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Der groesste Teil der Welt

Der groesste Teil der Welt

Titel: Der groesste Teil der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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dir sein und dich beschützen und Ich werde dich niemals verlassen, ich werde mich für den Rest deines Lebens an dein Herz schmiegen, bis der Druck des Wassers, das auf meinen Schultern und meiner Brust lastet, mich wachquetscht und ich höre, wie Sasha mich anschreit: Kämpf! Kämpf! Kämpf!

Leb wohl, Liebste
     
    Als Ted Hollander sich bereit erklärte, auf der Suche nach seiner verschollenen Nichte nach Neapel zu fahren, stellte er für seinen Schwager, der die Reise bezahlte, einen Plan für die Suche auf, bei dem es darum ging, Orte abzuklappern, an denen vagabundierende, drogenabhängige Jugendliche herumhängen - den Bahnhof, zum Beispiel -, und zu fragen, ob sie ihnen bekannt sei. »Sasha - Amerikanerin. Capelli rossi« - rote Haare, wollte er sagen, er hatte sogar das R geübt, bis er es am Wortanfang von »rossi« perfekt rollen konnte. Aber seit seiner Ankunft in Neapel vor einer Woche hatte er es nicht ein einziges Mal gesagt.
    Auch heute ignorierte er seinen Entschluss, zuerst nach Sasha zu suchen, und besichtigte die Ruinen von Pompeji, um sich frühe römische Wandgemälde und kleine liegende Körper anzusehen, die wie Ostereier zwischen den mit Säulen bestandenen Innenhöfen verstreut waren. Er verzehrte unter einem Olivenbaum eine Dose Thunfisch und lauschte der wahnsinnigen, leeren Stille. Am frühen Abend kehrte er zurück in sein Hotelzimmer, wuchtete seinen schmerzenden Leib auf das riesige Bett und rief seine Schwester Beth an, Sashas Mutter, um ihr mitzuteilen, dass die Bemühungen eines weiteren Tages fruchtlos geblieben seien.
    »Okay«, seufzte Beth aus Los Angeles, wie sie das am Ende jedes Tages tat. Ihre Enttäuschung war so enthusiastisch, dass sie beinahe ein Eigenleben entwickelte, Ted kam sie wie ein drittes Wesen am Telefon vor.
    »Tut mir leid«, sagte er. Ein Tropfen Gift füllte sein Herz. Am nächsten Tag würde er sich nach Sasha umsehen. Aber noch während er sich das gelobte, hielt er an dem gegenteiligen Plan fest, das Museo Nazionale zu besuchen, das eine Orpheus und Eurydike-Darstellung besaß, die er seit Jahren bewunderte: ein römisches Marmorrelief, die Kopie eines griechischen Originals. Er hatte es immer schon mit eigenen Augen sehen wollen.
    Glücklicherweise war Beths zweiter Ehemann Hammer, der Ted normalerweise mit Fragen bombardierte, die auf die simple Frage hinausliefen, nämlich: Krieg ich genug für mein Geld? (wodurch Ted sich fühlte, als wäre er beim Schuleschwänzen ertappt worden), entweder nicht in der Nähe oder hatte beschlossen, sich nicht einzuschalten. Nachdem Ted den Hörer aufgelegt hatte, ging er zur Minibar und schüttete Wodka über ein paar Eiswürfel. Er ging mit Glas und Telefon auf den Balkon, setzte sich in einen weißen Plastiksessel und schaute hinab auf die Via Partenope und den Golf von Neapel. Die Küste war zerklüftet, das Wasser von zweifelhafter Sauberkeit (wenn auch trügerisch blau), und diese unerschrockenen Neapolitaner, von denen die meisten fett zu sein schienen, ließen ihre Kleider auf den Felsen fallen und sprangen direkt vor den Fußgängern, Touristenhotels und dem Verkehr ins Wasser. Ted rief seine Frau an. »Oh, hallo Liebling!« Susan war überrascht, weil sie so früh von ihm hörte - meistens rief er vor dem Schlafengehen an, wenn es an der Ostküste eher schon auf die Abendbrotzeit zuging. »Alles in Ordnung?«
    »Alles ist gut.«
    Ihr fröhlicher, lebhafter Tonfall ließ ihn gleich mutlos werden. In Neapel dachte Ted oft an Susan, aber an eine etwas andere Version von ihr: eine nachdenkliche, verständnisvolle Frau, mit der er sprechen konnte, ohne zu reden. Es war diese ein wenig andere Version von Susan, die mit ihm der Stille von Pompeji gelauscht hatte und empfänglich gewesen war für den in der Luft hängenden Widerhall von Schreien, von fließender Asche. Wie konnte so viel Zerstörung zum Schweigen gebracht worden sein? Solche Fragen gingen Ted in dieser Woche der Einsamkeit durch den Kopf, eine Woche, die ihm wie ein Monat und zugleich wie eine Minute vorkam.
    »Ich habe eine Chance auf das Suskind-Haus«, sagte Susan, die offenbar hoffte, ihn mit dieser Nachricht aus dem Reich der Immobilien aufzumuntern.
    Aber jede Enttäuschung, die Ted mit seiner Frau erlebte, jeder weitere Schritt zu ihrer Abwertung, löste gleichzeitig Schuldgefühle in ihm aus; schon vor vielen Jahren hatte er seine Leidenschaft für Susan auf die Hälfte zusammengefaltet, damit er sich nicht länger so hilflos und wie kurz

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