Der große Blowjob (German Edition)
uns rübergesehen hat. Tom hat ihr vor ungefähr einer Stunde einen Drink ausgegeben, aber sie hat ihn kaum zur Kenntnis genommen. Als er jetzt aufsteht und in Richtung Toilette wankt, lächelt sie ihn an. Als er nun stehenbleibt und eine witzige Bemerkung über ihre Schuhe versucht, ist das meine Gelegenheit, abzuhauen. Bis zum Shutters ist es nicht weit, und ich lege den Weg ohne Zwischenfälle zurück. Im Hotel sitzt ein neuer Typ an der Rezeption. Ich frage ihn, ob er das Mädchen gesehen hat, das eins der Zimmer mit Strandblick hat, die angeblich alle ausgebucht waren, aber offenbar doch frei waren.
«Suite 312 », sage ich.
Er schaut auf seinen Bildschirm und sieht dann wieder mich an. «Die Bewohnerin dieses Zimmers hat heute ausgecheckt.»
«Sind Sie sicher?», frage ich.
«Ja, ganz sicher», sagt er.
«Wissen Sie, wo sie hin ist? Sabine? Wir arbeiten zusammen, und ich … äh … ich bin ihr Chef.»
«Das weiß ich nicht», sagt er.
«Eins noch: ihre Rechnung? Können Sie mir sagen, ob sie mit ihrer eigenen Karte bezahlt hat, oder wurde sie als Teil unserer Produktion abgerechnet? Oder auf einer anderen Karte?»
«Diese Information würde mir nicht vorliegen», sagt er.
«Danke», sage ich, ohne ihn weiter unter Druck zu setzen. Dann gehe ich in mein Zimmer. Ich ziehe die Jalousien hoch und sehe aus dem Fenster auf den Parkplatz und den feuchtkalten Strand. Ich öffne das Fenster einen Spalt weit, höre die Brandung und einige spielende Kinder, und ein Typ lässt unten in seinem Wagen irgendwelchen R’n’B mit Rap-Einschüben laufen, Frank Ocean möglicherweise, was schon seltsam ist, bei meiner Aussicht. Dann schließe ich das Fenster und setze mich aufs Bett. Wir hätten nie schwimmen gehen sollen. Wir hätten einfach weiterschlafen und dann spät aufstehen und beim Zimmerservice Omeletts bestellen sollen. Omelett mit dem Rosmarinzweig auf dem Teller und der Orangenscheibe, verzwirbelt zu einer möbiusförmigen Schleife, die für die Ewigkeit steht, die für uns steht, und wenn wir das getan hätten, wenn wir im Bett geblieben wären und die Omeletts bestellt hätten, wäre jetzt alles in Ordnung. Soll ich sie noch mal anrufen, um, ja, was genau zu sagen? Ich liebe dich? Ich weiß nicht mal, ob ich das tue. Um mich zu entschuldigen? Wofür? Würde sie mir überhaupt zuhören? Stattdessen verfasse ich eine Mitteilung, eine lange SMS , und starre sie an. Ändere sie ein paarmal, mache sie länger und dann kürzer, viel kürzer, füge die erforderlichen Schichten Ironie hinzu und entferne sie wieder, bis ich am Ende bei völliger Neutralität lande, völliger piktographischer Schlichtheit mit einem angedeuteten Subtext von Verwirrung, wenn nicht sogar Hilflosigkeit, und nach einigen Minuten der Bestürzung tippe ich schließlich auf Senden:
?
3.23
Am nächsten Morgen checke ich früh aus und nehme ein Taxi zum Flughafen. Da es einen Platz erster Klasse zurück nach New York erst in ein paar Stunden gibt, warte ich in der Privatlounge, bis einer frei ist. Da ich es ebenso gut hinter mich bringen kann, rufe ich Barry an. Seine Sekretärin stellt mich durch.
«Barry, wollen Sie mich feuern?», frage ich ihn ohne Umschweife.
«Scheiße, warum sollte ich das machen? Sind Sie nicht ganz bei Trost?», sagt er.
«Bloß so Schwingungen», sage ich, «mehr nicht. Und falls ja, möchte ich, dass Sie wissen, genau das würde ich mit mir machen, wenn ich Sie wäre.»
«Sie spinnen doch», sagt er. «Wann sind Sie wieder hier?» Ich erkläre ihm, dass ich den nächsten Flieger nehme, aber der landet erst nach sechs auf dem JFK , wenn er schon längst auf dem Saw Mill Parkway unterwegs nach Hause ist. Dann erzähle ich ihm noch, wie großartig diese Spots werden, dass der Regisseur das Konzept wirklich grandios aufgepeppt hat, und versuche so zu klingen, als wenn ich meinen Job mache. Es scheint ihn nicht zu interessieren.
«Und ich muss Sie wegen Dr. Look fragen», sage ich. «Anscheinend existiert er gar nicht.»
«Kommen Sie gleich morgen früh zu mir», ist alles, was er sagt, und dann legt er auf.
Ich arbeite an dem Drehbuch, während ich in der Lounge warte. Der Anfang ist total falsch, also schreibe ich ihn noch einmal ganz neu. Aber das Boarding für den Flug beginnt etwas früher, und obwohl wir das Gate einige Minuten zu spät verlassen, wohl ein Problem mit dem Videosystem an Bord, schaffen sie es, die Zeit auf dem Flug wieder aufzuholen, und wir landen sogar etwas zu früh am JFK . Ich
Weitere Kostenlose Bücher