Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
ihren Vorträgen über die Vorzüge ihres Produktes, um dann durch den Gang zu laufen und ihre Ware zu verkaufen. Dann stiegen sie aus und warteten auf den nächsten Bus zurück. Irgendwo in Peru muss es eine Schule für Bus-Verkäufer geben – vielleicht mit einem fetten Millionär an der Spitze, der durch Zei tungsannoncen reich wurde, die versprachen: „Verdienen sie 50 Soles pro Tag durch die Pedro-Sulizman-Bus-Verkaufs-Technik. Sie kann nicht scheitern. Nur 200 Soles. Tun Sie es jetzt!“
Es gab auf jeden Fall keinen Mangel an armen, arbeitslosen Pe ruanern, die verzweifelt nach einer Möglichkeit suchten, ihr Ein kommen aufzustocken. „ Señors y Señoras. Ladies and Gentlemen”, verkündeten sie immer mit derselben formalen Einleitung, „darf ich mit ihrer Erlaubnis ihre Reise unterbrechen. Ich glaube, wenn sie das fabelhafte … (bitte selbst ausfüllen) kennen lernen, das ich ihnen hiermit präsentiere, werden sie anerkennen, dass es einen Augenblick ihrer Zeit wert ist.“ Hatten wir eine Wahl?
Eine zweite Technik war das Süßigkeiten-System, das für Apelle an die Menschlichkeit genutzt wurde – obwohl der gute Zweck manchmal in der eigenen Armut des Verkäufers bestand. Der Verkäufer gab jedem Passagier ein Toffee. Dann hielt er oder sie eine lange, leidenschaftliche Rede, in der Regel (soweit ich das verstehen konnte) über die „armen Waisenkinder entlang der Grenze“, gefolgt von einem weiteren Gang durch den Bus. Ent weder gab man eine Spende oder man gab das Bonbon zurück. Unser Lieblings-Süßigkeiten-Verkäufer war ein neunzehn- oder zwanzigjähriger junger Mann auf unserem Weg von Arequipa nach Cuzco. Er war entweder taub oder hatte einen furchtbaren Sprachfehler.
„ Se-se-se-se-se-se-NOR-e-e-e-e-ES y-y-y Se-se-se-se-NOR-ah- ah-ah-ah-AHS! “, begann er, wobei er die Endungen jedes Wortes durch schiere Willenskraft herausbrachte und dabei vor lauter Anstrengung die Augen zusammenkniff. „Ngha-ngha-murra- gnaa“, fuhr er fort. „The ch-ch-chil-il-dre-dre-dre-DREN a-a-a- a-T the bor-bor-de-de-DER. Ngha-ngha-murra-gnaa ...” Sogar wir merkten, dass der größte Teil seiner Rede unverständlich war. Die übrigen Passagiere hörten ihm andächtig zu. Als er schließ lich zum Ende kam, gab es eine kurze Pause, da alle abwarteten, ob er auch fertig war. Dann brach der ganze Bus in Applaus aus. Er verkaufte alle seine Süßigkeiten, obwohl ich bezweifle, dass irgendjemand auch nur die blasseste Ahnung hatte, für welchen Zweck man spendete.
Dann setzte er sich glücklich neben den Fahrer und seine Crew, die ihm mit der Hand durchs Haar fuhren, gutmütig seine Sprechweise imitierten und ihn schließlich in einem kleinen Dorf absetzten. Dann gab es den fetten Magier. Er war ein fettleibiger, schwitzen der Mann, der sich irgendwo südlich von Lima mit großer Mühe an Bord wuchtete. Sein gewaltiger Bauch hing über seine Hosen und tauchte dann wieder in der Lücke auf, wo in der Mitte seines Hemds ein Knopf fehlte. Seine Fliege war kaputt und nicht geschnürt.
Er stand vorne im Bus und zog Schals aus seinem Ärmel und Pingpong-Bälle aus seinem Mund und ließ Karten verschwinden, während er ständig Witze machte, die bei seinem teilnahmslosen Publikum keine Reaktionen hervorriefen. Schweiß strömte an ihm herab. Sein Hemd – es war schon zwei Größen zu klein – wurde vor Feuchtigkeit schon durchsichtig und klebte an seinem gewaltigen Bauch. Als er sich dem Finale näherte, bemerkte er ein hübsches junges Mädchen, das allein im vordersten Sitz saß und ein tief ausgeschnittenes Kleid trug. Er nutzte seine Chance und zog ein Dutzend Pingpong-Bälle aus der Mitte ihres Ausschnitts, wobei er seine fette, feuchte Hand jedes Mal nur eine Sekunde länger als nötig dort verweilen ließ. Das Mädchen schreckte jedes Mal zurück, wenn er seine plumpen Finger nach ihr ausstreck te, aber es gab kein Entkommen. Er schloss mit einer eleganten Geste und einer Verbeugung. Niemand gab ihm auch nur einen Sol , aber er bedankte sich trotzdem dafür, dass wir ein gutes Publikum gewesen waren, und wuchtete sich vom Fahrzeug, um auf den nächsten Bus zu warten. In Peru hatte man es schwer als rei sender Magier. Vor allem, wenn man schlecht war.
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Zurück in die Anden
Wir stoppten in Arequipa, um in den nächsten Bus umzustei gen; der Aufenthalt genügte gerade, um eine Bimbo zu trinken
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