Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowsky
Vom Netzwerk:
schallt
    Aber ich hatte den Krieg nicht gewollt werde
    auch nie einen wollen und die Götter und die Würfel
    waren mir gnädig gewesen und ich hob den Arm und
    winkte ihnen zu und lächelte »DU FEIGE SAU!«
    schrie einer »KOMM HOCH VON DEINEM
    TOTEN ARSCH!«

    Ich ließ meinen Arsch wo er war Ich sah ihnen
    nach
    wie sie verschwanden irgendwohin Der Junge der
    bei der Blutentnahme in Ohnmacht gefallen war der
    war vermutlich auch dabei
    Wir waren alle
    sehr jung Ich war jung Sie waren jung
    Aber wenn ich so
    an den schweinischen Krieg dachte
    und an den schweinischen Mob
    dann war ich wohl
    doch nicht so jung
    wie sie.

    - 142 -
    Jeffers

    Sitze hier in der
    Wohnung eines Freundes
    an der Schreibmaschine,
    und auf dem Tisch sehe ich
    ein schwarzes Buch liegen:
    Jeffers' >Be Angry at the Sun<
    Ich denke oft an Jeffers,
    an seine Felsen, seine
    Falken, seine Isolation.
    Jeffers, der war
    wirklich noch ein
    Einzelgänger, ja, der
    mußte schreiben.
    Ich versuche an Einzel-
    gänger zu denken,
    die nie einen Durchbruch
    schaffen, weder schreibend
    noch sonstwie, und ich
    sage mir: das ist
    nichts Starkes, das ist
    irgendwie tot.
    Jeffers war lebendig
    und allein, und er
    machte seinen Standpunkt
    klar.
    Seine Felsen, seine Falken,
    seine Isolation -
    das zählte.
    Er schrieb es mit seinem
    einsamen Blut. Ein Mann,
    in die Ecke getrieben,
    aber in dieser Ecke

    - 143 -
    leistete er Widerstand
    bis zum Letzten.

    »Ich habe mir meinen
    Felsen geschaffen«, stand
    auf dem Zettel, den er
    unter der Tür durchschob,
    als jene reizende
    junge Dame ankam,
    »kümmern Sie sich
    um Ihren.«
    Es war dieselbe Dame,
    die es bereits mit
    Ezra Pound getrieben hatte.
    Sie schrieb es mir.
    Jeffers habe sie
    einfach so
    weggeschickt.
    BE ANGRY AT THE SUN.
    Jeffers war ein Felsen,
    aber er war nicht tot.
    Sein Buch liegt hier,
    links von der Maschine.
    Ich denke an all die
    Menschen in seinen Gedichten,
    die zu Boden gehen, sich
    erhängen, erschießen,
    Gift nehmen . . . sich
    verbarrikadieren gegen eine
    unerträgliche Menschheit.
    Jeffers war wie seine Menschen:
    er verlangte Vollkommenheit
    und Schönheit, und das war
    in menschlicher Gestalt
    nirgends zu finden.
    Er fand es in anderer

    - 144 -
    Gestalt. Ich finde es
    nicht einmal dort. Ich bin
    wütend auf Jeffers. Nein,
    ich bin es nicht. Und wenn
    diese Dame bei mir ankommt
    werde ich sie auch weg-
    schicken. Schließlich, wer
    möchte nach dem alten Ez noch
    der Nächste sein?

    - 145 -
    Überleben ist alles

    Früher war ich
    groß im Reisen, auch
    ohne Geld. Manche Städte
    brachte ich in 2 Wochen
    hinter mich, manche in
    3 Tagen ... jahrelang machte
    ich die großen Städte
    durch, mit einigen
    bekam ich es zwei- oder
    dreimal zu tun.
    Jetzt bin ich hier,
    seit zehn Jahren — nicht nur
    in der gleichen Stadt,
    sogar im gleichen Apartment.
    Zehn Jahre ...
    Vor mir wohnte hier eine,
    die wahnsinnig wurde;
    sie schrie, als man sie
    wegtrug unter einem
    großen weißen Tuch; dann
    zog ich ein.
    Bis jetzt ist es gut-
    gegangen ... verschiedene Jobs,
    verschiedene Frauen, es gab
    immer wieder einen Weg;
    irgendwie, scheint es,
    schlängelt man sich durch.
    Wenn nur die Ameisen
    nicht wären .. . die Ameisen
    hier drin sind unglaublich
    stur; sie nisten sich
    immer wieder im Abfluß

    - 146 -
    der Badewanne ein, im
    Abfluß des Waschbeckens.
    Die Lösung, die sich anbietet,
    ist wohltuend und hygienisch
    und widerwärtig zugleich:
    ich drehe den Heiß Wasser-
    hahn auf und sehe zu
    wie sie in einem kochenden
    Strudel zur Hölle fahren . ..
    aber sie kommen immer wieder,
    und jedesmal sind es mehr,
    sie kommen schneller zurück
    als die Frauen.
    Heute wollte ich gerade wieder
    eine Ladung erledigen, in
    Badewanne und Waschbecken,
    als das Telefon klingelte -
    es war mein Freund Danny.
    Hör zu, sagte er, du bist
    der einzige wirkliche Mensch,
    den ich kenne. Ich werd
    mich umbringen . ..
    Nur zu, sagte ich.
    Sie hat mich verlassen,
    sagte er, einfach so,
    kaum ein Wort . . . Ich hab sie
    wirklich geliebt. (Er begann
    zu schluchzen.)
    Jetzt hör mir mal zu, sagte
    ich. Eine Ische kennenzulernen
    ist Zufall; von einer verlassen
    zu werden, ist dagegen ein
    elementarer Fakt des Lebens.
    Sei froh, daß du es mal
    mit einem elementaren Fakt
    zu tun kriegst ...

    - 147 -
    Danke, sagte er, und legte
    auf.
    Ich ging zurück zu meinen
    Ameisen und drehte beide
    Heißwasserhähne gleichzeitig auf.

    Ich verbrühte und ersäufte sie
    gründlich.

    Wieder schrillte das Telefon.
    Hör zu,

Weitere Kostenlose Bücher