Der größte Verlierer der Welt
Einmal
schlug er sie, als sie aus der
Straßenbahn stieg. Dann schlug er
mich. Ich haßte ihn, aber sie
war wie meine eigene Mutter zu mir.
Und dann lernte ich dich kennen.
Erinnerst du dich noch an diesen
Sonntag im Round Duck?
Du hast gesagt: Komm,
wir gehn nach Mexiko.
Und dann hast du mich mitgenommen
in deine Wohnung und Earl Stanley
Gardner gelesen, und dann hast du
aus dem Fenster gehangen.
Du hast ausgesehen wie mein Vater.
Schade, daß du meinen Vater nie
kennengelernt hast.
Er war ein Säufer.
Ach, ich bin ja so froh,
daß ich dich getroffen habe,
bei dir fühl ich mich
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so gut. Du bist endlich mal
ein Mann, Darling,
der einzige richtige
MANN
den ich je
gekannt habe.
Ach Liebling, darauf
hab ich so lange
gewartet!
Meine Hände sind kalt, und
du hast so lustige
Füße!
Ich liebe dich . . .
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Iwan der Schreckliche
hielt sich nur mit Mühe
auf den Beinen
und Bücken war für ihn
ein Problem
er war fett
seine Augen
quollen heraus
er hatte eine
niedrige Stirn
und lächelte gequält
infolge eines verwachsenen
Unterkiefers
schlug seinen
ältesten Sohn tot
in einem Anfall
von Jähzorn
schien sich unbehaglich
zu fühlen nach seinem
40. Lebensjahr
vollbrachte gewaltige
Leistungen in punkto
Fortschritt und
Gemetzel
starb 1584
im Alter von
54 Jahren und
mit einem Gewicht
von 209 Pfund
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letzten Sommer
holten sie sein Skelett
aus der Archangelsk-Kirche
im Kreml
und fertigten danach
ein naturgetreues
Standbild an
inzwischen
ist es fast
fertig
er sieht aus
wie ein Busfahrer
aus dem
20. Jahrhundert.
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Ein Bild von einem Promenadenkonzert auf einer
Streichholzschachtel
Auf dem Papier sieht das Leben
gleich viel erfreulicher aus:
keine Bomben, Fliegen, Haus-
besitzer, keine verhungernden
Katzen,
und ich stehe hier in der Küche,
starre auf diesen blauen Teich herunter,
den Konzertmeister, die Bäume,
Ruderboote, Junge mit
Sternenbanner
Lady in Gelb mit Ventilator
Veteran aus dem Bürgerkrieg
Mädchen mit Luftballon
Hund mit scheckigem Fell
Segelboot;
ein Tag aus einer alten
friedlichen Zeit, und die Sonne
träumt von vergangenen Schlachten –
John L. Sullivan kippt einen
halben Liter Whisky
in seiner Garderobe
und bringt sich in Form,
um die Welt übers Knie zu legen
wie ein Kind, das etwas
verbrochen hat –
für uns kaum noch vorstellbar
in unserem modernen Leben,
wo uns der Arzt eine Spritze
reinjagt und sagt: »Was macht Sie
so nervös? Irgend etwas frißt doch
an Ihnen . ..«
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Ich ziehe die Schachtel auf, nehme ein wunderschönes
Streichholz heraus und zünde mir
eine Zigarre an.
Ich sehe aus dem Fenster. Es regnet.
Im Park werden sich heute nur
Penner und Irre aufhalten.
Ich blase den Rauch gegen die
nasse Fensterscheibe und frage mich,
was ich hier drin eigentlich tue
auf dem Trockenen und am Sterben,
und der Regen hört sich genauso an
wie die Klosettspülung,
die in diesem Augenblick
der Nachbar hinter der Wand betätigt,
und die Blumen breiten die Arme aus
und lassen die Liebe auf sich
niederprasseln.
Ich setze mich zu der Lady in Gelb
neben den Ventilator, und sie
lächelt mich an,
und wir reden, wir reden,
aber vor lauter Musik verstehe ich
kein Wort. »Wie heißen Sie? Wie
heißen Sie?« frage ich immer wieder,
aber sie lächelt mich nur an,
und der Hund jault dazu.
Aber Gelb ist meine Lieblingsfarbe
(Van Gogh stand auch darauf)
Gelb
und ich blase ihr keinen Rauch
ins Gesicht
und ich bin hier
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(in der Streichholzschachtel,
um genau zu sein, aber doch auch
hier).
Sie lächelt
und ich lege sie
auf dem Küchenherd flach
und es ist
heiß
heiß
und das Sternenbanner
flattert in der
Schlacht -
spiel deine Serenaden,
Konzertmeister, in deinem roten Frack
mit deinen verschwitzten
Arschbacken in der Juli-
hitze.
Der Luftballon zerplatzt
ich gehe durch eine Küche
an einem Regentag im Februar
und suche nach Eiern und Brot und
Wein und Sinn
und nach Kleister
um diese Wände
mit freundlicheren Bildern
zu tapezieren.
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Kein guter Abend
Ich bin ziemlich blau, und der Mann
im Schuppen nebenan springt auf
seinem Fußboden herum, daß die
Dielen knallen, und während ich
seinem Veitstanz zuhöre, sitzt
meine Frau auf dem Klo, und
aus dem Radio kommt Fidelio, und
beim Pferderennen habe ich heute
70 Dollar verloren, und eine Frau
klemmte sich den Fuß im Fahrstuhl ein,
und die
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