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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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nicht mitreisen, sonst würdest du uns am Ende noch zwingen, mit einzusitzen!«
    »Ebensowenig als ich euch zumuten würde, die Post zu gebrauchen!«
    »Zur Strafe werden wir deine glorreiche Abfahrt aber auch nicht abwarten, sondern sogleich zurückfahren!«
    »Das kann ich auch gern erlauben; denn dieser Herr und ich werden uns unmittelbar nach euch auf den Weg machen.«
    Während dieses Gespräches hatte sich zwischen Heinrich und dem jungen Dämchen ein artiger stummer Verkehr entsponnen. Das Hündchen auf ihrem Schoße blickte beständig nach dem Stückchen Kuchen hin, welches verlassen und unerreichbar auf dem Tische lag, das Mädchen langte danach, Heinrich anblickend, wie um Erlaubnis zu bitten, konnte es aber nicht erreichen, so daß er es ihr näher hinschob. Der Hund mußte nun seine Künste machen, ehe er den Kuchen erhielt, Heinrich legte ein anderes Stück auf die neutrale Mitte des Tisches, von wo es das freundliche Kind wegholte, und so ging es fort, bis der Vorrat verzehrt war. Dabei hatte sie den Fremden nicht mehr angesehen, jedoch so laut und fröhlich zu dem Tierchen gesprochen und die Hände so fest und traulich nach dem Backwerke bewegt, daß er sich wohl als zur Gesellschaft gehörig betrachten durfte, und er erwiderte auch diese Freundlichkeit durch die größte Stille und Bescheidenheit. Als der Graf nun die Damen nach dem Wagen hinausführte, um dort von ihnen Abschied zu nehmen, grüßte die Kleine unter der Türe Heinrich ganz allerliebst, und dieser machte dem unerwachsenen Kinde ein so ernsthaftes Kompliment, als wenn er die ehrwürdigste Matrone vor sich gehabt hätte.
    Indessen hatte sich im Gastzimmer eine Gesellschaft von sechs bis sieben Männern eingefunden, sämtlich mit runden vollen Gesichtern und blonden Schnurrbärten verschiedensten Schnittes. Sie trugen graue Jagdröcke mit grünen Aufschlägen, und einige waren mit Sporen versehen. Bald hatte jeder einen schäumenden Krug Bier vor sich, welches, nebst einer beabsichtigten Kegelpartie, auch der Hauptinhalt des lauten Gespräches war, aus welchem es sich weiter ergab, daß sämtliche Gesellschaft aus Gerichtsassessoren, Forstleuten, Steuerbeamten und dergleichen bestand; auch ein Physikus war dabei. Äußerlich konnte man sie nicht unterscheiden, weil alle gleich rüstig und forstmäßig aussahen, und Heinrich betrachtete sie mit Wohlgefallen und gestand sich, daß diese sporenklirrenden Beamten in ihren Jagdtrachten sich keck und malerisch ausnähmen im Gegensatz zu den nüchternen und friedlichen Würdeträgern in den Dörfern seines Vaterlandes. Die Männer sprachen viel von Büchsen und Kugeln, und er schrieb ihnen deswegen auch einen gehörigen Verstand zu, von seiner Heimat her gewohnt, denselben meistens bei guten Schützen und wehrhaften Leuten zu finden. Über diesen Betrachtungen hatte er achtlos den Kopf bedeckt, um sich das Anlegen seines Mantels, das Bezahlen seiner Zeche und dergleichen bequemer zu machen, und näherte sich schon der Türe, als einer der Herren vor ihn hintrat und ihm die Mütze vom Kopfe nahm mit den Worten »Wenn Sie nicht wissen, mein Herr, was hierzulande Sitte ist, so ist man genötigt, es Ihnen deutlich zu zeigen!« – Heinrich sah ganz verblüfft auf den Redner, dann auf die großen Bierkrüge und in der braunen Stube umher; seine Augen glitten aber ab von den höhnischen Gesichtern, auf welche sie trafen und die darauf hinwiesen, daß diese Szene das Resultat einer förmlichen, vorhergehenden Beratung war; denn alle Genossen des Angreifers standen im Kreise um ihn herum. Jetzt erst wurde er feuerrot und stammelte zornig »Wie können Sie sich unterstehen –«, dabei hob er seine Mütze vom Boden auf, drehte sie krampfhaft zusammen und hatte nicht übel Lust, den Mann damit ins Gesicht zu schlagen. Zugleich riefen verschiedene Stimmen »Sein Sie ruhig, oder man wird Sie hinauswerfen!«
    »Ich ersuche Sie, das bleibenzulassen, meine Herren!« sagte der Graf, welcher hereinkommend alles mit angesehen hatte, mit entschiedener Stimme und trat neben Heinrich. »Wenn hier jemand«, fuhr er fort, »keine Lebensart besitzt, so ist es jedenfalls nicht dieser junge Mann, und insbesondere verwahre ich mich dagegen, daß es deutscher Sitte gemäß sei, einen harmlosen Reisenden durch Tätlichkeiten zu belehren!«
    Die Anwesenden hatten sich schon stillschweigend zurückgezogen, und der dicke Wirt, welcher vorhin keine Miene gemacht hatte, den Fremden in seinem Hause zu beschützen, war in

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