Der große deutsche Märchenschatz
Erdkühlein samt dem Gretlein heimführen. Dann wollen wir das Kühlein schlachten und essen.«
Alles das wusste das Erdkühlein wohl, und als es des Abends spät heimkam, sagte es weinend zum Maidlein: »Ach, ach, mein allerliebstes Gretlein, was hast du getan, dass du deine falsche Schwester hast eingelassen und ihr gesagt, bei wem du bist? Und nun sieh, deine schlimme Mutter und Schwester werden nächste Woche herkommen und mich und dich heimführen. Mich werden sie schlachten und essen, dich aber bei ihnen behalten, wo du übler gehalten werden wirst denn nie zuvor.«
Nach solchen Reden stellte sich das Erdkühlein so kläglich, dass das arme Maidlein anfing zu weinen und vor Traurigkeit zu sterben glaubte, und sie bereute sehr, dass es seine Schwester eingelassen hatte. Doch das Erdkühlein tröstete es und sprach: »Nun wohlan, liebs Maidlein, dieweil es nun schon geschehen ist, so kann es nicht ungeschehen gemacht werden. Darum tu, was ich jetzt sage: Wenn mich der Metzger totgeschlagen hat, so steh da und weine. Wenn er dich dann fragt, was du willst, dann sag ihm: âºIch will gern meines Kühleins Schwanz.â¹ Den wird er dir geben. Wenn du den hast, so fang an zu weinen und begehr das eine Horn von mir. Wenn du es auch erhalten hast, so weine abermals. Wenn man dich dann fragt, was du willst, so sprich: âºIch wollt gern meines Kühleins Schühlein.â¹ Wenn du das hast, so geh hin, setz den Schwanz in die Erde, auf den Schwanz das Horn und auf das Horn setz das Schühlein, und geh nicht weg bis an den dritten Tag! Und am dritten Tag wird ein Baum daraus geworden sein. Der wird Sommer und Winter die schönsten Ãpfel tragen, die ein Mann je gesehen hat. Und niemand wird sie abbrechen können denn du allein, und durch diesen Baum wirst du zu einer groÃen mächtigen Frau werden.«
Als man nun das Kühlein schlachtete, stand das Margaretlein und begehrte all die Dinge, die ihm sein Kühlein aufgetragen, und die wurden ihm auch gegeben. Und es ging hin, steckte es in die Erden, und am dritten Tag war ein schöner Baum daraus gewachsen. Nun begab es sich, dass ein gewaltiger Herr vorbeiritt. Der führte seinen Sohn mit sich, der das Fieber oder kalt Wehe hatte. Und als der Sohn die schönen Ãpfel sah, sprach er: »Mein Herr Vater, lasst mir Ãpfel bringen von diesem Baum. Mir ist, als würde ich davon gesund werden können.« Sofort rief der Herr, man sollte ihm Ãpfel bringen, er wollte sie gar teuer bezahlen.
Die ältere Tochter ging zunächst zum Baum und wollte Ãpfel davon brechen. Da bogen sich die Ãste allesamt in die Höhe, sodass sie gar keinen erlangen konnte. Da rief sie nach der Mutter und forderte sie auf, Ãpfel zu brechen und dem Herrn zu geben. Als aber die arge Frau Ãpfel abbrechen wollte, bogen sich die Ãste noch viel höher auf. Der Herr sah das alles wohl und verwunderte sich heftig.
Und zuletzt kam das Margaretlein zum Baum, Ãpfel zu brechen, und zu ihm neigten sich die Ãste, und es lieÃen sich die Ãpfel willig abbrechen. Das verwunderte den Herrn noch viel mehr, und er meinte, sie wäre vielleicht eine heilige Frau, rief nach ihr und fragte sie nach dem Wunder. Und ihm erklärte die gute Tochter die ganze Handlung, was es mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und dem Erdkühlein auf sich hatte, von Anfang bis Ende.
Nachdem der Herr die Sache vernommen hatte, fragte er die Jungfrau, ob sie mit ihm davon wollte. Damit war die gute Tochter wohl zufrieden, grub ihren Baum aus und setzte sich samt ihrem Vater auf den Wagen zu dem Herrn. Von dem wurden sie freundlich und ehrlich empfangen, fuhren hin und lieÃen ihre schalkhaftige Mutter und Schwester sitzen.
Der starke Hans
Es war einmal eine groÃe Frau, die groÃe Beth, die hatte einen Buben, der, obschon er erst sieben Jahre alt war, schon der starke Hans hieÃ. »Wir sind arme Leute«, sagte die Mutter einst zu ihm, »drum musst du beizeiten arbeiten und fremdes Brot essen lernen. Die Bauern nehmen ohnedies nur starke Leute in den Dienst. Geh also in den Wald und bringe mir eine tüchtige Tracht Holz heim, dann will ich dir sagen, ob du in die Fremde taugst.«
Hansli tat es, traurigen Herzens über den ihm so nahe stehenden Abschied; und wie er seine Bürde Holz heimbrachte, war sie gar klein. Darüber wurde er und die Mutter froh, denn er war noch zu schwach und durfte noch weitere
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