Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
stämmig und zäh; der beißende Wind und die intensive Sonneneinstrah lung ätzten sich in ihre rotbraunen Gesichter. Wir erreichten Cuzco am späten Vormittag.
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Cuzco
Cuzco liegt 3300 Meter über dem Meeresspiegel am oberen Ende eines fruchtbaren Tals und ist auf drei Seiten von braunen Hügeln umgeben. Es ist das populärste Reiseziel auf der üblichen Gringo- Route – dem „Gringo-Trail“ – durch Peru. Touristen kommen (die vernünftigeren fliegen von Lima her), um Machu Picchu und an dere Inka-Ruinen zu besichtigen, die die Stadt umgeben. Trotz mancher Inka-Mauern in den Wänden der kolonialen Gebäude ist Cuzco architektonisch eine guterhaltene spanische Kolonialstadt voll alter Kirchen und einer weltabgeschiedenen zentralen Plaza. Kulturell ist es eine Quechua-Stadt; eine pulsie rende Anden-Gemeinde mit einem geschäftigen Markt, der sich aus seiner höhlenartigen Halle auf die angrenzenden Straßen er gießt.
Es ist auch eine der wenigen Städte mit einem Gringo-Trail-Nacht leben. Es gibt Bars voller Rucksacktouristen, Bäckereien, die leckeres Süßgebäck haben, und Snackbars, die Quiche anbieten. Es hat auch Perus bestes Bier, ein dunkles Starkbier, das Cuzqueña Malta heißt. Jedes Radio plärrte abwechselnd eine Aufnahme von einer schwedischen Popgruppe namens Ace of Base und einen genau so schrecklichen Euro-Disco-Song namens „Mr. Vain“. Wir waren um die halbe Welt gereist, um die beiden schlechtesten Platten Europas zu hören. Es klang, als wenn Radio Cuzco sich nur zwei Platten leisten könnte, denn sie spielten diese beiden Songs den ganzen Tag lang abwechselnd, bis wir das nächste Radio nehmen und es an die Wand werfen wollten. Wenn sie westliche Kultur haben wollten, musste es ausgerechnet der Abschaum sein? „All that she wants is another baby“, plärrte der schwachsinnige Text. Wohin auch immer wir sahen, waren Frauen, die ein Baby auf den Rücken gebunden hatten und ein zweites auf dem Arm trugen, das die halbe Zeit an ihrer Brust nuckelte. Das letzte , was diese Frauen brauchten, war noch ein Baby.
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Der Nabel der Welt
Als Pizarro Cuzco betrat, kommentierte einer seiner Männer: „… es ist so schön und hat so herrliche Gebäude, dass es sogar in Spanien bemerkenswert wäre.“ 12
---12 Cabildo von Jauja, zitiert in Hemming
In seinem Herzen lag der Huacaypata (Platz der Freude), der doppelt so groß gewesen war wie die heutige zentrale Plaza. Ganz in der Nähe, wo heute die Santo Domingo Kirche steht, war der große Sonnentempel, Koricancha, mit seinen Heiligtümern der Sonne, des Mondes, der Sterne, des Blitzes und des Regenbogens.
Die Innenwände waren zur Entzückung der Spanier ganz mit Gold überzogen; zusätzlich gab es goldene und silberne Statuen von Lamas, Schäfern, Vögeln, Schmetterlingen, Obst, Bäumen und Pflanzen. Wie Atahualpas Lösegeld aus Gold wurde auch dieser Schatz sofort eingeschmolzen. Die Conquistadores waren mehr am Gewicht interessiert als an der Kunst.
Die Inkas nannten Cuzco den „Nabel der Welt“. Der Grundriss war eine symbolische Repräsentation ihres Reiches: Die Stadt hat te den Umriss eines Jaguars und war von zwei Kanälen durchzo gen. Die vier Stadtteile repräsentierten die Tawantinsuyu – die vier Viertel des Reiches. Das Reich erstreckte sich über 3000 Meilen weit von Südkolumbien bis Nordchile. Über 40.000 km gepflasterte Straßen – komplett mit Wänden, Tunnels, Fahrdämmen, Brücken und Abflusskanälen – schlängelten sich durch die schroffen Berge.
Damals war es wahrscheinlich das größte Reich der Erde, unge fähr so groß wie das römische Reich in seiner Blütezeit. Aber dieses glorreiche Imperium war ebenso kurzlebig wie es riesengroß war. Obwohl sie ihre Dynastie auf Manco Capac zurückführten, der Cuz co um ca. 1200 n.Chr. gegründet hatte, waren die Inka 250 Jahre lang ein kleiner Stamm geblieben. Das „Imperium“ wurde von nur drei Regenten aufgebaut und hatte weniger als ein Jahrhundert Bestand. Der erste war Pachacuti, eine peruanische Version von Alexan der dem Großen. Pachacuti kam 1438 auf den Thron, nachdem er die gegen Cuzco gerichtete Invasion eines rivalisierenden Stam mes, der Chanca, zurückgeschlagen hatte. Bis zu seinem Tod 1471 hatte er innerhalb von 33 Jahren das gesamte Gebiet des modernen Peru erobert und Cuzco zum Zentrum eines großen Reiches ge macht. Er hatte
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