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Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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wie ein Verschwörer vor. »Sie sind für Schottland bestimmt, verstehen Sie?«
    »Schottland?«
    »Ja, für Schottland.«
    »Ah, so ist das, ich verstehe, natürlich«, sagte Harkins, dem deutlich anzusehen war, daß er kein Wort glaubte.
    Der Herr mit dem roten Bart leistete eine Anzahlung und verabschiedete sich. Er ließ den Aalhäuter in einem Zustand tiefer Verblüffung zurück. Harkins wäre noch verblüffter gewesen, hätte er gewußt, daß sein Kunde noch vier andere Lieferanten aufgesucht hatte, nämlich in Newcastle, Birmingham, Liverpool und London, und bei jedem von ihnen eine
    Bestellung über die gleiche Menge aufgegeben hatte. Er hatte also insgesamt zweihundertfünfzig Pfund Bleikugeln geordert. Was konnte jemand mit dieser Menge anfangen?

Der let z te Schliff
    Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen in London sechs Morgenzeitungen, drei Abendzeitungen und zwanzig bedeutende Wochenblätter.
    Die Presse war jetzt so mächtig geworden, daß sie die öffentliche Meinung entscheidend zu beeinflussen begann und auch den Gang politischer Ereignisse. Welche überraschenden Auswirkungen dieser Einfluß haben konnte, wurde im Janaur 1855 schlagartig deutlich.
    Der erste Kriegsberichterstatter der Geschichte, William Howard Russell, befand sich mit den Truppen der Krim Expedition in Rußland. Seine Berichte an die Times hatten in der Heimat Stürme der Entrüstung ausgelöst. Der katastrophale Sturmangriff der Light Brigade, der Totenritt von Balaklawa, der verheerende russische Winter, in dem die britischen Truppen, da es ihnen an Nahrungsmitteln wie an Medikamenten fehlte, hohe Verluste hinnehmen mußten – über all das wurde einer von wachsendem Zorn erfüllten Öffentlichkeit durch die Presse berichtet.
    Im Januar jedoch wurde der Oberkommandierende der britischen Truppen, Lord Raglan, schwer krank, und Lord Cardigan – »hochmütig, reich, selbstsüchtig und dumm«, der Mann, der seine Light Brigade wagemutig in die Katastrophe geführt hatte, um dann auf seine Yacht zurückzukehren, Champagner zu trinken und sich auszuschlafen –, dieser Lord Cardigan also war jetzt nach England zurückgekehrt. Die gesamte Presse feierte ihn als großen Helden.
    Das war eine Rolle, die er nur allzugern spielte. In der Uniform, die er bei Balaklawa getragen hatte, wurde er in jeder Stadt von Menschenmassen umschwärmt. Seinem Pferd wurden die Schweifhaare einzeln ausgezupft. Londoner Textilhändler kopierten die Wolljacke, die er auf der Krim getragen hatte – den sogenannten »Cardigan« – und setzten mehrere tausend Stück ab.
    Der Mann, der von seinen Soldaten als »der gefährliche Esel« bezeichnet wurde, reiste durchs Land, um voller Stolz Reden zu halten und zu erzählen, wie er den Angriff geführt hatte. Im Laufe der Zeit wurde er bei seinen Reden immer häufiger von seiner eigenen Begeisterung überwältigt, so dass er Erholungspausen einlegen mußte. Die Presse hörte nie auf, sein Loblied zu singen. Spätere Historiker haben ihn kräftig gebeutelt, aber damals war von einer Kritik nicht einmal in Ansätzen etwas zu spüren.
    Wenn aber schon die Presse sich als launenhaft erwies, so war der Geschmack der Massen es noch mehr. Trotz all der alarmierenden Meldungen aus Rußland zeigten sich die Londoner am meisten von den im Januar veröffentlichten Berichten über einen menschenfressenden Leoparden fasziniert, der die Provinz Naini Tal im Norden Indiens in der Nähe der burmesischen Grenze in Schrecken hielt. »Der Menschenfresser von Panar« hatte angeblich über vierhundert Eingeborene getötet. Die Berichte darüber zeichneten sich durch beachtlichen, ja gespenstischen Detailreichtum aus. So schrieb etwa ein Korrespondent: »Die bösartige Bestie von Panar tötet aus Blutdurst und nicht aus Hunger. Sie frißt kaum etwas von den Leichnamen ihrer Opfer. Allerdings hat sie vor zwei Wochen den Oberkörper eines Kleinkinds verschlungen, das sie zuvor aus seiner Wiege raubte. Tatsächlich sind meist Kinder unter zehn Jahren dieser Bestie zum Opfer gefallen, Kinder, die das Unglück hatten, sich nach Einbruch der Dunkelheit allzuweit von der Mitte ihres Dorfes zu entfernen. Erwachsene Opfer werden meist schwer verstümmelt und sterben später an ihren eiternden Wunden. Mr. Redby, ein Großwildjäger aus der Gegend, sagt, diese Infektionen würden durch die verwesenden Fleischreste zwischen den Krallen der Bestie verursacht. Der Killer von Panar ist ein außergewöhnlich starkes Tier. Einmal wurde

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