Der größte Verlierer der Welt
verheddert
in einem Wacholderbusch, durch Liebe,
verplätschert hinter kaputten Rolläden
an einem Oktobertag,
durch Gestalten und Fenster und Linien,
durch ein Buch von Kafka mit Weinflecken,
durch Frauen und Freunde und Gefängnisse
und Erinnerungen an eine ferne Jugend,
die ersten Klänge von Beethoven oder Bruckner,
oder das erste Mal auf einem Fahrrad,
so jung, unvorstellbar,
in Schlangenlinien über die Brücke
in Philadelphia geradelt und die
erste Nutte angesprochen, dann
ausgerutscht auf dem Eis, betrunken und
umnebelt, sich gegenseitig wieder
auf die Beine geholfen und gelacht,
gelacht, bis einem die Tränen kamen,
keine Ehe war je so unschuldig oder
bedeutete so viel, und ich erinnere mich
an ihren Namen, ja, und an ihre Augen
und das Muttermal auf ihrer linken Schulter
und sinke in mich zusammen, versacke
in Trauer und Trübsinn, in einer
fettigen Küche, wo ein kochender
Maiskolben in einem Topf auf dem Herd
das einzige Geräusch macht.
- 168 -
Ein Künstler
Er kam die Veranda hoch
in Begleitung eines Kerls
mit einem schwachsinnigen
Grinsen im Gesicht.
Da standen sie.
Beide stanken nach Wein.
Der Maler versteckte irgendwas
unter seinem Mantel.
Er hielt den Mantel auf,
und es war ein Sturzhelm
von einem Polizisten,
komplett mit Messingschild.
»Gib mir 20 Dollar dafür«,
sagte er.
»Schieb ab, Mann«, sagte ich,
»was soll ich mit dem Deckel
von einem Bullen?«
»Zehn Dollar«, sagte er.
»Habt ihr den Kerl
gekillt?« fragte ich.
»Fünf Dollar .. .«
»Was ist denn mit den
6000 Piepen, die du letzten Monat
mit deiner Ausstellung verdient hast?«
»Alles versoffen. Alles in der
gleichen Bar.«
»Und für mich war nicht mal
ein Bier drin«, sagte ich.
»Zwei Dollar . ..«
»Habt ihr ihn umgelegt?«
»Bloß in die Mangel genommen.
Bißchen zusammengeschlagen ...«
- 169 -
»So ein Stuß. Ich will das
Ding nicht haben.«
»Uns fehlen noch 18 Cents
an einer Flasche, Mann . . .«
Ich ließ die Kette an der Tür
und schob diesem Künstler
35 Cents durch den Spalt.
Er wohnte bei seiner Mutter,
verprügelte in regelmäßigen Abständen
seine Freundin, und als Maler war
auch nicht viel mit ihm los.
Aber die Welt ist voll
von solchen Linkmicheln,
die einmal unsterblich
werden wollen.
Ich bin selber
so einer.
- 170 -
Hoffen wir mal auf einen Bestseller
Warten wir mal, bis meine
Freundin, die an einem
Roman schreibt, den richtigen
Dreh findet,
sie sitzt in der Küche
und denkt an ihren letzten
Aufenthalt im Irrenhaus,
an ihren Mann, der sich
scheiden ließ,
während ich ihre 3jährige
Tochter unterhalte, die
in der Badewanne sitzt . ..
naja, ich schätze,
nach ein oder 2 Irrenhäusern
kann man schon den
einen oder anderen
Break gebrauchen . ..
wenn ich mir's recht überlege,
spinnt sie wahrscheinlich
immer noch,
sonst würde sie nicht
mit mir unter einem Dach
leben . . .
aber vielleicht bin auch
ich derjenige, der spinnt .. .
ein paarmal hat sie mir
schon gedroht, sie würde
mir die Eier abschneiden,
wenn ich dies oder jenes
mache . . .
bei dem Risiko, das ich
hier eingehe, kann ich nur
- 171 -
hoffen, daß es ein guter
Roman wird, oder wenigstens
ein schlechter, der zum
Bestseller wird.
Ich sitze hier und
drehe mir eine Zigarette
nach der anderen, während
sie da drin drauflos
hämmert. . .
ich nehme an, für jedes Genie,
das die Kurve kriegt,
müssen 5 oder 6 Leute
leiden . . .
für es, sie, ihn,
oder einander.
Mir soll's
recht sein.
- 172 -
Ein Fall von Hassliebe
Dein Kind hat keinen Namen
Dein Haar hat keine Farbe
Dein Gesicht hat kein Fleisch
Deine Füße haben keine Zehen
Dein Land hat zehn Fahnen
Deine Stimme hat keine Zunge
Deine Gedanken winden sich wie Schlangen
Deine Augen passen nicht zusammen
Du frißt nichts als Blumen
Und wirfst den Hunden
Vergiftetes Fleisch hin
Ich sehe dich in engen Gassen lauern
Mit einem Knüppel in der Hand
Ich sehe dich mit einem Messer
Für jeden, der dir in die Quere kommt
Und dein Herz, mit dem du hausieren gehst
Ist ein stinkender Fischkopf
Und wenn sich die müde Sonne
Ins Meer wühlt, kommst du aus der Küche
Mit einem Drink in der Hand
Und summst den neuesten Schlager
Und lächelst mich an
In deinem hautengen roten Kleid . . .
Wirklich eine reife Leistung.
- 173 -
Mann und Frau im Bett um 10 Uhr abends
Ich hab ein Gefühl, als war ich
'ne Dose Ölsardinen, sagte sie.
Ich hab ein Gefühl, als war
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