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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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auch ein Kleid und ein Kopftuch, die ich mir nur für den Fall besorgt hatte, daß es einmal von Vorteil sein würde, öffentlich als Mädchen auftreten zu können.
    Allerdings fehlte mir noch der entsprechende Putz und
    Schmuck. Also suchte ich zuerst das Geschäft eines
    Salbenhändlers auf. Ich ging in den Laden und erzählte dem Weib hinter dem Ladentisch, daß ich der Diener einer
    Clarissima sei, denn einerseits wollte ich nicht verraten, daß ich für mich selbst einkaufte, und andererseits mußte ich einen Grund dafür angeben, daß ich so viel Geld besaß.
    Natürlich kannte die Salbenhändlerin alle feinen Damen der Stadt, also log ich, daß meine Dame bald in Basilia
    eintreffen würde, unterwegs jedoch ihr Kästchen mit
    Kosmetika verloren hätte.
    Das Weib machte sich sogleich eifrig im Laden zu
    schaffen, und es wurde ein teurer Kauf, doch ich konnte es mir leisten. Ich verließ den Laden mit einem hübschen
    Päckchen aus Tiegeln von Kreiden, salben und Pudern und Flaschen voll Schönheitswässerchen kurz, mit den
    Schönheitsmitteln einer richtigen Dame, die nur noch
    entfernt an all die Beerensäfte, Aufgüsse und Talge
    erinnerten, mit denen wir Mädchen des Klosters St. Pelagia uns immer geschminkt hatten. was ich als nächstes in der Werkstatt eines Goldschmieds erstand, war noch teurer, denn ich entschloß mich, Schmuck für »meine feine Dame«
    zu kaufen. Obgleich ich die exzellenten
    Goldschmiedearbeiten des Händlers überging und nur
    Silbergeschmeide ohne Edelsteine auswählte, erschöpfte dieser Kauf nahezu mein neuerworbenes Vermögen.
    Als ich später in Richtung Garnison den Hügel hinaufstieg, machte ich mir etwas Sorgen über meine Wahl und meinen Geschmack. Ich war mir nicht sicher, ob das, was ich
    erstanden hatte, feminin genug aussah. Doch dann kam ich zu folgendem Schluß: Wenn nun die männliche Hälfte
    meiner Natur diesen Schmuck ausgewählt hatte, dann
    müßte eigentlich jeder Mann den Schmuck und damit mich selbst bewundern - und war dies nicht der Grund, weshalb Frauen sich schmückten?
    Die Garnison war nun nicht mehr so überfüllt wie zuvor, denn die meisten Bauern und Reisenden, die dort
    untergebracht gewesen waren, gingen jetzt wieder ihren Pflichten nach. Nur der Syrer und seine Charismaten
    wohnten noch dort, immer noch in derselben Unterkunft wie Wyrd und ich. Als ich mich auf meiner Bettstatt ausstreckte, wollte er mir erzählen, daß er darauf warte, daß Paccius den kleinen Becga unversehrt zurückbringe, doch ich war bald eingeschlafen.
    Mitten in der Nacht wachte ich auf, denn zwei
    angetrunkene Soldaten schleppten einen bewußtlosen Wyrd in unser Zimmer. Sie torkelten herum und fluchten, bis sie das leere Bett fanden und ihn darauf warfen. Beunruhigt fragte ich, was denn mit Wyrd los sei, doch sie lachten nur und sagten, ob ich das nicht rieche.
    Als sie gegangen waren, roch ich tatsächlich an ihm, weil ich sichergehen wollte, daß er überhaupt atmete, und taumelte zurück, denn der Weindunst machte mich
    schwindlig.
    Es war bereits heller Tag, als ich aufwachte. Wyrd war schon aufgestanden, stand über die Waschschüssel
    gebeugt und tauchte immer wieder seinen Kopf ins Wasser.
    »Oh väi«, klagte er, indem er seinen Bart auswrang, »ich habe höllische Kopfschmerzen. Dieser Oglasa-Wein fordert einen schrecklichen Tribut von seinen Freunden. Doch er ist es wert, er ist es wert...«
    Ich grinste nur und sagte: »Vielleicht fühlt Ihr Euch nach dem Frühstück besser. Wir wollen sehen, ob wir zu dieser Stunde im Speisesaal noch etwas zu essen bekommen.«
    »Tote essen nicht. Ich will zuerst in die Thermen gehen.
    Vielleicht stellt mich ein gründliches Bad wieder her.«
    Doch Wyrd wurde zumindest ein wenig wiederbelebt,
    bevor er das Bad auch nur bestieg, denn im Apodyterium trafen wir Paccius. Der zog gerade seine Rüstung aus,
    deren Metall und Leder schmutzig, an manchen Stellen
    abgestoßen und mit getrocknetem Blut beschmiert war.
    Paccius selbst war auch schmutzig und sah müde aus, doch seine Augen und sein Lächeln waren munter.
    »Ah, Signifer - salve, salve«, sagte Wyrd. »Es ging also gut?«
    »Es ging gut, und es ist vorüber. Wir haben es hinter uns«, antwortete Paccius heiter. »Und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr mich von nun an als Zenturio anreden würdet.«
    Wyrd und ich sagten einstimmig: »Gratulatio, Zenturio.«
    »Ja, wir machten jedem einzelnen dieser Wilden im Lager den Garaus«, fuhr Paccius fort. »Und von Calidius weiß ich,

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