Der gruene Heinrich [Erste Fassung]
purem Übermut das Beschränktere wieder vornimmt, da mag es ihm spielend gelingen. Und dies wollen wir, denk ich, noch versuchen; denn Sie müssen nicht so jämmerlich davonlaufen, sondern mit gutem Anstand von dem Handwerk Ihrer lugend scheiden, daß keiner Ihnen ein schiefes Gesicht nachschneiden kann! Auch was wir aufgeben, müssen wir elegant und fertig aufgeben und ihm mit geschlossener Abrechnung freiwillig den Rücken kehren. Dann aber wollen wir bestialische Flurschützen prügeln, dies sei unser Metier, in Liebe und Haß wirken, in Neigung und Widerstand! Sie werden aufhören, selbst Tränen zu vergießen, aber dafür andere deren vergießen lassen, die einen aus Freude, die anderen aus Zorn und Arger! Aber jetzt vor allem zur Sache! Ich habe Ihre sämtlichen Studien bei dem alten Teufelskerl gekauft, Stück für Stück um einen Taler. Ich lief eifrig hin, damit mir ja keine entgehe, denn die Sachen gefielen mir wohl, ohne daß ich jedoch viel dabei dachte, und erst als ich sah, daß hier ein ganzer wohlgeordneter Fleiß stückweise zum Vorschein kam, vielleicht die heiteren Blütenjahre eines unglücklich gewordenen Menschen, gewann ich ein tieferes Interesse an den Sachen und sammelte sie sorgfältig auf, seltsam bewegt, wenn ich sie so beisammen sah und alle die verschwendete Liebe und Treue eines Unbekannten, die Luft eines schönen Landes und verlorener Heimat herausfühlte; denn man sah wohl, daß dies nicht Reisestudien waren, sondern ein Grund und Boden vom Jugendlande des Urhebers. Der Trödler wollte mir aber nie sagen, wo derselbe aufzufinden, und beharrte eigensinnig auf seinem Geheimnis; er log mich an und sagte, es schicke sie ihm ein auswärtiger Händler, als ob der Kauz weiß Gott welche Geschäftsverbindungen hätte in seiner Spelunke. Nun sagen Sie aber wollen Sie die Sachen wiederhaben, oder wollen Sie mir dieselben lassen?«
»Sie sind ja Ihr Eigentum!« sagte Heinrich.
»Was da Eigentum! Sie werden doch nicht glauben, daß ich, nun ich Sie kenne und in meinem Hause habe, Ihre Mappe um solches Bettelgeld behalten will, das wäre ja wie gestohlen! Oder wollen Sie mich schon beschenken, Sie armer Schlucker?«
»Ich meine«, sagte Heinrich, »daß die Mappe ihre Dienste getan und sich für mich vollständig verwertet hat; erst habe ich etwas daran gelernt und, indem ich sie zusammenbrachte, nichts Schlechteres verübt; dann hat sie mir zur Zeit der Not das Leben gefristet, und zwar auf eine Weise, durch welche ich wieder etwas gelernt habe, und auf die Größe der Summe kam es gar nicht an. Jeder Groschen hatte für mich den Wert eines Talers und machte mir ebenso großes Vergnügen als ein solcher, und so habe ich zu Recht bestehend mich der Sachen entäußert. Endlich hat sie mir Ihr Wohlwollen erworben und mir das artigste Abenteuer vorbereitet, und so denke ich, durch dies alles sei ich vollkommen entschädigt.«
»Dies würde alles ganz nach meinem eigenen Sinne sein, wenn die Umstände anders beschaffen wären. So aber ist es eine Düftelei, die wir lassen wollen. Ich bin reich und würde jetzt die Mappe unbedingt um jeden annehmbaren Preis kaufen, auch wenn Sie selbst gar nichts davon bekämen, also ganz ohne Rücksicht auf Sie. Lernen Sie auf Ihrem Rechte bestehen, wo es niemand drückt und ängstiget, wenn Sie Recht gewähren wollen, und nehmen Sie den Erwerb, der Ihnen gebührt, ohne Scheu, nachher können Sie damit tun, was Sie wollen! Also nennen Sie mir einen Preis, wie er Ihnen gut dünkt, und ich werde noch froh sein, die Sachen zu behalten.«
»Gut denn«, sagte Heinrich lachend, »so wollen wir den Handel abschließen! Es sind über achtzig Blätter; geben Sie mir für jedes ineinandergerechnet einen Louisdor! Manches darunter würde ich, wenn ich ein florierender Künstler wäre, nicht für zehn verkaufen, aber bei einem solchen Handel in Bausch und Bogen ist es nicht also zu nehmen; davon ziehen Sie dann achtzigmal den Taler ab, den Sie dem Alten für jedes Stück gegeben, so wird die Affäre so ziemlich ehrbar und für beide Teile leidlich ausfallen!«
»Sehen Sie wohl!« sagte der Graf und gab ihm lachend die Hand, »so gefallen Sie mir! Hätten Sie zuwenig oder zuviel verlangt, so würden Sie mir in beiden Fällen nicht so gefallen haben! Auch den Abzug des Talers nehme ich an und habe absichtlich gleich Geld mitgebracht; hier ist es, damit Sie mit einem guten Pfennig in der Tasche, als Gast und nicht als Bettler, an unsern Mittagstisch kommen, wohin wir jetzt
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