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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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nicht klagen. Er hatte seinen Frieden gemacht mit den Gegnern, hatte sich arrangiert, hochgekämpft. Er hatte gebüßt, und jetzt genoß er seine Freiheit, seine gesellschaftliche Stellung. Er hatte eine Frau, und der Kontrakt lief noch sieben Jahre. Er hatte eine Wohnung, genügend zu essen, war rentenberechtigt, und ihm wurden Kredite gewährt. Er war voll rehabilitiert.
    Die Angst wuchs wie eine gespenstische Blume.
    Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn.
    „Berger …“ meldete sich Sandras weiche Stimme.
    Er hörte sie nicht. Sollte er alles, was er sich in den letzten Jahren geschaffen hatte, aufs Spiel setzen? Wieder von vorn anfangen, die gleichen Fehler noch einmal machen, wieder in der schwarzen Kartei landen?
    Was würden sie diesmal mit ihm anstellen?
    Sein Gehirn manipulieren?
    Für wen sollte er diese Opfer ein zweites Mal auf sich nehmen?
    Die Angst verwandelte sich, explodierte, wurde zu grellglühender Panik!
    Vor seinen Augen flirrten schwarze Punkte, ihm war schwindelig; fahrig, zitternd, bebend tasteten seine Hände über die Mulden, die Schirmsteuerung flackerte und wurde von der Automatik übernommen.
    „Berger, um Himmels willen, so sag’ doch etwas! Berger, was ist …“
    Die Stimme ging in einem Geräuschchaos unter, das mitten in seinem Schädel tobte, es dröhnte und röhrte und stampfte und hämmerte, dumpfe Echos verzerrten sich, wirbelten spiralenförmig durcheinander, fraßen sich brennend und beißend tiefer und tiefer und zerplatzten.
    „Ich bin rehabilitiert!“ schrie er mit überschnappender Stimme.
    „Aber ja, Berger, natürlich, du bist ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft. Du bist …“
    „Ich bin glücklich“, schluchzte er. „Sandra, ich bin glücklich, daß ich hier arbeiten darf. Sozialarbeit … Ich bin glücklich. Hört ihr – glücklich! Laßt mich in Ruhe!“
    Er preßte seine Hände auf die Ohren, sein Körper krümmte sich, zuckte, wand sich.
    „Niemand bezweifelt das, Berger. Ich frage mich …“
    Er biß sich auf die Lippe, spürte den Salzgeschmack des Blutes, und dann war der Schwindel plötzlich verschwunden, die schwarzen Punkte und das Dröhnen und Hämmern ebenfalls, das Begreifen setzte ein: Er hatte durchgedreht. Er hatte sich verraten.
     
3
     
    Gehetzt blickte er sich um.
    Sandras Stimme schwieg. Die Angst ließ ihn am ganzen Körper zittern. Sie würden kommen und ihn abholen. Sie würden ihn an den Detektor anschließen, ihm ihre neugierigen, verdammten Fragen stellen, würden alles wieder aufreißen … Die Wunden, die längst vernarbt gewesen waren, würden wieder bluten.
    Aber – vielleicht konnte er sie täuschen? Ja, er mußte ihnen beweisen, daß er zuverlässig war, zuverlässiger als alle anderen, daß sie voll auf ihn zählen konnten, daß er in der Tat ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft war.
    Er würde alles tun, um seinen Job zu behalten. Er war kreditfähig. Er war angesehen. Er hatte eine Frau, Arbeit, eine Wohnung, die groß genug war …
    Die Sache mit dem Baby würde er verkraften. Ja, ganz bestimmt. Sein Atem beruhigte sich, er wischte den Schweiß weg, der klebrig über seine Stirn tropfte, bekam die Schirm-Steuerung wieder unter Manuell-Kontrolle. Sie kamen, das wußte er, aber er würde sie bluffen. Er würde sich nichts anmerken lassen, gar nichts.
    Vielleicht schickten sie ihn zum Arzt. Überlastung. Nun, er würde ihm das Augenbrennen verschweigen, er war gesund, er konnte seiner Arbeit weiterhin zuverlässig nachkommen.
    Die Tür glitt summend auf.
    Schritte. Stimmen. Ein Lachen.
    „Hallo, Berger!“
    Hastig sah er hinüber, winkte. Zwei hochgewachsene Männer in sauberen weißen Kitteln. Die Ärzte. Er kannte sie.
    Sie hatten keine Zeit verloren.
    Berger atmete kräftig durch, riß sich zusammen. Seine Hände … Er starrte auf die Handrücken hinunter, spreizte die Finger, und sah, daß sie ganz ruhig waren. Er würde es schaffen. Er würde den Job behalten.
    Und ab morgen würde er die Vitamine wieder einnehmen. Ganz bestimmt. Diese Gedanken … Er war zu schwach, er konnte sie nicht mehr ertragen. Er dachte zuviel. Es tat ihm weh. Vielleicht hatten sie das erreichen wollen.
    Und jetzt wußte er: Er hatte sich verkauft. Mit Haut und Haaren. Und mit allen seinen einstigen Überzeugungen.
    Es tat weh, sich dies einzugestehen.
    Er dachte an etwas anderes: an Syra, seine Frau, an ihre weiche Haut, an ihre Liebe. Sie war zu Hause, und sie wartete auf ihn, so wie es der Kontrakt vorschrieb und es sich

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