Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
daß die trojanische Truppe am Birsus dasselbe vollbrachte.
    Diese Aasgeier werden uns nicht mehr ärgern, jedenfalls nicht diese eine Horde.«
    »Und weiter...?« fragte Wyrd, als auch er anfing, sich auszuziehen.
    »Nun, wie Ihr befohlen habt«, meinte Paccius fast
    nüchtern. »Wir haben nicht versucht, die sterblichen
    Überreste von Fabius und Placidia zu retten, sondern wir verbrannten sie mit all den anderen Leichen, und ich sagte dem Legaten, daß die Körper seines Sohnes und dessen
    Gemahlin schon vernichtet waren, als wir ankamen. Er kann sie nun zwar nicht römisch bestatten, wie es sich schickt, doch wir ersparen ihm unnötigen Schmerz. Er soll nicht erfahren, wie Fabius sterben mußte.«
    Neugierig fragte ich: »Was ist mit dem Charismaten
    Becga?«
    »Der ist auch tot«, lautete die gleichgültige Antwort.
    »Starb er von der Hand eines Hunnen oder von der eines Römers?«
    »Er starb von meiner Hand«, sagte Paccius zu mir und
    wandte sich dann an Wyrd. »Wie Ihr befohlen habt, Uiridus.
    Es war schnell vorbei, und der Eunuche mußte nicht leiden.«
    "Auf Euren Befehl?« begehrte ich auf. »Aber Ihr wart doch auch der Meinung, daß Becga nur ein unschuldiges Opfer der Umstände war!«
    Wyrd zuckte zusammen und sagte: »Nicht so laut,
    Bursche. Du vergißt, daß du es warst, der ihn vorschlug.
    Calidius hätte es uns nie verziehen, wenn wir diese
    nichtswürdige charismatische Hure hätten leben lassen, denn später hätte er vielleicht damit angegeben, daß er gegen Calidius' Enkelsohn ausgetauscht worden ist.«
    »Es kommt mir unnötig grausam vor, Becga umzubringen,
    nur um die Gefühle des Legaten nicht zu verletzen.«
    »Es war nicht grausam«, schnappte Wyrd, und diesmal
    ließ ihn seine eigene laute Stimme zusammenzucken. »Du weißt, was für ein Leben ihn erwartet hätte, wenn er
    zurückgekommen wäre.«
    Wyrd hatte recht, und ich folgte ihm kleinlaut ins Innere des Bades. Ich war es gewesen, der »austauschen« gesagt und Becga dadurch zum Tode verurteilt hatte. Es war die männliche Hälfte meiner Natur gewesen, die dies getan
    hatte, und es war unpassend von mir, mich nun wie eine Frau schuldig zu fühlen oder mich gar zu grämen.
    Nun gut, sagte ich mir, ich würde einfach froh sein, Becga nicht gut oder lange genug gekannt zu haben, um an ihm zu hängen. Ich würde jede Verantwortung für seinen Tod und jedes Gefühl der Reue weit von mir weisen. Ich würde von nun an jeden Vorteil ausnutzen, den es hatte, Thorn
    Mannamawi zu sein: ein Wesen ohne Gewissen, Erbarmen,
    Reue. Ein Wesen, so unerbittlich und amoralisch wie mein Juikabloth und jeder andere Greif dieser Erde. Das schwor ich mir.
    Am Lacus Brigantinus
    1
    Gemeinsam zogen wir von Basilia weiter, ich und Wyrd,
    der Waldläufer, der Freund der Wölfe. Seine eigenen
    Wanderungen führten ihn ostwärts, in die Richtung, in die auch ich wollte, in das von den Goten besetzte Land. Und da ich nicht in Eile war und der weise, alte Waldmensch mich immer neue und nützliche Dinge lehrte, war ich es mehr als zufrieden, in seiner Gesellschaft zu bleiben und mich seiner Geschwindigkeit anzupassen.
    In den ersten Wochen nach unserer Abreise aus Basilia
    unterwies Wyrd mich vor allem in der Pflege der Pferde und den höheren Weihen der Reitkunst.
    »Denke daran«, sagte er, »die Götter der Natur haben
    niemals beabsichtigt, daß ein Pferd etwas anderes sei als ein Pferd, ungezähmt, frei und herrenlos. Größe und Form des Tieres lassen zwar denken, die Natur hätte es dazu bestimmt, einen Reiter zu tragen, aber dem ist nicht so.
    Wenn du auf einem Pferd sitzt, bist du ihm lediglich eine unwillkommene Last, ein Parasit. Aber du darfst das Pferd niemals fühlen lassen, daß du nur ein Parasit bist. Es muß dich als Gefährten annehmen - als Gefährten, der über es bestimmt.«
    Einmal stellte ich Wyrds Regeln und seine Treue
    gegenüber den althergebrachten Traditionen der Reitkunst allerdings in Frage. Ich übte mich unter seiner Anleitung im Kampf zu Pferde und führte mein Kurzschwert gegen
    feindliche Büsche und Bäume, während Velox auf meine
    Befehle hin wendete und drehte und vorwärts stürmte.
    »Genauso«, rief Wyrd. »Und jetzt den Schlag mit der
    Rückhand! Denk dran, du kannst mit einem Pferd aus dem Galopp eine Kehrtwende machen. Nimm ihn ran, Junge!
    Jetzt den Flankenhieb! Und jetzt den Befreiungsschlag! Gut gemacht, Junge.«
    »Es wäre... doch einfacher«, sagte ich keuchend vor
    Anstrengung, »wenn man für die Füße...

Weitere Kostenlose Bücher