Der große deutsche Märchenschatz
weiÃen Fäusten und warfen es herum, dass dem Fährmann Hören und Sehen verging. Aber da stellte sich der Jüngling ans Steuerruder und stand fest und aufrecht da, und je wilder das Wasser wurde, umso mehr Freude machte es ihm. Endlich legte sich der Sturm, die Wellen wurden immer zahmer und kleiner und zuletzt waren sie ganz still und friedlich, und das Schiff glitt nur so über sie dahin. Am Lande stieg der Jüngling mit seinen Tieren aus und gab dem Schiffer überreichen Lohn. Da sprangen sechs plumpe Riesen mit schweren Eisenstangen herbei, die schrien ihm zu, er müsse ihnen seine linke Hand als Zoll geben, wenn er durch ihr Land wolle. »Sogleich sollt ihr sie haben«, rief der Jüngling, hob sein Schwert und hui sagte es, da wussten vier von den Riesen nicht mehr, wo ihnen der Kopf stand; die zwei anderen nahm der Löwe zum Frühstück und fraÃ, als ob er in acht Tagen nichts mehr bekommen sollte.
Immer weiter ging nun die Reise über Berg und Tal, bis sie an ein drittes Wasser kamen. Da lag ein mächtig groÃes Schiff vor Anker und am Strande stand des Schiffers Haus. Der trat heraus, grüÃte den Jüngling und bot ihm Obdach und Labsal. Das lieà er sich gefallen, denn in den Bergen und Tälern war er keinem Wirtshaus begegnet und sein Magen knurrte. Nachdem er sich gestärkt hatte, fragte er den Schiffer, wie das Wasser heiÃe und wie weit es bis zum goldnen Königreich sei? »Das Wasser heiÃt das Allerschlimmste«, sprach der Schiffer, »weil noch kein Schiff hat hinüberfahren können. Aber wenn man auch drüben wäre, dann hat man immer noch nicht gewonnen, denn da liegen neun Riesen, die lassen nicht mit sich spaÃen; sie fordern von jedem die FüÃe als Zoll, der in das goldne Königreich will, und mit denen wird niemand so leicht fertig.« â »Die Riesen kümmern mich nicht, wenn ihr mich nur überfahren wollt.« â »Dazu ist mir mein Schiff und mein Leben zu lieb«, erwiderte der Schiffer, aber als der Jüngling anfing, aus der Börse blanke Goldtaler auf den Tisch zu zählen, wurde der Fährmann immer mutiger, und als der Tisch vollgezählt lag, sprach er: »Nun ich willâs wagen.«
Da stieg der Jüngling mit seinen Tieren in das Schiff, der Fährmann folgte und die Segel schwollen im frischen Winde. Plötzlich aber brach der Sturm los. Das Wasser wurde wie ganz schwarz, die Wellen gingen turmhoch und packten das Schiff, als ob sie es zermalmen wollten. Dazu zischten die Blitze, sodass der Himmel wie ein Feuermeer schien, der Donner folgte sich Schlag auf Schlag, kurz, es war, als solle die Welt untergehen. Der Schiffer jammerte und schrie, die Tiere wimmerten vor Angst, nur der Jüngling war ruhig und kalt. Als der Schiffer zuletzt gar alles verloren gab, als die Segel rissen, der Mast brach und keine Rettung mehr möglich schien, da fasste er das Steuerruder und hielt an demselben aus, bis die Wut des Sturmes sich legte, die wilden Wasser sich ebneten und die Sonne wieder hinter den Wolken hervortrat. Da lag das Riesenland vor ihnen, der Jüngling beschenkte den Fährmann noch einmal reichlich und machte sich mit seinen Tieren auf den Weg.
Er war nicht weit gegangen, da kamen die neun Riesen schon herangepoltert, schwenkten ihre dicken Eisenstangen über den Köpfen und schrien alle durcheinander: »Deine FüÃe müssen wir als Zoll haben! Her deine FüÃe! Deine FüÃe her!« â »Ei schreit nicht so toll, ich höre es ja schon«, rief der Jüngling. »Wer will meine FüÃe haben?« â »Wir wollen sie haben«, schrien die vier Ersten und wollten über ihn herfallen, aber hui sagte das Schwert und da waren sie alle vier mäuschenstill. Dann lief er zu den fünf andern, die nicht so schnell gelaufen waren, hui pfiff das Schwert und da lagen wieder drei da, die zwei letzten nahm der Löwe zum Mittagsbrot und fraÃ, dass er nicht mehr von der Stelle konnte.
Voller Freude schaute der Jüngling um sich, und da lag in der Ferne eine wunderschöne Stadt, die strahlte und leuchtete in der Sonne wie reines Gold. Er ruhte einen Augenblick aus, dann spornte er sein Ross und sprengte auf die Stadt zu, aber je näher er kam, umso weniger konnte er den Glanz aushalten. »Das muss das goldne Königreich sein«, sprach er, »oder ich finde es nie«, und er hatte recht, denn es war die Hauptstadt
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