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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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sieben Jahre daheimbleiben. Als diese um waren, wurde er zum zweiten Male ins Holz geschickt. Jetzt aber war es anders mit ihm. Die Tannen riss er aus, als ob es Stauden wären, und heimgetragen brachte er sie wie einen Federwisch.
    Jetzt hatte die Mutter auf ein ganzes Jahr Brennholz genug, und Hans konnte nun sein Ränzel schnüren und dem nächsten Bauernhof zuwandern. Hier waren schon zwei Knechte im Dienst und man brauchte keinen dritten. Der Hans aber wurde dennoch angenommen, denn er verlangte vom geizigen Bauern keinen Lohn, sondern stattdessen nur das Recht, alljährlich eine Ohrfeige austeilen zu dürfen.
    Die erste Arbeit, bei der er mithalf, war im Walde; es wurde Holz gefällt und heimgefahren. Aber der Wagen war bereits überladen und die Rosse brachten ihn nicht vom Fleck. Da warf Hans die Rosse zu den Baumstämmen auf den Wagen hinauf und brachte ihn wie im Sturmwind vors Haus gerollt. Der Bauer sah es, kratzte sich in den Haaren und dachte mit Schauder an die Jahresohrfeige. Aber er ließ sich nichts merken, sondern setzte sich mit Hans zu Tische. Hier tat Hans abermals das Seine, der Bauer kratzte sich abermals in den Haaren, denn dieser Knecht würde ihn binnen Jahresfrist von Haus und Hof essen.
    Nun fiel ihm ein, wie er sich seiner entledigen könnte. »Meine Frau«, sagte er zu ihm, »hat vor etlichen Tagen ihren Ehering draußen in den Ziehbrunnen fallen lassen, steig hinunter und hol ihn wieder herauf.« Hans tat es. Kaum war er drunten, so schüttete der Bauer mit seinen Knechten eine ganze Ladung Steine hinab.
    Â»Weg mit den Hühnern da droben«, rief eine Stimme herauf, »sie scharren Sand in den Brunnen!« Der Bauer musste zu einem gewichtigeren Mittel greifen; er ließ die Glocke aus der Kapelle herabnehmen und in den Brunnen werfen, die musste den ganzen Hans zudecken. »Ei, was für ein artiges Käppchen für mich!«, lautete es zum zweiten Mal aus der Tiefe herauf. Jetzt gab’s keinen andern Rat, als den Mühlstein hinabzulassen. – »Halt!«, schrie der drunten, »da hab’ ich ja den Ehering; geht mir aus dem Licht droben, ich komme!« Die Glocke auf dem Kopfe und den Mühlstein am Ringfinger kam Hans heraufgestiegen.
    Der Bauer dachte abermals an die einbedungene Ohrfeige und schenkte dem Hans nun so viel Geld und Gut, als dieser brauchte, um weiter in die Welt zu ziehen.
    Seines Weges gehend fand er zwei Kameraden, einen Jäger und einen Fischer, die ohne Dienst waren wie er. Er wanderte einen Tag mit ihnen, doch statt Dörfer und Herbergen trafen sie nichts als ein kleines, wunderliches Haus. Es war unbewohnt und sie übernachteten hier. In aller Frühe weckte sie der Hunger. Nichts als ein Kochkessel und ein geringes Stück Fleisch war hier vorrätig, dies genügte nicht für alle drei. Der Fischer sollte es ans Feuer tun und kochen, indessen gingen der Jäger und Hans in den Wald, um besseren Vorrat herbeizuschaffen. Unser Koch hing den Kessel übers Feuer – da schlich ein kleines, hässliches Weib herzu. Sie hatte ein rotes Jüpplein an und auf dem Kopf eine Beginenhaube und bat flehentlich um ein winziges Stücklein Fleisch. Der gute Fischer bückte sich schon, ihr ein Stück im Kessel abzuschneiden, da, husch, saß sie ihm auf dem Rücken, drückte und ritt ihn und zerkratzte ihm jämmerlich das Gesicht. Er kroch zuletzt unter den Herd hinunter. Die Alte verschwand, das Feuer ging aus.
    Gegen Abend kamen die beiden Kameraden heim. Glücklicherweise hatten sie einen Bären erlegt und hatten nun, nachdem er ausgeweidet, zerlegt und gekocht war, doch etwas zu essen.
    Der Morgen kam, und nun ging der Fischer mit dem Hans auf die Jagd, der Jäger hütete das Haus und besorgte das Essen. Darüber geschah ihm, was man schon weiß. Die Alte in der roten Jüppe kam herbeigeschlichen, und während er ihr ein Stück Fleisch abschnitt, sprang sie ihm auf den Rücken, zerkratzte ihn und warf ihn zum Schlusse unter den Herd.
    Da lag er noch drunten, als die zwei andern abends heimkamen und nach dem Essen fragten. – So kam der dritte Tag. Keiner der Geprügelten hatte indessen den andern ein Wörtchen verraten, jeder verbiss seine Schmerzen und freute sich im Stillen darauf, dass auch an den nächsten die Reihe kommen werde. Heute blieb nun Hans daheim, Jäger und Fischer gingen in den Wald. Sobald er am Kochen war, klopfte die

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