DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
Angelpunkt für die ganze Welt geworden ist. Ich vermute, dass es sich dabei um Maianthe handelt oder um diese Linulariner Magier. Ich weiß es nicht genau. Alles erscheint mir seltsam.«
»Ich bin es nicht!«, erklärte Maianthe sofort. Sie glaubte, möglicherweise zu verstehen, was die Magierin mit der Bündelung und dem Dreh- und Angelpunkt meinte. Und das bereitete ihr fast noch mehr Unbehagen als der Vorwurf, sie selbst wäre ein Angelpunkt, denn sie erkannte, dass niemand sonst im Raum überhaupt etwas verstand.
»Ich weiß nicht«, sagte Iriene zweifelnd. »Mir scheint, dass Ihr es doch seid , meine Dame. Aber andererseits wirkt alles in diesem Haus derzeit seltsam. Ich könnte mir beinahe denken, er wäre es …« Sie deutete mit dem Kopf auf Tan. »Nur dass, wenn überhaupt jemand das Herz und die Nabe dessen ist, was im Delta vorgeht, dann solltet Ihr das sein, meine Dame, und nicht irgendein netter junger Linulariner Rechtskundiger.«
Tan legte den Kopf schief und wirkte neugierig und amüsiert angesichts dieser Charakterisierung.
Maianthe verstand seine Erheiterung. So wenig an dieser Beschreibung traf wirklich zu. Wie seltsam und unbehaglich es sich anfühlte, zu erkennen, dass jemandes äußere Erscheinung sorgsam gepflegt wurde und durch und durch falsch war. Sie fragte sich, ob möglich war, dass Tan im Zentrum all dieser jüngsten Ereignisse stand. Es erschien ihr viel wahrscheinlicher, als dass sie selbst es war. Laut erklärte sie: »Nicht ich bin es, den sie zu entführen versuchen.«
»Das stimmt«, pflichtete Geroen ihr bei und bedachte Tan mit einem finsteren Blick. »Was habt Ihr nur aus Linularinum mitgebracht, hm? Was habt Ihr aus dem Haus des alten Fuchses gestohlen?«
Tan öffnete den Mund, als wollte er, wie schon die ganze Zeit über, darauf antworten: Nichts. Stattdessen sagte er: »Hochverehrter Hauptmann … ich hätte gern gesagt, dass ich Mariddeier Kohorrian nichts weiter gestohlen habe als Informationen. Jedoch ist klar, dass Istierinan glaubt, ich hätte etwas, äh, Greifbareres entwendet. Er muss tatsächlich felsenfest davon überzeugt sein. Ich dachte … Meine Schlussfolgerung lautete, dass jemand anders meine … äh … meine Arbeit nutzte, um einen eigenen Diebstahl zu vertuschen. Doch vor diesen jüngsten Geschehnissen hätte ich nie behauptet, der Spionagemeister des Fuchses könnte durch bloße Vernebelung getäuscht werden. Und mit Sicherheit nicht zu Kriegshandlungen verleitet werden.«
»Krieg!«, rief Königin Naithe, und als ihr auf einmal klar wurde, dass dieser Begriff offensichtlich die neue Lage zutreffend bezeichnete, schien es ihr leid zu tun, dass sie das Wort ergriffen hatte.
Tan gab höflich vor, die Verlegenheit der Königin nicht zu bemerken. »Man kann die Linulariner Aktionen kaum in einem weniger ernsten Licht betrachten. Nur König Iaors Großmut könnte zu einer milderen Einschätzung beitragen. Falls er überhaupt dazu geneigt sein wird, Großmut zu zeigen.«
»Er wird sicherlich großmütig sein wollen; doch eines ist klar: Niemand möchte einen Krieg!«, verkündete die Königin ernst.
»Aus den Handlungen seiner Agenten würde jeder argwöhnen, dass der Fuchs wirklich auf Krieg bedacht ist«, hob Tan hervor und blickte sich unter den Anwesenden um. »Ich habe Mariddeier Kohorrian jedoch mehr als sechs Jahre lang gründlich im Auge gehabt und bin bereit zu schwören, dass er sich niemals auf sinnlose Aggressionen einlässt. Vielleicht erhielte er das Delta gern zurück, das so oft zu Linularinum und nicht zu Farabiand gehört hat …«
Alle nickten, denn sie waren sich der wechselvollen Geschichte des Deltas nur zu gut bewusst.
»Er ist jedoch nicht von seinem Wesen her so, äh, nachdrücklich auf Gebietserwerb bedacht wie, sagen wir, der Arobarn von Casmantium. Ich vermute nach wie vor, dass Istierinan auf eigene Faust und ohne Kohorrians Wissen handelt. Sollte derFuchs selbst jedoch diese Aktionen lenken, dann geschieht dies, glaube ich, mit Blick auf ein eng umgrenztes Ziel und ist nicht von dem Wunsch getragen, Seine Majestät zu einer unmittelbaren Antwort zu provozieren.«
Nach Geroens pessimistischem Stirnrunzeln zu urteilen, vertraute der Hauptmann dieser Einschätzung nicht. Königin Naithe hingegen schien übertrieben beruhigt. Maianthe vermutete, die Königin wollte einfach nicht glauben, dass sich wahrscheinlich etwas sehr Dramatisches ereignen würde. Naithe gedieh in ihrem wohlgeordneten Leben und verabscheute
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