Der große deutsche Märchenschatz
Jammergestalt des hungrigen Weibes an der Tür und bettelte um ein Stücklein Fleisch. Sie erhieltâs. Allein, sobald sie ihm auf den Rücken springen wollte, hatte sich Hans schon vorgesehn. Er packte sie mit einer Hand und schwang sie so lange in der Luft herum, bis ihr der Atem ausging. Dann band er sie und warf sie hinab, wo die andern gelegen. Da lag denn nun das schief geschnürte Bündel unter dem Herd. Sehr frühzeitig kamen heut die beiden Kameraden heim; sie lachten schon im Voraus über die Prügel, die Hans aufgelesen haben musste. Da sahen sie denn das Gegenteil.
Aber Hans wollte von seinem Abenteuer auch einen Nutzen haben. Er lieà die Hexe unterm Herd nicht eher los, als bis sie ihm ein Geheimnis entdeckt hatte. Hier im Berge, auf dem das Häuschen stand, war ein tiefes Felsenloch, das hinunterführte zu einem wunderbaren Schlosse.
Eine Prinzessin wohnte drinnen, von Drachen bewacht, und wer diese besiegte, gewann samt den Schätzen die Hand der Königstochter. Die drei gingen zur Höhle und bestimmten durch das Los, wer von ihnen zuerst am Seile hinuntergelassen werden sollte. Hans machte den Anfang. Drunten fand er das Schloss, ganz aus Gold und Edelstein gebaut, alsdann die Prinzessin selbst. Diese stellte ihm Wein und Brot vor, dadurch wurde er noch dreimal stärker als zuvor. Dann gab sie ihm das stärkste Schwert, mit dem er den Drachen schlagen sollte. Dieser fuhr auch bald mit furchtbarem Getöse herab und spie einen Feuerstrom aus dem Rachen. Mit einem Hiebe schlug ihm Hans den Kopf ab, aber von dem Feuerstrom ergriffen, sank auch er zu Boden. Die Prinzessin eilte herbei und labte ihn wiederum mit Wein und Brot; er erwachte aus seiner Betäubung und fühlte sich nun noch dreimal stärker als vorher. Dies war aber auch dringend notwendig; denn alsbald erhob sich neues Getöse, und der zweite Drache kam herabgefahren, noch feuriger und gröÃer als der erste. Der Kampf begann, das Schloss bebte und dröhnte, Qualm verfinsterte die ganze Luft, doch Hans mit seinem Machtschwert hieb in das Untier, dass das Blut in Strömen floss. Sausend fuhr sein Schwert durch die Luft, und der Schädel des Ungeheuers war vom Rumpfe getrennt.
Doch auch dem Tapferen schwanden die Sinne, ohnmächtig lag er neben dem Erlegten. Und wiederum war die Prinzessin da, abermals stärkte sie ihn mit Wein und Brot und brachte ihn dadurch ins Leben zurück; dann lieà sie ihn durch ihre Dienerinnen in ein gutes, schönes Bett bringen, und da ruhte und schlief er sich aus bis zum hellen Morgen. Jetzt übergab ihm die Prinzessin das dritte Machtschwert, das alle andern an Güte und GröÃe übertraf, nachdem er durch Speise und Trank abermals an Stärke dreifach gewachsen war, und kündete ihm an, dass nun der dritte und gröÃte Drache zu bestehen sei. Noch einmal rief sie ihm Mut zu, zeigte ihm, wie sie beide nur die Wahl hätten zwischen namenlosem Glück und Unglück, und ging dann schluchzend hinweg. Nun kam der dritte Drache heruntergefahren, brausend und sausend, Glut und Dampf aus dem Rachen speiend. Volle drei Stunden dauerte der Kampf, das Untier verblutete, Hans lag unbeweglich hingesunken. Als es stille geworden, kam die Prinzessin herbeigeeilt; unter ihren Worten und Küssen schlug er wieder die Augen auf, wurde verpflegt und erholte sich. Dann erhoben die Dienerinnen einen wunderbaren Gesang, eine liebliche Musik rauschte durch das Schloss, dass Hans bei seiner Prinzessin in Glück und Freude sich kaum fassen konnte. So machten sie sich alle bereit, mit dem nächsten Morgen die Hochzeit zu halten.
Der Glasbrunnen
Auf einem Schlosse wohnte eine Jungfrau, die war so schön, man konnte auf der Welt nichts Schöneres sehn. Sie hatte dunkelbraune Haare, und ihre Augen waren so glänzend schwarz, dass man fast so wenig dareinblicken konnte wie ins liebe Sonnenlicht. Die Jungfrau hatte aber ein hochmütiges Herz, und alle Freier, die auf das Schloss kamen, wies sie schnöde von hinnen; und wenn es die reichsten Grafensöhne waren, so wurden sie doch nur eine Zeit lang zum Besten gehalten und dann unter Hohn und Spott verabschiedet wie die andern, auf Nimmerwiedersehen. Das ging nun so, solang es ging.
Eines Tages kam ein Jüngling, der gefiel der Jungfrau heimlich über die MaÃen wohl. Ihr stolzes Herz lieà ihr aber nicht zu, dass sie es gestanden hätte; und so lieà sie ihn Geschenke auf
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