Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
Vom Netzwerk:
und ein Nonnenkloster zu besuchen. Perus zweite Großstadt  war eine angenehme Überraschung, voll attraktiver Kirchen und  weißer Häuser, die aus dem hier vorkommenden Vulkangestein  gebaut worden waren. Arequipas Juwel ist aber das wunderbar  erhaltene Santa-Catalina-Frauenkloster – es ist vielleicht das ein drucksvollste katholische Monument des Kontinents.  „Wir besuchen ein … Frauenkloster ?!“ Mark sah mich ungläu big an. „So ein Blödsinn!“
    Melissa gab ihm Recht. Sie verbrachten den Nachmittag schla fend in einer Pension. Ich ging trotzdem hin.  Der Bus nach Cuzco brauchte weitere 20 Stunden; er kletterte  landeinwärts die Anden hinauf. Als wir die Küste hinter uns lie ßen, fiel die Temperatur deutlich ab. Andere Passagiere zauberten  Decken aus dem Nichts hervor. Wir zogen erst unsere Pullis an,  dann unsere Ersatzpullis, bis wir all unsere Kleider anhatten. Dann  packten wir uns in unsere Schlafsäcke, aber wir froren immer noch.  Nach dem ohrenbetäubenden Gelächter zu urteilen, das aus den  Lautsprechern plärrte, ließ der Fahrer eine Comedy-Kassette lau fen. Niemand im Bus lachte, aber es war die einzige Kassette, die er  hatte, also ließ er sie eben laufen. An Schlaf war nicht zu denken.  Kurz vor Mitternacht hielten wir an einem Straßenrestaurant.  Straßenrestaurants in Peru funktionieren alle nach demselben  Prinzip. Aus dem Bus ergießen sich die Fahrgäste in einen bis  dahin leeren Raum; alles staut sich verzweifelt am Tresen. Man  bezahlt und bekommt einen Fetzen Papier mit einer Nummer.  Dann sitzt man da und wartet darauf, dass die Kellnerin mit dem  Essen kommt.
    Wenn man seine Bestellung nicht bald bekommt, sitzt man da  und macht sich Sorgen, dass das Essen nicht rechtzeitig kommen  könnte, bevor der Fahrer beschließt, abzufahren. (Der Fahrer wird  natürlich sofort bedient.) Wenn der Fahrer fertig ist, schlendert er  einfach zum Bus zurück und startet den Motor – normalerweise  geschah das immer dann, wenn mein Essen gerade aus der Küche  kam, sodass ich es in zwei verzweifelten Happen herunterwürgen  musste.
    Diesmal sprang ich schon aus dem Bus, bevor er anhielt, und  stürzte mich an die Spitze der Warteschlange. Inzwischen hatten  wir wahrscheinlich mehr Langstreckenbusse genommen als die  meisten Peruaner in ihrem ganzen Leben. In den Bussen herrsch te immer eine Atmosphäre unterdrückter Aufregung, Verwirrung  und Erwartung. Ich bin sicher, es war die größte Reise, die viele  unserer Mitreisenden jemals gemacht hatten: Familien hatten ihre  gesamten Besitztümer in Kisten und Säcke gepackt; vielleicht zo gen sie um, um Arbeit zu finden.
    Mein Riesenteller Brathähnchen war lecker. Ich hatte sogar Zeit,  nach dem Essen ein wenig draußen herumzulaufen. Im Mondlicht  sah ich Felsblöcke und die gezackten Umrisse von Bergen. Männer  pissten gegen den Bus, während Frauen im Graben auf der anderen  Straßenseite, diskret versteckt unter ihren weiten Röcken, in der  Hocke ihr Geschäft verrichten. 
    Nach einer weiteren Stunde Fahrt war die Straße durch Stein schlag blockiert. In einer Welle der Verwirrung gab man uns die  Anweisung, die Busse mit den Fahrgästen zu tauschen, deren Bus  gerade von den Bergen heruntergekommen war. Die Bus-Crews  begannen, das Gepäck vom Dach zu laden und es zum anderen  Bus hinüber zu schleppen.  Kurz vor Sonnenaufgang fiel die Temperatur noch stärker ab  und zerstörte noch die letzten Hoffnungen auf Schlaf. Wir hatten  einen Pass erreicht; der Bus hörte auf zu steigen und fuhr wieder  bergab. Das grelle Morgenlicht brannte durch die dünne Luft. Vor  uns endeten die Berge in einer weiten, baumlosen Ebene.  Das war der Altiplano – eine der höchstgelegensten und raues ten bewohnten Regionen der Erde.
    Rotbraune Lehmhäuser mit strohgedeckten Dächern spren kelten die flache braune Ebene. Menschen, vor allem Frauen,  waren schon auf den Beinen und bestellten Flecken dünner Er de von Hand mit Grabwerkzeugen oder trieben etwas Vieh die  Straße entlang. Wieder einmal trugen sie die Campesina -Tracht  des Hochlands: Schwere Röcke, mehrere Unterröcke, Wollpullo ver, Schals und Hüte. Nur die Hüte unterschieden sich von denen  in Ecuador. Hier trugen die Frauen Zylinderhüte, wie aus einem  Rembrandt-Gemälde, anstelle der pastetenförmigen ecuadoria nischen Filzhüte. Manche trugen sogar zwei Hüte, indem sie ei nen auf dem anderen balancierten. Die Frauen waren

Weitere Kostenlose Bücher