksalber?«
    »Nein, durchaus nicht. Der Lekeis Frithila würde Euch
    vergiften, wenn er Euch so reden hörte. Er ist ein sehr gelehrter und erfahrener Mann, der zu Recht den römischen Titel Arzt verdient. Würde eine königliche Familie etwa einen Quacksalber zu Rate ziehen?«
    »Das will ich nicht hoffen. Bringt mich zu diesem Frithila.
    Ich muß zuerst seine Erlaubnis einholen, bevor die
    Prinzessin mit Euch zusammen weitere Reisevorbereitungen trifft.«
    »Das ist wahr. Wir werden sofort zu Frithila gehen. Laßt mich nur zuerst nach einer Sänfte rufen, Saio Thorn, denn für meine alten Füße ist der Weg zum Lekeis ziemlich weit.«
    Durch mehrere Straßen und um mehrere Ecken gelangten
    wir zu einem ansehnlichen Wohnhaus. Im bereits vollen
    Wartezimmer saßen ausschließlich Frauen und kleine
    Kinder. Ich wartete ebenfalls dort, während Costula in einem anderen Zimmer verschwand. Aus diesem kam kurze Zeit
    später eine Frau heraus, die ihre Kleider zurechtzupfte.
    Costula streckte seinen Kopf durch die offene Tür und nickte mir zu.
    »Nun?« bellte der Lekeis, als ich den Raum betrat. Er war beinahe so alt wie der Fauragagga, hatte jedoch wachere Augen und eine energischere Art. »Warum wünscht Ihr mich so dringend zu sprechen? Ihr seht völlig gesund aus.«
    »Es ist der Gesundheitszustand von Prinzessin
    Amalamena, über den ich mich erkundigen möchte.«
    »Dann könnt Ihr sofort wieder gehen. Ich bin an meine
    Schweigepflicht gebunden und darf nur mit einem
    beratenden Arzt über das Befinden eines Patienten
    sprechen.«
    »Habt Ihr dem Lekeis denn nicht gesagt, wer ich bin?«
    fragte ich Costula.
    »Doch, er hat es mir gesagt«, sagte Frithila, »aber ich würde nicht einmal dem Oberbischof von...«
    Ich schlug laut mit der Faust auf den Tisch, hinter dem er stand. »Ich werde mich kurz fassen. Die Prinzessin möchte mich nach Konstantinopel begleiten, wo ich eine Mission zu erfüllen habe.«
    Mein Verhalten schien ihn ein klein wenig aus der Fassung gebracht zu haben, dennoch zuckte er nur mit den Schultern und sagte: »Wie schön für Euch, junger Mann. Ich sehe
    keinen Grund, warum sie das nicht tun sollte.«
    »Versteht mich richtig, Lekeis Frithila. Ich bin nicht nur der Marschall des Königs, sondern auch sein Freund, und ich wage es nicht, seine Schwester auf eine so lange Reise mitzunehmen, wenn Ihr mir nicht versichern könnt, daß sie diese auch überleben wird.«
    Der Arzt strich sich nachdenklich über den Bart und
    schaute mich dabei mit zusammengekniffenen Augen an.
    Nach einer Weile wandte er sich an Costula und sagte:
    »Laßt uns bitte allein.« Als der Höfling den Raum verlassen hatte, schaute mich Frithila nochmals prüfend an und fragte schließlich: »Sprecht Ihr ein wenig Griechisch oder Latein?«
    Ich bejahte. »Sehr gut. Selbst Euch als Laie dürfte bereits aufgefallen sein, daß die Prinzessin ganz offensichtlich unter einem Marasmus, unter einer Kakochymie sowie unter einer Kachexie leidet.« ich blinzelte. Noch nie hatte ich irgend jemanden in irgendeiner Sprache von diesen Dingen
    sprechen hören; ich hätte auch nicht sagen können, ob
    diese Begriffe auf eine bestimmte Person Strafen oder nicht; jedenfalls hörte sich das, was der Lekeis sagte, für mich so an, als ob Amalamena noch kränker sei, als sie mir
    vorgekommen war. »Mir fiel nur auf, Lekeis«, sagte ich »daß sie sehr schmal und blaß ist und daß sie sehr schnell müde wird.«
    »Ja«, sagte er hastig, »genau das habe ich soeben
    gesagt. Sie sieht aus, als sei sie schlecht ernährt, als seien ihre Körpersäfte vergiftet, kurz: als sei ihr
    Gesundheitszustand insgesamt sehr schlecht. Als ich sie zum ersten Mal so sah, bestand ich darauf sie zu
    untersuchen, obwohl sie beteuerte, sie fühle sich so gesund wie eh und je. Wenn ein Arzt eine geschwächte weibliche Patientin vor sich hat, denkt er natürlich zuerst an

Bleichsucht, an Weißfluß oder irgendeine andere
    Entzündung der

Weitere Kostenlose Bücher