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Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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auftauchen.
    »Achtunddreißig … neununddreißig … vierzig …«
    Schnell preßte Agar den zweiten Schlüssel ins dritte Wachsplättchen. Er hielt ihn nur einen winzigen Augenblick dort, dann zog er ihn heraus. Der Schlüssel hatte einen hübschen Abdruck hinterlassen.
    »Einundvierzig … zweiundvierzig … dreiundvierzig …« Agar steckte das Plättchen in die Tasche und zog das vierte heraus. Er preßte die andere Seite des Schlüssels in das weiche Wachs.
    »Vierundvierzig … fünfundvierzig … sechsundvierzig … siebenundvierzig …«
    Plötzlich, als Agar dabei war, den Schlüssel aus dem Wachs herauszulösen, brach das Plättchen entzwei.
    »Verdammt!«
    »Achtundvierzig … neunundvierzig … fünfzig …«
    Agar fischte in seiner Hosentasche nach einem neuen
    Wachsplättchen. Feine Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.
    »Einundfünfzig … zweiundfünfzig … dreiundfünfzig …«
    Er zog ein frisches Plättchen aus der Tasche und machte einen neuen Abdruck von der zweiten Seite.
    »Vierundfünfzig … fünfundfünfzig …«
    Er löste den Schlüssel heraus, hängte ihn an den Haken und rannte zur Tür. Den letzten Abdruck hielt er noch in der Hand. Er verließ das Büro, ohne Willy noch einen Blick zu gönnen.
    »Sechsundfünfzig«, sagte Willy und eilte zur Tür, um sie abzuschließen.
    Pierce sah, daß Agar volle fünf Sekunden später aus dem Büro herauskam, als geplant. Sein Gesicht war rot vor Anstrengung.
    »Siebenundfünfzig … achtundfünfzig …«
    Agar sprang die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal. »Neunundfünfzig … sechzig … einundsechzig …«
    Agar spurtete mit mächtigen Sätzen zu seinem Versteck.
    »Zweiundsechzig … dreiundsechzig …« Agar war in Sicherheit.
    Der Nachtwächter kam gähnend um die Ecke. Er nestelte noch an seinen Hosenknöpfen herum und ging auf die Treppe zu.
    »Vierundsechzig«, flüsterte Pierce und drückte auf die Stoppuhr.
    Der Wachmann nahm wieder seinen Posten auf der Treppe ein. Einen Augenblick darauf fing er an, leise vor sich hin zu summen, und es dauerte einige Zeit, bis Pierce aufging, welches Lied er summte: Molly Malone.

Im Casino de Venise
    »Niedrige Habsucht und ehrliches Gewinnstreben liegen oft dicht beieinander«, schrieb Reverend Noel Blackwell warnend in seiner 1853 veröffentlichten Abhandlung Über den sittlichen Fortschritt der Menschheit . Niemandem war die Wahrheit dieser Worte geläufiger als Pierce, der seine nächste Verabredung im Casino de Venise in der Windmill Street hatte. Dies war ein großer, stets gutbesuchter Tanzsaal, den Myriaden von Gaslampen in helles Licht tauchten. Junge Männer wirbelten fröhliche junge Mädchen in farbenfrohen Kleidern herum. In der Tat, das Lokal machte einen eleganten und prächtigen Eindruck und schien seinen üblen Ruf, ein Treffpunkt von Dirnen und ihrer Klientel zu sein, nicht zu verdienen.
    Pierce ging schnurstracks zur Theke, wo ein stämmiger Mann in einer blauen Eisenbahneruniform über ein Glas gebeugt saß. Der Mann fühlte sich in dieser Umgebung sichtlich unwohl. »Sind Sie schon einmal hier gewesen?« fragte Pierce.
    Der Mann drehte sich um. »Sind Sie Mr. Simms?«
    »So ist es.«
    Der stämmige Mann ließ seinen Blick durch den Saal schweifen, betrachtete die Frauen, den Glanz, die hellen Lampen. »Nein«, erwiderte er, »hier war ich noch nie.«
    »Ganz schön lebhaft, was?«
    Der Mann zuckte die Achseln. »Kann mir so was nicht leisten«, sagte er schließlich und wandte sich wieder seinem Glas zu.
    »Ja, ein bißchen teuer«, sagte Pierce.
    Der Mann hob sein Glas. »Ja, das kann man wohl sagen. Zwei Shilling für einen Gin!«
    »Ich bestelle Ihnen noch einen«, sagte Pierce und gab dem Mann hinter der Theke mit seiner grau behandschuhten Hand ein Zeichen. »Wo wohnen Sie, Mr. Burgess?«
    »Ich habe ein Zimmer in der Moresby Road«, erwiderte der grobschlächtige Mann.
    »Da haben Sie nicht die beste Luft, dort!«
    Burgess zog die Schultern hoch. »Nicht zu ändern.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    Der Mann hinter der Theke kam, und Pierce bestellte zwei Glas Gin. »Was hat Ihre Frau für Arbeit?«
    »Sie näht.« Burgess zeigte einen Anflug von Ungeduld.
    »Aber worum geht es denn eigentlich?«
    »Ich möchte mich nur ein bißchen mit Ihnen unterhalten«, sagte Pierce, »um herauszufinden, ob Sie mehr Geld verdienen möchten als bisher.«
    »Nur ein Dummkopf würde da nein sagen«, sagte Burgess kurz.
    »Sie arbeiten bei der Bahn?« fragte

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