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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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trug der kecke Träger im weiß und roten, üppig geschlitzten Kleide die wallende Fahne, die eine Faust stattlich in die Seite gestemmt und anmutig den Fuß vorsetzend. Alsdann kam der Stadthauptmann, kriegerisch prachtvoll in Rot und Schwarz gekleidet, mit einem Brustharnisch angetan und den Kopf mit breitem, von Federn wogendem Baretthute bedeckt.
    Ihm folgten gleich die beiden Bürgermeister, staatsmännischen und weisen Ansehens, dann der Syndikus und die Ratsherren, unter denen manch ein im weiten Reich angesehener und demselben ersprießlicher Mann war.
    Von den beiden Stadtschreibern, welche nebeneinander gingen, war der eine schmächtige Schwarzgekleidete, mit der schöngeschnitzten Elfenbeinbrille auf der Nase, in Wirklichkeit der Literator der Künstlerschaft und der gelehrte Beschreiber des Festes. Sein rühmliches Gedenkbuch ist unserm Gedächtnis dankbar zur Hilfe genommen.
    Den Schluß bildeten nun die festlichen Reihen der ehrbaren Geschlechter.
    Seide, Gold und Juwelen glänzten hier in schwerem Überfluß. Diese kaufmännischen Patrizier, deren Güter auf allen Meeren schwammen, die zugleich in kriegerischer Haltung mit dem selbstgegossenen trefflichen Geschütze ihre Stadt verteidigten und an Reichskriegen teilnahmen, übertrafen den Adel an Pracht und Reichtum und unterschieden sich von ihm durch Gemeinsinn und sittliche Würde, vom gemeinen Bürger aber durch weitsehenden Blick und umfassenden erhaltenden Sinn. Ihre Frauen und Töchter rauschten wie große lebende Blumen einher, und die Damen mußten sich selbst gestehen, daß man vor vierhundert Jahren sich auch zu putzen wußte. Einige gingen mit goldenen Netzen und Häubchen um die schöngezöpften Haare, andere mit federwallenden Baretten und Hüten; manche die Brüste straff in Goldstoff und Perlenstickerei gespannt, zwei Rubinen auf den höchsten Punkten, mit feinstem Linnen den Hals umschlossen, manche aber mit prächtig entblößten Schultern, von köstlichem Rauhwerk eingefaßt. Das Fremde und Eigensinnige im Schnitt der Gewänder entstellte nicht, wie sonst verjährte oder unkluge Moden, sondern es schmückte auf das höchste und berauschte den Blick durch Eigentümlichkeit und Phantasie. Diese Trachten waren allerdings den klassischen einfachen Gewandmassen griechischer Welt gerade entgegengesetzt; aber nichtsdestominder verkündeten sie eine kecke Freude am Leben und am Leiblichen, nur daß der persönliche Sinn, der im Christentume liegt, sich in den wunderlich ausgedachten Umspannungen und Angehängseln des schönen Körpers zeigte.
    Überhaupt machte der ganze Festzug durch die bloße Tracht, welche auf das genaueste wiedergegeben war, einen ganz andern Eindruck, als unsere neuesten frömmelnden Romantiker in ihren unkundigen und siechen Schilderungen des Mittelalters beabsichtigen.
    Inmitten diesen glänzenden Reihen gingen einige venezianische Patrizier und Maler, als Gäste gedacht, poetisch in ihre welschen, purpurnen und schwarzen Mäntel gehüllt um Haupt und Schultern. Diese Gestalten lenkten trefflich die Vorstellungskraft auf die Lagunenstadt und von da ins ungemessene Weite an die Küsten der Alten und Neuen Welt, um von da wieder zurückzukehren zur spitzbogigen Wunderstadt mitten im Festlande.
    Trompeter und Pauker, gefolgt von drei Zugführern in Gold und Schwarz mit dem Reichsadler, eröffneten jetzt den Zug des Kaisers und Reiches, mit allem, was dieses an Tapferkeit und Glanz um jenen geschart hatte.
    Ein Haufen Landsknechte mit seinem robusten Hauptmann gab sogleich ein lebendiges Bild jener Kriegszeit und ihres unruhigen, auf Abenteuer gehenden, wilden und doch sanglustigen kindlichen Volkstumes. Diese frommen Landsknechte, einen Wald von achtzehn Schuh langen Spießen tragend, sahen sehr unfromm aus in ihrer bunten, aus aller Herren Ländern zusammengeraubten Tracht. Die rechte und linke Seite an demselben Mann war nicht nur ungleichfarbig, sondern auch ungleich geschnitten; das rechte Bein, der linke Arm steckten in ungeheuer aufgebauschten, fabelhaft zerschlitzten und bebänderten Gewandstücken, während der rechte Arm und das linke Bein in knappester Umhüllung sich formten. Der eine trug Hals und Schultern nackt und sonnenverbrannt, der andere mit einem erbeuteten Panzerstück bedeckt; diesem saß das leichtfertig gekerbte Barett schief auf dem Kopfe, indessen die langen angehäuften Federn ihm unten an die Kniekehle schlugen; jener hatte es auf dem Rücken hängen und schleifte die gestohlenen Federn gar am

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