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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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„Ihr braucht wohl ’ne Extra-Einladung, was? Faules Gesindel. Hundertzweiunddreißig – mach den Rotznasen mal Beine.“
    Der ATK-Roboter, auf dessen metallener Brust eine schwarze 132 aufgemalt war, fuhr seine Neuropeitsche aus und wirbelte sie drohend durch die Luft.
    Tycho Brehm sah sich plötzlich inmitten eines Pulks von menschlichen Körpern, der auf die Glocke zuhastete. ATK 132 wurde jetzt von ATK 15 und ATK 435 unterstützt. Von allen Seiten wurden die Arbeiter angetrieben. Auch die Leutnants der anderen Schuppen setzten ihre Untergebenen in Bewegung.
    Die Glocke faßte mehr als fünfhundert Arbeiter, die in drei Marschsäulen durch das Tor ins Innere strömten. Schnell, schnell, in zwei Minuten würde die zweite Glocke landen und den Trupp aufnehmen, der jetzt noch wartete, während die restlichen in der Kälte stehenden Menschen für Glocke III bestimmt waren.
    Scheißleben! Noch immer hatte Tycho das eigenartige Gefühl, ein neutral registrierender Beobachter zu sein, der vom eigentlichen Geschehen selbst gar nicht betroffen war. Er schaute in die Gesichter der Arbeiter, die neben ihm her über die Gangway liefen. Aus der Ferne hätte man sich vielleicht gewundert, daß die Größe der einzelnen Leute so unterschiedlich war. Hier aber, Körper an Körper, erkannte man schnell den Grund dafür.
    Neben einem großen Kontingent an Männern und an Frauen aller Altersstufen bestand fast die Hälfte der Arbeiter in den gelben Overalls aus Kindern zwischen zehn und fünfzehn Jahren. Es hatte ein großes Jugendlager auf der Stranddüne gegeben, damals, vor drei Jahren, als die Emigranten auf Helgoland angekommen waren. Mehr als zweitausend Kinder, zwischen sieben und zwölf Jahre alt, hatten sich bei Kriegsausbruch gerade für die Rückreise auf das Festland bereitgemacht. Daraus war angesichts der sich überschlagenden Ereignisse nichts geworden. Und nun lebten mehr als dreihundert von ihnen nicht mehr. Die Unterernährung und die harte Arbeit hatte ihren Tribut gefordert. Nicht wenige hatten Selbstmord begangen. Andere waren auf dem Meeresboden krepiert. Der Tod auf Helgoland hatte viele Namen, aber nur eine Konsequenz.
    Tycho kauerte sich mit den anderen auf den Boden der Glocke. Die Motoren brüllten auf, und er spürte, daß sie abhob. Er war zweiundzwanzig Jahre alt, fühlte sich aber schon wie ein alter Mann, zumindest wie ein gebeutelter Familienvater.
    Die Kinder scharten sich um ihn wie Küken um die Henne: Claas, Heidrun, Telse, Andreas, Jens, Eike, Katrin, Diethard, Fiete, Uve, Biggie und Cari – zwölf Kinder. Alle anwesend. Die meisten übermüdet, sich krank fühlend und elend. Aber sie lebten noch.
    Tychos Aufgabe bestand darin, mit seinem Team soviel Erz zu fördern, daß man sie nicht zu den zehn schlechtesten Gruppen zählen konnte. In Wahrheit sprachen die einzelnen Teams sich natürlich untereinander ab und arbeiteten nur dann mit voller Kraft, wenn Militärs in der Nähe waren. Nach einem turnusmäßig ablaufenden Plan wurde jede Gruppe einmal ins hintere Feld plaziert und erhielt dann zur Strafe nur halbe Rationen. Nur gut, daß die Herren der Insel zu wenig Leute hatten, um Spitzel in die Glocken einzuschleusen …
    Aber für Tycho waren die Kinder mehr als nur eine Arbeitsgruppe, mit der unter tyrannischem Zwang Sklavendienste erpreßt wurden. Er fühlte sich für jeden einzelnen unter ihnen verantwortlich, und er war sich völlig im klaren darüber, daß einige von ihnen nicht mehr lange durchhalten würden.
    Bevor die Tauchkugel ins aufspritzende Meer hineinstieß, sah Tycho den letzten Gruß Tageslicht durch eines der Bullaugen mit dem dickwandigen Glas hereinfallen.
    Die Insel war bereits außer Sichtweite, aber vom Energiedom blitzte es blauweiß herüber. Auf den blauweißen Adern ritten in warmen gelben und gelbroten Farbtönen die Sonnenstrahlen des beginnenden Tages.
    Wenn man ganz genau wußte, was man suchte, glaubte man in der Ferne, hinter dem Energiedom, die Silhouetten der Kontrollschiffe der Festlandmächte zu erkennen. Dort war die Freiheit. Wenn nicht alles, Festlandbewohner und Freiheit, einer süßen Illusion angehörte.
    Tycho seufzte, schloß den Schrank auf, gab die Taucheranzüge aus, prüfte bei jedem einzelnen die lebensnotwendigen Funktionen: Luftzufuhr, Druckinstrumente, Luftvorrat, Dichtigkeit. Biggie, eine schmale Zehnjährige, die anfangs völlig verschüchtert gewesen war und sich niemandem anvertrauen wollte, bis sie Tycho kennenlernte, kontrollierte

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