Der große Blowjob (German Edition)
Eric», sagt sie. «Wie geht’s?»
«Gut», sage ich, und gehe hinein. Barry sitzt hinter seinem Schreibtisch, ich nehme Platz auf der Couch. Mir fällt auf, dass der Rauchfresser abgeschaltet ist.
«Was geht?», frage ich. «Wie geht’s uns allen heute Morgen?»
Kurz herrscht betretenes Schweigen, dann hüstelt Barry und sagt: «Uns geht’s gut, Eric, wie geht’s Ihnen?»
«Ich bin gekommen», sage ich. «Also, bringen wir’s hinter uns.» Ich wende mich der Personaltante zu, Helen, und sehe sie ein letztes Mal an. Ihre Augen glitzern nicht feucht. Aber sie wirkt trauriger, als ich sie jemals zuvor gesehen habe.
«Tut mir sehr leid, Ihnen das mitzuteilen, Eric», sagt sie, «aber wir müssen Sie freistellen.»
Drei Minuten später bin ich auf der Lexington Avenue unterwegs zu meiner Chase-Filiale, ein freier Mann. Ich hole mein Handy raus, da ich es wohl noch ein, zwei Stunden lang benutzen kann, ehe sie es sperren. Ich rufe Seth an und sage ihm, dass wir uns im Balthazar zum Frühstück treffen und dass er im Wagen kommen und vernünftig parken soll. «Keine Sorge, ich übernehme die Parkkosten», erkläre ich ihm. Er ist angepisst, weil ich ihn geweckt habe. In Wirklichkeit sollte er von vielem angepisst sein, eingeschlossen die Scheiß-Art, wie ich ihn im Allgemeinen behandele, und zwar ohne Ausnahme. Zuallererst aber sollte er von seinem Vater angepisst sein, weil er die Familie so tief in die Grütze geritten hat, Dr. Namaste erst in einer Wolke von erbärmlichem Reichtum und Privileg aufwachsen zu lassen und dann das gesamte Vermögen in weniger als einem Jahr zu verspekulieren. Ich gehe zu meiner Bank, und eine Stunde später dann sitzen Seth und ich bei Milchkaffee, Bellinis und Eiern Benedikt zusammen, und ich reiche dem bedauernswerten Scheißkerl einen Umschlag mit fünfundzwanzig Tausend-Dollar-Scheinen.
«Fünfundzwanzig?», sagt er. Ich erzähle ihm, dass ich gerade gekündigt habe, mehr habe ich einfach nicht. Er denkt nach. Ich weiß, was ihm durch den Kopf geht, dass ich, da ich gekündigt habe, ihm nun von wenig bis gar keinem Nutzen bin, was einen Werbe-Job für ihn betrifft, zumindest vorläufig. Warum also sollte er sich von mir beim Kaufpreis eines gebrauchten Range Rover über den Tisch ziehen lassen? Andererseits, das hier waren fünfundzwanzig Riesen, von denen seine Eltern eine ganze Weile nichts zu erfahren brauchten. Fünfundzwanzig Riesen für jede Menge handgemachten, maßgefertigten, kuratierten Ziegenkäse ohne Käfighaltung von lokalen Erzeugern, hausgeliefert in sein Drecksloch von Wohnung. Fünfundzwanzig Riesen, mit denen sich die unausweichliche Erkenntnis aufschieben ließ, dass er sein Leben ruiniert hatte, oder seine Eltern sein Leben ruiniert hatten, und dass er jetzt nichts mehr daran ändern und eigentlich nur noch die Fahrt genießen konnte. Er seufzt und wendet den Blick ab, und dann stellt er seinen Milchkaffee eine Spur zu laut ab, woraufhin sich ein Mädchen am Nebentisch umdreht und uns ansieht.
«Fünfundzwanzig? Nie im Leben, das ist scheiße», sagt Seth zu mir. «Wir haben dreißig vereinbart.»
«Na komm schon, Mann», sage ich, «tu deinem Bruder den Gefallen. Ich brauche einen Wagen, Alter. Ich brauche etwas Freiheit. Ich bin eben entlassen worden.»
«Hast du nicht gesagt, du hast gekündigt?»
«Sie waren drauf und dran, mich zu feuern, also habe ich vorher, aus Protest, gekündigt», erwidere ich.
«Aus Protest wogegen? Deine eigene Arschlochigkeit?», sagt er. Das ist ziemlich witzig, aber ich lache nicht. «Und wozu brauchst du ein Auto, wenn du nicht mal einen Job hast?» Ich erkläre ihm, dass ich ohne Job die Zeit habe, in der Gegend rumzufahren und mir alles Mögliche anzusehen. Und er kann mitkommen und wir fahren zu den Niagarafällen oder so.
«Du bist so ein verdammter Lügner, Eric, weißt du das?», sagt er. «Du würdest doch nie zu den Niagarafällen fahren. Und falls doch, würdest du doch mich nicht mitnehmen, sondern irgendeine zweiundzwanzigjährige Barista oder so.» Es geht los, ich weiß, dass nun seine große Eric-Rede kommt. Warum hat er so lange dafür gebraucht? «In Wirklichkeit bist du sogar ein
pathologischer
Lügner», sagt er. «Du bist krank, du brauchst Hilfe. Du laberst diesen ganzen radikalen Müll daher, von wegen, man muss das System von innen unterwandern, Occupy und der ganze Scheiß, dabei bist du in Wirklichkeit der beschissene Feind, Jack, du bist es, der diese ganze systemische,
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