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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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also nicht beobachten, wie nützlich mein Fußseil war, und kamen daher gar nicht erst auf den Gedanken, sich ebenfalls ein Fußseil zu konstruieren; auch die Prinzessin und ihr Mädchen nicht.
    Eigentlich hätte niemand von uns auf die Jagd gehen
    müssen. Das wohlschmeckende Fleisch der Wildschweine,
    Elche, Hirsche und der kleineren Beutetiere war lediglich eine willkommene Abwechslung, denn Costula und die
    Diener des Palastes hatten unsere Packpferde nicht nur mit allen Grundnahrungsmitteln, sondern auch mit vielen
    erlesenen Köstlichkeiten beladen. Im Reisegepäck befanden sich außerdem für jeden von uns frische Kleidungsstücke, Ersatzkoppeln für die Pferde und die Kutsche, ein Vorrat an Pfeilen und neuen Bogensehnen sowie eine Reihe von
    kostbaren Geschenken, die Amalamena für Kaiser Leo
    ausgesucht hatte: emaillierte Schmuckstücke,
    Schmuckstücke, in die goldene oder silberne Ornamente
    eingelassen waren, Kästchen mit parfümierter Seife, Fässer mit gutem, bitterem braunen Bier und noch ein paar andere Dinge, deren Herstellung nur die Goten wirklich
    beherrschen; allerdings brachten wir dem Kaiser natürlich keine gotischen Krummschwerter mit. Wir waren nicht nur hervorragend seerüstet, sondern unsere Reise führte uns zudem noch durch einen fruchtbaren, wasserreichen
    Landstrich mit vielen bestellten Feldern, so daß wir uns unterwegs stets mit frischen Eiern, frischgebackenem Brot, frischgeschlagener Butter und frischem Gemüse versorgen konnten. Wenn wir Rast machten, grasten unsere Tiere auf saftigen Weiden, während wir oft auf freiem Feld oder in einer geschützten Scheune im weichen Heu schlafen
    konnten. Meine Befürchtung, die Reise nach Konstantinopel könne für die Prinzessin vielleicht zu hart und zu
    beschwerlich werden, erwies sich als unbegründet. Die
    Wege waren gut befahrbar und wurden offensichtlich nicht von Räubern unsicher gemacht; auch weite Umwege um
    feindliche Gebiete waren nicht nötig.
    Daila erzählte mir, daß die Ländereien derjenigen
    Ostgoten, die unserem Theoderich freundlich gesinnt waren, westlich des Weges lagen, während die Anhänger des
    schielenden Theoderich weiter östlich lebten. Wir reisten größtenteils durch ein Gebiet, das vor noch nicht allzu langer Zeit von einem fremden Stamm besiedelt worden war.
    Dieser hatte zuvor in einer rauheren Region nördlich der Karpaten gelebt und war dann hierhergewandert. Die Goten und die Römer nannten diese Menschen Wenden; sie selbst bezeichneten sich jedoch als Slowenen. Sie hatten dunkle Haare, eine rötliche Gesichtsfarbe, breite, flache Nasen und hohe Wangenknochen. Auf meinen früheren Reisen war ich bereits hier und dort einem vereinzelten Slowenen begegnet, aber noch nie hatte ich einen ausschließlich von Slowenen bewohnten Landstrich durchquert. Sie schienen nicht
    allzuviel dagegen zu haben, daß wir durch ihr
    Siedlungsgebiet reisten, und verkauften uns auch nicht allzu widerwillig frische Nahrungsmittel, aber dennoch mochten wir die Slowenen nicht besonders.
    Der im slowenischen Teil des mittleren Dakien gelegene Gebirgspaß, den die Slowenen in ihrer kehligen Sprache den Schipka nennen, war die einzige schwierige
    Wegstrecke, die wir auf unserer ganzen Reise zu bewältigen hatten. Der Weg zu diesem Paß hinauf war so steil, daß Amalamenas Kutsche sich nur mit einem doppelten
    Pferdegespann den Berg hinauf und über den Paß ziehen
    ließ. Es war nicht allzu mühsam, dieses weitere Gespann anzukoppeln, und die Kutsche rollte wenig später auf der anderen Seite des Passes sanft den Berg wieder hinunter.
    Der Schipka-Paß führte uns über den großen Balkan. Ich begegnete diesem Gebirge auf meiner Reise deshalb nun
    schon zum zweiten Mal, weil es sich von der Donau aus
    zunächst ein Stück nach Süden erstreckt, dann jedoch einen sanften Bogen macht und danach von Westen nach Osten
    verläuft. Vom Schipka-Paß aus führte der Weg hinunter in ein weites, langgezogenes, baumloses und fruchtbares Tal, das zwischen dem großen Balkan und einer weiteren,
    parallel zu diesem verlaufenden Hügelkette lag, die niedriger als der Balkan ist und »Rehgebirge« genannt wird.
    Es war das Tal der Rosen, das Amalamena bereits kurz
    erwähnt hatte. In keinem Garten der Welt wachsen so viele Rosenbüsche wie in diesem Tal. Das aus den hier
    gepflückten Rosenblättern gewonnene Öl ist bei allen
    Salbenhändlern des Westreiches wie des Ostreiches
    äußerst begehrt, denn aus ihm läßt sich das

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