Der grosse eBook-Raetselkrimi
nichts.
Buch 1
Polizeipräsidium München, Montag, 8.30 Uhr
F rau Gärtner, jetzt lassen Sie mich doch mit dem alten Schmarrn in Frieden, bitte schön. Am Montag in der Früh. Unsere Kunden aus den Siebzigern müssen wir wirklich nicht durchgehen. Die schauen doch schon längst alle die Radieserl von unten an.« Anselm Plank schaute verzweifelt hinter seinen dreifachen Tränensäcken hervor. Seit Wochen schleppte die junge Vorzeigebeamtin Aktenkiste um Aktenkiste aus dem Archiv und löcherte ihn mit Fragen zu längst abgeschlossenen oder aufgegebenen Fällen. In einer Übersprungshandlung kratzte er sich unter dem schafwollenen Pollunder ausgiebig an der linken Schulter.
»Stelle merken und waschen, Herr Erster Kriminalhauptkommissar. Archivieren Sie eigentlich auf diesem Pollunder den Kantinenplan des Monats? Und ist es Ihnen da drin nicht irre warm im Sommer?«
»Frau Gärtner. Erstens: Naturwolle schafft ein angenehmes Körperklima. Wärmt im Winter und kühlt im Sommer. Fragens mal ein Schaf. Zweitens: Wir sind hier bei der Polizei in München und nicht beim Lagerfeld in Paris. Auch wenn man das neuerdings nicht allen Leuten da herinnen ansieht. Was habens denn heute wieder an? Hamma Fasching? Gehens Maschkera?«
Kriminaloberkommissarin Stephanie Gärtner lachte laut los. »Was ist mit meinem Mascara?«
»Maschkera … mit ›sch‹. Narren bei Ihnen, wahrscheinlich. Bei uns, also wo ich herkomme, geht der Fasching auf venezianische Ursprünge zurück. Darum Maschkera. Gar nicht so schlecht, Ihre Assoziation mit Mascara. ›Maschera‹ ist das italienische Wort für Maske. Und wir Werdenfelser verwenden das Wort, wenn wir uns im Fasching verkleiden. Und Sie, liebe Frau Gärtner, wenn Sie sich die Wimpern tuschen. Sind Sie heute allerdings wieder mit dem Gesicht in den Malkasten gefallen? Das haben Sie doch gar nicht nötig. Als natürliche Schönheit.«
»War das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung? Ich werde euch Bayern nie verstehen. ›Hinterfotzig‹ – das seid ihr doch meistens, wenn ihr jemandem etwas Nettes sagt.«
»Dann haben Sie das Wichtigste doch schon gelernt, Frau Gärtner.«
»So nett die kleinen Stildiskussionen mit Ihnen auch sind, aber gehen wir nicht lieber die Akten aus den Siebzigern durch, Herr Plank?«
»Das ist pure Zeitverschwendung, das wissen Sie schon, Frau Gärtner. Also, jetzt zeigens schon her, was sie da im Keller ausgegraben haben.«
»Geht doch, Herr Plank.«
Der altgediente Kriminalbeamte Anselm Plank wunderte sich immer wieder, was er sich von der Anwärterin auf seinen Abteilungsleiterposten alles gefallen ließ. Die nur halb so alt an Lebensjahren war. Und gemessen an Dienstjahren ein Baby - im Vergleich zu ihm. Die von oben, aus dem Norden, gekommen war. Und die sich so ins Zeug gelegt hatte, dass sie innerhalb von zwei Jahren auf der offen verheimlichten Liste seiner potenziellen Nachfolger als Leiter der Zielfahndung im Münchner Polizeipräsidium ganz oben stand.
Dass Kriminaloberkommissarin Stephanie Gärtner aus Pattensen-Hüpede bei Hannover auf den Ersten Kriminalhauptkommissar Anselm Plank aus Wamberg bei Garmisch-Partenkirchen folgen würde, fanden nicht einmal auf der traditionellen Bullenfaschingsfeier im Löwenbräukeller alle Kollegen lustig. Dort hatte sich dann auch im Februar des Jahres ihr schärfster Konkurrent, der ihr an Ehrgeiz und Fahndungserfolgen in nichts nachstehende Kriminalhauptkommissar Theodoros Dimitriou Koralis selbst aus dem Rennen geworfen. Vor versammelter Mannschaft des Dezernats hatte er Stephanie Gärtner ein Verhältnis mit dem Polizeioberrat M. vorgeworfen. Zu einem Zeitpunkt, als er bereits etliche Jägermeister Bull zu viel hatte. Leider hatte die zufällig in der Nähe stehende Polizeigewerkschaftshauptsekretärin Helga Braunmüller aufgrund einer Magenverstimmung noch etliche Asbach Cola zu wenig, um die Sache zu vergessen und nicht am nächsten Tag ein Riesentrara daraus zu machen - inklusive Dienstaufsichtsbeschwerde und Eintrag in Koralis’ Personalakte. Damit war in genderneutralen Zeiten wie diesen die Leitung eines Dezernates für den Karrierepolizisten in weite Ferne gerückt. Sein sowieso angespanntes Verhältnis zu Stephanie Gärtner hatte sich dadurch nicht gerade in eine Liebesbeziehung verwandelt.
»Also, das sind ja meine ersten Fälle hier. Sie wollen’s aber genau wissen. Ihnen geht’s ja gar nicht um die Geschichten der schlimmen Buben. Sondern um mich. Es ist mein Leben, das Sie
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