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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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nennen oder was ich Liebe nenne! Ja vielmehr steht sie auf dem Punkte, in Haß und Abscheu umzuschlagen, wenn Sie Ihr Benehmen nicht sogleich ändern! Entschließen Sie sich dazu, oder ich bitte Sie, mein Haus zu verlassen, denn Sie stören mir alle Freude und machen ein unnützes Aufsehen!«
    Als sie dies sprach, funkelte zuletzt durch alle lächelnde Freundlichkeit ein lichter Zorn in ihren Augen, gleich einem Blitz im Sonnenschein, welcher zwar bezaubernd, aber auch so deutlich und entschieden war, daß Lys nicht ein Wort zu erwidern wußte. Er sah sie erstaunt und wehmütig an, wie einer, der aus seiner ganzen persönlichen Beschaffenheit und Überzeugung heraus gehandelt hat und darüber traurig ist, daß er keinen Anklang findet. Dann ging er, ohne ein Wort zu sagen, langsam aus dem Zimmer.
    Rosalie schaute ihm nach, und während sie aufatmend sich auf ein Sofa warf, mischte sich in den freundlichen Spott, den sie empfand, doch ein geheimstes bedauerndes Gefühl, daß ihr Wohlwollen nicht etwas der Art sein dürfe, für was Lys es gehalten wissen wollte.
    Inzwischen hatte Erikson endlich ihre und Ferdinands gleichzeitige Abwesenheit entdeckt, und da er Rosalien zu sehr ehrte und liebte in seiner breiten Brust, um sie genauer zu kennen, und auch ein ziemlicher Neuling in dieser Lage war, so verließ ihn plötzlich sein bisheriges Phlegma, und er geriet in die heftigste Aufregung.
    Die abenteuerlichsten und graulichsten Geschichten von der geheimen Verworfenheit und Schwachheit der Weiber, welche er in Schenken und Männergesellschaften gehört, fuhren ihm wie Gespenster durch den Kopf, die wunderlichsten Eroberungen und Überrumpelungen durch kühne Gesellen, unter den schwierigsten Umständen, kamen ihm in den Sinn und wechselten mit dem Bilde der sich immer gleichen Rosalie, und dies Bild verscheuchte dann alle jene Schrecken für einen Augenblick; aber sie kehrten wieder und peinigten ihn auf das ärgste.
    Und als er sie endlich gewaltsam unterdrückte, sagte er sich Und was wäre es denn, wenn mir dieser Teufel zuvorkäme und das täte, was ich schon längst hätte wagen sollen? Wer wäre zu tadeln als ich selbst? Soll mir die liebe Schöne sich selbst auf einem Teller präsentieren? Hole der Henker das Geld!
    Ich glaube, ich wäre nicht halb so blöde, wenn sie nicht so reich wäre! Aber was tut das zur Sache? Sie ist ein Weib, ich ein Mann, Himmel! sie wird mir den Kopf nicht abbeißen!
    Als ob seine Seligkeit auf dem Spiele stände, durchmaß er alle Zimmer, und als er sie nirgends fand, riß er voll Furcht und Zorn die letzte Tür auf, die ihm noch übrigblieb, trat hastig in das schwach erleuchtete Stübchen und fand Rosalien auf dem Sofa sitzend. Sie hielt sich ganz still und sah ihn an, und Erikson stand plötzlich ratlos da.
    Nachdem er eine Weile gestanden, indessen sich die Schöne nicht gerührt, gewann er über ihrem Anblicke seine Bewegung wieder, stärker als vorhin, aber nun rein und gleichmäßig, eine schöne, mächtige Wallung. Er tat einen Schritt auf sie zu, ergriff ihren Arm so fest, daß es sie schmerzte, und gab nun seinen Gefühlen und Meinungen Worte, so gut er sie zu finden vermochte.
    Rosalie beklagte sich nicht über den Druck seiner starken Hand, es schien sogar, als ob ihr der kleine Schmerz das größte Vergnügen gewähre. Sie hörte ihn mit schwer verhaltenem Lächeln an, und eine Viertelstunde nachher sah man ihn feierlich und zufrieden durch die Räume kommen, mit glänzenden Augen einige Verwandte Rosaliens zusammenzusuchen und zu ihr zu berufen, und abermals eine Viertelstunde nachher erschienen diese wieder und ordneten in dem Saale eine Abendtafel für die gesetztere Hälfte der Gesellschaft und besonders für sämtliche Verwandte und Freunde Rosaliens, deren noch manche schnell geholt wurden; und als alles dies zustande gekommen, indessen auch die Lichter angesteckt wurden, verkündete ein ehrwürdiger Oheim die unverhoffte Verlobung, und das glückliche Paar nahm die überraschten Glückwünsche von allen Seiten frohlauschend auf.
    Alle, die in gewöhnlicher Kleidung anwesend waren, führten unter sich alsbald eine gelinde Kritik über die seltsame Verlobung und die künstlerischen Neigungen der reichen Witwe, die so rasch nacheinander zutage träten; doch wenn sie, besonders die Schönen, auf Erikson blickten, so blieben ihre Worte nur noch tönende, während das Auge gestehen mußte, daß die feine Rosalie wohl zu wählen gewußt habe.
    Die Künstler aber freuten

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