Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
prächtige Paläste und Tempel gebaut, ein riesiges Netzwerk von Straßen, landwirtschaftlichen Terrassenanlagen, Bewässerungsanlagen und Getreidespeichern konstruiert und ein umfassendes Rechts- und Verwaltungssystem eingerichtet.
Sein Sohn und sein Enkel, Topac Xupanqui und Huyana Capac, besiegten die letzten peruanischen Rivalen der Inka, die Chimu, und weiteten das Reich nach Ecuador, Chile und Kolumbien aus. Und das war’s dann auch. Als Huayna Capac 1527 gestorben war, stürzte das Land in einen blutigen Bürgerkrieg, der gerade erst geendet hatte, als die Spanier auftauchten.
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Geben und Nehmen
Die Errungenschaften der Inka waren beeindruckend: Sie er oberten und organisierten eines der größten Reiche der Weltge schichte, das seine Einwohner ernährte; sie bauten große Tempel und ein riesiges Straßennetz. 13
---13 Ihr Erfolg half auch den Spaniern. Die Inkas hatten andere Militärmächte der Anden zerstört und eine Infrastruktur der Herrschaft aufgebaut, sodass die Spanier lediglich ein bestehendes Imperium übernahmen.
Wie die Spanier waren auch sie skrupellose Imperialisten, die gegnerische Truppen massakrier ten, nachdem diese sich ergeben hatten, und die Einwohner er oberter Städte abschlachteten. Manchmal häuteten sie Gefange ne bei lebendigem Leib und stellten die ausgestopften Häute zur Schau oder machten Kriegstrommeln aus ihren Mägen.
Es gab aber auch einen gewissen Austausch (zumindest wenn man nicht zu einem Schlagzeug verarbeitet wurde). Die Inkas versuchten, die unterworfenen Völker in ihr Imperium zu inte grieren. Besiegte Häuptlinge wurden in Cuzco als Geiseln gefan gen gehalten, aber es wurde ihnen ein luxuriöses Leben gestat tet, solange ihre Gefolgsleute loyal blieben. Ihre Götter wurden in die Inka-Religion integriert. Große öffentliche Bauvorhaben umfassten nicht nur Paläste und Tempel, sondern auch Bewäs serungssysteme, landwirtschaftliche Terrassenanlagen (zur Vor beugung gegen Erosion an den steilen Hängen der Anden) und Getreidespeicher (für den Fall einer Missernte).
Das Inka-Reich war eine totalitäre, autoritäre Diktatur, die als Kommune ohne Privatbesitz organisiert war – wie der Staats kommunismus der Sowjetunion, nur ohne das Lippenbekennt nis zur Gleichheit. Es bestand eine gewaltige Kluft zwischen dem Inka-Adel und der Landbevölkerung, aber wenigstens gewährlei stete das Inka-Imperium die notwendige Grundversorgung: Nah rung und Sicherheit. Beides sollte bald weggenommen werden.
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Machu Picchu
Es gibt drei Möglichkeiten, von Cuzco nach Machu Picchu zu gelangen. Es gibt den Touristenzug, den Zug für die Einheimi schen oder den viertägigen Marsch auf dem Inka-Pfad. Es versteht sich von selbst, dass kein „Traveller“, der etwas auf sich hält, jemals auch nur im Traum den Touristenzug nehmen würde, auch wenn er nicht zehnmal teurer wäre. Es wäre auch et was nicht in Ordnung, wenn nicht jeder behaupten würde, dass es keinen Einheimischen-Zug geben würde; oder dass Touristen den Touristenzug nehmen müssten ; oder dass der Zug der Einheimi schen „gerade abgefahren“ sei; oder dass es Touristen verboten wäre, den Zug der Einheimischen zu benutzen. Das machte es für „Traveller“ umso wichtiger, den Zug der Einheimischen zu nehmen.
Wir aber wanderten. Der Inka-Pfad ist die berühmteste Trek king-Route in Südamerika. Er endet mit einem atemberaubenden ersten Blick auf den Machu Picchu, der denen verwehrt bleibt, die mit dem Zug ankommen. Unterwegs werden wunderschöne Aus sichten auf die Berge geboten. Was will man mehr?
Wir nahmen den (Einheimischen-) Zug und stiegen auf halb em Weg an einer Haltestelle mitten im Nirgendwo aus, die „Kilo meter 88“ hieß.
„Kilometer 88“ ist nicht wirklich ein Bahnhof: Der Zug hält einfach neben vier oder fünf hölzernen Kiosken, in denen Coca- Blätter verkauft werden, damit eine Handvoll Wanderer auf die Gleise klettern kann.
Wir kletterten ebenfalls hinunter. Mark kaufte ein große Tüte Coca-Blätter für den Weg. Coca ist fast schon eine Wunderpflan ze, ideal geeignet fürs Trekking. Peruaner kauen die bitter schme ckenden Pflanzen und behalten ein Knäuel stundenlang in ihren Backen. Oder sie brauen einen Tee, den sie Maté de Coca nennen. Es unterdrückt Hunger und Höhenkrankheit, lindert Magen schmerzen, erleichtert Geburten (obwohl keiner von uns in den kommenden vier Tagen ein Kind
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