Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G Arvay
Vom Netzwerk:
Kühlraum nicht gestoppt oder etwa sogar abgenommen werden. Die Kühlhalle war daher vielfach durchzogen von dem Hühnerfließband. Es verlief dort im Zickzack, hin und her, hinauf und hinunter. Die Hühner waren ununterbrochen in Bewegung und dennoch dauerte es beinahe drei Stunden, bis sie die Kühlung perfekt temperiert wieder verlassen hatten. In einem anderen Schlachthof waren es knapp zwei Stunden. Dann ging es weiter mit der Zerlegung und Verpackung, bis irgendwann am Ende die plastikverschweißten und mit verschiedenen Markenzeichen beklebten Fleisch- und Innereientassen entnommen werden konnten.
    Der Exitus im Todeskarussell tritt für Bio-Hühner im Alter von acht bis neun Wochen ein, für Bio-Puten mit zwanzig bis vierundzwanzig Wochen. Bio-Legehühner treten diese Reise nach etwa zwölf Monaten an, wenn ihre Legeleistung nicht mehr den Anforderungen der Handelskonzerne entspricht. Ab der einundzwanzigsten Lebenswoche liegt die Legeleistung der Hennen bei etwa neunzig Prozent und sinkt bis zum Ende des ersten Jahres auf siebzig bis fünfundsiebzig Prozent. Das bedeutet, dass pro hundert Tiere noch immer täglich siebzig bis fünfundsiebzig Eier anfallen. Die Hennen sind zu diesem Zeitpunkt noch jung. Sie könnten fünf Jahre alt werden und weiterhin Eier legen. »Die Herde ist dann aber nicht mehr lukrativ«, erläuterte mir eine Bio-Eierproduzentin den Grund für die frühe Schlachtung. Warum nicht, wollte ich wissen. Weil der Handel mit seinen Abnahmepreisen nicht sonderlich flexibel sei, war die Antwort.
    Schlachtzeitpunkte für Geflügel
Masthühner
Mastputen
Legehennen
bio
konventionell
bio
konventionell
Schlacht-
    alter
8-9 Wo.
5-6 Wo.
Hennen:
    20 Wo.
Hennen:
    15-20 Wo.
12 Monate
Hähne:
    20-25 Wo.
Hähne:
    20 Wo.

Schlacht-gewicht
2 - 2,2 kg
1,6 - 1,8 kg
Hennen:
    11 kg
Hennen:
    10 kg
Hähne:
    20 kg
Hähne:
    20 kg
    Beachten Sie vor allem bei Masthühnern das Verhältnis zwischen Gewicht und Alter. »Langsam wachsende« Bio-Hühner werden zwar länger gemästet, haben dann aber auch höhere Schlachtgewichte.
Bio-Tech im Hühnerstall
    JA-757, Red-JA-brown und JA-Color-Yield 13 . Diese Hybridhühner haben eine Gemeinsamkeit: Alle drei wurden von demselben internationalen Biotech-Konzern, bekannt unter dem Namen »Hubbard«, nach den Bedürfnissen des Geflügelfleischmarktes entwickelt. Sie beherrschen die gesamte Bio TM -Branche. In keinem Maststall des Massenmarktes traf ich auf andere Rassen als diese. Obwohl sie nicht speziell für die Bio-Produktion designt sind und auch in der konventionellen Agrarindustrie zum Einsatz kommen, erfreuen sie sich unter Bio TM -Konzernen derzeit besonderer Beliebtheit, weil sie etwas langsamer wachsen als manche andere Hybridsorten. Dennoch gibt der Biotech-Konzern an, mit den Hühnerzüchtungen den »heavy weight market« sowie den »medium weight market« zu bedienen. In der Werbung sprechen die Supermarktkonzerne, die das Fleisch von JA-757, Red-JA-brown oder JA-Color-Yield im Sortiment haben, freizügig von »langsam wachsenden Rassen«. Der nach Bauernhofidylle klingende Begriff der Langsamkeit ist ein Dauerbrenner in der Bio-Werbung, und zwar in fast allen Produktgruppen. »Langsam wachsende Rassen« – das klingt nach alten Rassen, nach lokalen Landsorten, deren Erhaltung man in der ursprünglichen Ökolandbau-Bewegung gefordert hat. Den Bio-Hybridhühnern werden im Marketing sogar klingende Namen wie etwa »Schlierbacher Bio-Wildhendl« gegeben. Durch die Regionsbezeichnung »Schlierbach« entsteht der Eindruck, es handle sich um eine lokale Landrasse. Tatsächlich aber befindet sich in der Region Schlierbach lediglich die Fabrik mit ihren Kükenfließbändern, in der die Hybrid-Eier bebrütet werden. Keine alte Rasse und schon gar kein »Wildhuhn« passen in das Geschäftskonzept der Bio TM -Branche, das auf Leistung und Ertrag aufbaut. Und »Wildhühner« trifft man seit über viertausend Jahren in der Landwirtschaft grundsätzlich nicht an. Sie leben, wie das Wort schon sagt, in der Wildnis – und zwar in Südostasien. In der Zoologie sind sie als Bankivahühner
(Gallus gallus)
bekannt.
    Der Hubbard-Konzern, aus dessen Laboratorien die Designerhühner JA-757, Red-JA-brown und JA-Color-Yield stammen, wirbt auf seiner Homepage mit hohen Schlachtgewichten. Für alle Bedürfnisse gibt es eine eigene Produktlinie. Kundinnen und Kunden wählen beispielsweise zwischen Tieren aus der Classic- oder der JV-Serie, aus den Serien Flex und F15 oder aus der H1-Reihe.

Weitere Kostenlose Bücher