Der Grosse Eisenbahnraub: Roman
kleinen Hof hinter den Stallungen. Hier sah Pierce drei kreisrunde Kampfplätze für Rattenund Hundekämpfe, die mit Holz verschalt waren. Sie maßen etwa sechs Fuß im Durchmesser. Ringsherum Hunde in Käfigen. Die Hunde jaulten und kläfften, als sie die Männer sahen.
»Sehr teuer, ein abgerichteter Hund«, sagte Johnson. »Es braucht ein sehr langes Training, bevor man einen guten Kampfhund hat. Ich will Ihnen mal sagen, wie wir das machen. Erst geben wir den Hund zu einem Straßenhändler, der ihn Tag um Tag am Karren mitlaufen läßt. Damit er Ausdauer bekommt, verstehen Sie?«
»Ich verstehe«, sagte Pierce ungeduldig, »aber ich …«
»Dann«, fuhr Johnson fort, »dann stecken wir ihn zu einem zahnlosen alten Hund in den Käfig – oder auch zu einem jungen
ohne Zähne, wie wir es zur Zeit tun müssen. Unseren bisherigen Trainingshund haben wir nämlich vor vierzehn Tagen verloren. Darum benutzen wir jetzt diesen hier« – er deutete auf einen der eingepferchten Hunde.
»Wir haben ihm alle Zähne herausgebrochen, damit er diese Aufgabe übernehmen kann. Ein sehr guter Trainingshund, übrigens, er weiß genau, wie er einem Neuling zu schaffen machen kann – sehr lebhaft, dieser Bursche, wirklich.«
Pierce betrachtete den Trainingshund, ein junges und gesun des Tier, das kräftig bellte. All seine Zähne waren herausgebrochen worden, was ihn aber nicht davon abhielt, zu knurren und drohend die Lefzen zurückzuziehen. Der Anblick brachte Pierce zum Lachen.
»Ja, ja, ich weiß, sieht ein bißchen lächerlich aus«, sagte Johnson und ging um den Käfig herum. »Aber hier, bei diesem, sieht es wieder anders aus. Bei dem hier ist es kein Spaß. Das ist garantiert der beste ›Reizhund‹ in ganz London.«
Es war ein Bastard, größer als eine Bulldogge, an bestimmten Stellen waren die Haare wegrasiert. Pierce kannte das Verfahren: Ein junger Hund wurde zunächst in Sparringkämpfen mit einem alten und zahnlosen Veteranen trainiert. Dann wurde er zusammen mit einem ›Reizhund‹ in die Arena geschickt, einem Tier, das man zu opfern bereit war, das aber doch guten Kampfgeist besaß. Im Verlauf der Sparringkämpfe mit dem Reizhund erwarb der Anfänger dann die Fähigkeiten, die er brauchte, um in einem Kampf auf Leben und Tod zu bestehen. Die übliche Praxis bestand darin, daß man beim ›Reizhund‹ die verletzlicheren Körperteile rasierte und so den Neuling reizte, diese Stellen anzugreifen.
»Dieser Bursche«, sagte Johnson, »dieser Reizer hat bei mehr Champions Spuren hinterlassen, als Sie zählen können. Sie kennen Mr. Benderbys Hund, der vergangenen Monat den Killer von Manchester bezwungen hat? Nun, dieser Reizer hier hat Mr. Benderbys Hund trainiert.
Übrigens auch den Hund von Mr. Starrett und – ach, noch ein Dutzend andere, sämtlich erstklassige Kampfhunde.
Jetzt kommt also Mr. Starrett persönlich zu mir und will genau diesen Reizer kaufen. Sagt mir, er braucht ihn, um ein paar Dachse aufzustöbern. Wollen Sie wissen, was er mir geboten hat? Fünfzig Pfund bietet er mir. Und wissen Sie, was ich ihm sage? Um keinen Preis der Welt, sage ich, diesen Reizer gebe ich doch nicht für fünfzig Pfund her.«
Johnson schüttelte betrübt den Kopf.
»Als Dachshund würde ich sowieso keinen hergeben«, sagte er. »Dachse sind keine Gegner für einen richtigen Kampfhund. Nein, nein. Ein richtiger Kampfhund ist was für Hunde oder, wenn es denn sein muß, auch für Ratten.«
Er sah Pierce von der Seite an. »Sie wollen doch einen Hund für Rattenkämpfe? Wir haben besonders ausgebildete Rattenhunde«, sagte Mr. Johnson. »Eine Spur weniger teuer, wissen Sie. Ich wollt’s nur gesagt haben.«
»Ich will Ihren besten abgerichteten Hund.«
»Und Sie sollen ihn haben, mein Wort darauf. Der hier ist’s, der ist ein wahrer Teufel, da haben Sie ihn.« Johnson blieb vor dem Käfig stehen. Pierce sah eine Bulldogge, die etwa vierzig Pfund wiegen mochte. Der Hund knurrte, rührte sich aber nicht. »Sehen Sie den? Der hat Selbstbewußtsein, sage ich Ihnen. Hat einoder zweimal schon kräftig hingelangt, und gut abgerichtet ist er außerdem. Böse, wie ich nie einen gesehen habe. Manche Hunde haben nun einmal den Instinkt, wissen Sie – man kann ihnen das nicht beibringen. Sie haben einfach den Instinkt, sich ein Maulvoll zu holen, die gehen ran. Das hier ist so einer, der hat den Instinkt.«
»Wieviel?« fragte Pierce.
»Zwanzig Pfund.« Pierce zögerte.
»Mit der beschlagenen Koppelleine, mit dem
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