Der große Blowjob (German Edition)

habe etwa ein Zehntel von dem Glas des schlechtesten Pinot Grigio in meinem ganzen Leben getrunken. Die Muschelnudeln mit Ricottafüllung sind ebenso ekelhaft, aber die Eiscreme ist okay. An der Gepäckausgabe wartet ein korpulenter Syrer namens Aki auf mich, mit einem weißen Plastikschild, auf das zweimal mit abwischbarem Marker mein Name geschrieben ist: NYE , Nye. Der Syrer fährt mich nach Hause und hört dabei die ganze Zeit Fox News, und als ich durch meine Tür trete, denke ich eine Millisekunde lang, ich wäre im falschen Apartment.
    Am nächsten Morgen bin ich gegen acht im Büro, diesem klimatisierten Schlachthof der Seele, wie es mal jemand ausgedrückt hat, mindestens anderthalb Stunden früher als sonst. Ich gehe in mein Büro und schließe die Tür. Keine Anrufe oder Mails. Ich schreibe die Namen der Leute, die ich in den letzten zwei Jahren gefeuert habe, auf einen Notizblock, damit ich wenigstens versuchen kann, den Albtraum wiedergutzumachen. Oder sie zumindest in irgendeiner Form um Entschuldigung zu bitten. Kann man das auf Facebook machen? Es sind zweiundvierzig insgesamt. Kurz überlege ich, die Sache als Projekt bei Kickstarter einzustellen, um Geld zu sammeln, zur Entschädigung all jener, denen ich Unrecht getan habe. Darüber würde vermutlich sogar in der
Times
berichtet, und das würde meiner Präsenz als Drehbuchautor nutzen. Dann rufe ich die Personaltante an ihrem Platz und auf ihrem Handy an. Sie meldet sich nicht. Ich werfe einen Blick aus meinem Büro, und meine Assistentin ist noch nicht da. Das ist merkwürdig, sie liefert morgens ihr Kind ab und ist meist spätestens um halb neun hier, viel früher als ich. Dann starre ich aus dem Fenster auf einen Typen unten auf der Lexington Avenue, der gerade seinen Kebab-Karren aufbaut. Gegen zehn wähle ich Barrys Nummer und sage seiner Person, Agnes, dass ich Barry umgehend zu sehen wünsche. Sie sagt, sie wollte mich eben anrufen, weil, was für ein Zufall, Barry einen Termin mit mir vereinbaren wollte, um 10  Uhr  30 , passt es mir da? Hm, Moment, lassen Sie mich nachsehen, ja, sage ich, und sie legt auf. Ich falte die Namensliste zusammen und stecke sie ein, um Barry zu zeigen, was ich durchgemacht habe. Danach schlage ich noch etwas Zeit im Internet tot, und dann gehe ich auf Toilette. Jetzt, wo mein Dauerständer etwas nachgelassen hat, kann ich wieder am Urinal pinkeln, hurra. Danach gehe ich zu den Aufzügen und murmle einem der Kreativen aus der Pharma-Abteilung «guten Morgen» zu, dessen Namen ich mir nie gemerkt habe. Dann sage ich, tut mir wirklich leid, ich habe Jetlag, wie heißen Sie noch mal? «Und wie läuft es bei Ihnen so?», fragt er höflich. «Dieser Laden ist im Arsch», sage ich. «Ernsthaft. Sollten Sie irgendwo anders was halbwegs Vernünftiges finden, wechseln Sie.» Dann fahre ich auf Barrys Etage hoch und gehe zu seinem Büro, links den mittleren Gang hinunter und noch mal links, auf die Ecke zu. Als ich fast da bin, weiß ich sofort, was gleich passiert, weil ich noch sehe, wie die Personaltante in Barrys Höhle verschwindet und die Tür hinter sich zumacht. Sie hat mich nicht gesehen, also habe ich für die nächsten schätzungsweise zwanzig Sekunden die Oberhand.
    Agnes sieht zu mir hoch und verzieht das Gesicht, sagt, dass Barry eben einen Anruf aus Manchester bekommen hätte, aber in einer halben Minute für mich da sein dürfte. Ich lehne mich an ein Buffet und überlege, was ich für Möglichkeiten habe. Es gefällt mir nicht, auf Barry warten zu müssen. Und es gibt wirklich keinen Grund, warum ich mir das antun sollte, dass er mir das Foto von mir und Sabi, nackt am Strand, das die Joggerin von uns gemacht hat, unter die Nase hält und mir erklärt, dass mein Verhalten für jemanden in meiner Position, oder für dieses ehrenwerte Unternehmen, nicht akzeptabel ist. Ich wende mich Agnes zu.
    «Richten Sie Barry etwas von mir aus», sage ich. «Sagen Sie ihm, er soll sich selbst ficken.» Und dann drehe ich mich um und gehe zu den Aufzügen zurück. Als ich dort ankomme, öffnet sich der eine Aufzug, und heraus kommen Damon und Terry, die auf dem Weg zu Barrys Höhle sind. In diesem Moment wird mir klar, dass ich das hier völlig falsch mache. Ich muss das hier einfach geschehen lassen, genauso, wie es den anderen geschehen ist. Also drehe ich wieder um. Agnes sieht mich, als Damon und Terry eben ankommen. Barrys Tür öffnet sich, und die Personaltante steht dort, also gehe ich auf sie zu.
    «Hi,