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Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowsky
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jederzeit wegnehmen
    können, aber ich konnte ihn
    einfach nicht ausstehen,
    den alten Drecksack.

    Vincent?
    Nee, mit dem war nichts. Er hatte
    Angst vor seinem Bruder.
    »Mein Bruder!« schrie er immer,
    und dann rannten wir zur Hintertür
    raus und in die Garage, meistens
    nackt, oder ich hatte nur Slip
    und BH an.
    Ich machte Vorhänge für sein Haus
    und er nannte mich »Tochter«,
    und ich kochte für ihn,
    und er schrieb alles in ein
    kleines schwarzes Buch und
    hatte immer eine Schiffermütze
    auf. Er warf Geld auf den Boden
    und spielte Orgel . . . komponierte auch
    eine Oper, nur für Orgel, die nannte sich
    >Der Kaiser von San Francisco<.
    Aber daß ich ihn gut leiden konnte,
    lag eigentlich mehr daran, daß er
    sich für die Kinder interessierte;
    er fuhr mal mit mir raus nach Newman,
    um sie kennenzulernen,
    und einmal, eh er richtig geizig wurde,
    schickte er mir Geld, als ich
    ohne einen Pfennig auf den Inseln saß.

    Und Gus - der war für mich wie ein Vater –
    ich kannte ihn schon so lange.
    Ich lernte ihn auf den Inseln kennen,
    als ich in der Klemme war.

    - 36 -
    Ich schätze, er hat mir das Leben
    gerettet. Ich wurde gefeuert,
    weil man mich in der Kaserne erwischte.
    Aber er hatte Verständnis dafür.
    Oh ich weiß, du magst ihn nicht
    aber er ist so verständnisvoll.
    Und als Vincent das Geld schickte,
    gingen wir beide zurück in die Staaten.
    Er sagte, er wollte mich heiraten
    aber er mußte sich um seine
    Mutter kümmern, die schon ihr ganzes Leben
    an irgendeiner Krankheit litt.
    Es treibt ihn immer wieder zurück
    auf diese Inseln, er ist so
    durcheinander, einfach hoffnungslos.
    Du würdest ihn heute kaum noch
    erkennen. Er trinkt nicht mehr
    und wiegt fast drei Zentner
    (und geküßt hat er genau wie du,
    und in seinem linken Bein hatte er
    lauter so kleine Drähte, aber davon
    wollte er nie was sagen .. .)

    Und der Chauffeur
    kam ins Zimmer und
    hatte einen Korb mit einem
    lebendigen Huhn drin.
    Der Typ hat das Huhn
    am Hals gepackt und
    rumgeschlenkert,
    und du hättest mal hören sollen,
    wie dieses Huhn geschrien hat,
    und dann hat er es mit
    einem Messer abgestochen,
    und das Blut ist überall
    rumgespritzt wie ein Platzregen,

    - 37 -
    und er hat auf seiner Piccolo-
    flöte gespielt und mich dabei
    angestarrt, und das ist alles,
    was passiert ist, bloß daß ich
    noch mein Kleid ausziehen mußte.
    Er gab mir 25 Dollar,
    aber irgendwie
    wurde mir schlecht
    von der ganzen Sache
    .
    Nicholas war schwul
    und impotent, aber mit mir
    hat er's gebracht. Er hat
    immer noch meine Ausgabe von
    e. e. cummings.

    Mein erster war verrückt.
    Er saß am Kaffeetisch,
    wühlte in meinen Haaren
    und blies auf zwei Feigen-
    blättern, die er zwischen
    den Lippen hatte.
    Er spielte Oboe. Und was man
    von Oboen sagt, das weißt du ja.
    Als sie ihn wegschafften,
    war er wie ein Kind.
    Die Oboe schenkte ich
    einem Tänzer, der sich
    das Bein gebrochen hatte,
    als er bei einem Ausflug
    in die Adirondacks
    auf einem Campingstuhl
    übte.

    Mit Arlington war ich
    nur drei Wochen verlobt.

    - 38 -
    Und er riß mir den Ring
    vom Finger und sagte,
    er hätte keine Lust,
    die ganze schwule Armee
    zu heiraten. Später
    weinte er an meiner Schulter.
    Er sei 'ne Schwuchtel, sagte er,
    und General. Und er hätte sich
    sein ganzes Leben lang
    was vorgemacht.
    Ich weinte, als er ging.

    Ralph war der einzige, glaube ich,
    der mich je geliebt hat,
    aber er hatte keinen Sinn für
    höhere Dinge:
    Van Gogh war für ihn ein Baseball-
    spieler aus Brooklyn und George Sand
    ein Filmpartner von Zsa Zsa Gabor.
    Und als er mir Geld schickte
    aus East Lansing, kaufte ich mir dafür
    eine Stereo-Anlage und einen Spielzeug-
    stier mit blauen Augen und nannte ihn
    Keithy-pot.
    Ich schickte Ralph eine gepreßte Azalee
    und ein Foto von mir im Bikini
    wo ich mich grade bücke.

    Sherman hatte Angst vor der Dunkelheit.
    Er starb an einem Kirschkern, der ihm
    im Hals steckenblieb. Roger - von dem
    hab ich dir schon erzählt; Roger fing mal
    eine gute Story an, aber
    er schrieb sie nie zu Ende.
    Sie handelte von einem Homo,
    der in einem Nachtklub

    - 39 -
    an einem Tisch sitzt,
    und all diese Leute
    kommen zu ihm hin -
    ach Scheiße, ich krieg das
    nicht mehr zusammen.

    Peter, der bringt sich eines Tages um.
    Art wird sich auch umbringen.
    Tommy steckte das Bett in Brand
    und schlug seine Mutter. Ich
    lebte nur mit ihm zusammen,
    weil mir seine Mutter leid tat.
    Wir gingen alle zusammen zu den
    Anonymen Alkoholikern.

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