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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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glücklichen heiteren Geselligkeit wären, welche jeden, den sie einmal arglos aufgenommen und zu kennen glaubt, auch ohne Arg mit ganzer Freundlichkeit behandelt; daß es ebenso wohl das Kennzeichen der Grobheit und Ungezogenheit wäre, zum Danke für solche feine Freundlichkeit sogleich das Auge auf die Inhaberinnen derselben zu werfen und ihre Person mit unverschämten und eigenmächtigen Gedanken in Beschlag zu nehmen. So hoch diese sich vorhin verstiegen hatten, um so tiefere Demut befiel ihn jetzt, und er beschloß in derselben, die Schönste gegen sich selbst in Schutz zu nehmen, nicht ahnend, daß eine Neigung, die schon mit solcher inniger Achtung vor ihrem Gegenstande beginnt, das allerschärfste Schwert in sich birgt. Und er beschloß, ganz gründlich zu Werke zu gehen und die Dame auch in dem geheimsten Gemüte nicht zu lieben, so daß sie unbewußt ganz unbedenklich in demselben wohnen könne, nur von seiner uneigennützigsten Ehrerbietung und guten Freundschaft umgeben.
    Dieser herzhafte Beschluß schwellte ihm abermals die Brust und hielt dann sein Blut auf in seinem Laufe, aber sehr schmerzlich süß, daß es ihm wohl und weh dabei ward. Ersteres, weil es immer wohltut, einem liebenswürdigen Wesen Gutes zu erweisen, selbst wenn das durch Entsagung geschieht, und weh, weil es doch eine häkliche Sache ist, eine junge Neigung so ohne weiteres abzuwürgen und eine ganze werdende mögliche Welt im Keime zu zertreten. Indem er dies schmerzliche Gefühl empfand und darüber nachdachte, sagte er »Im Grunde – ein Mädchen zu lieben ist nie eine Unhöflichkeit, wenn man nur etwas Rechtes ist! Aber von mir würde es jetzt unhöflich und grob sein, weil ich ja nichts, ach so gar nichts bin und erst alles werden muß!« Zum ersten Mal bereute er so recht die vergangenen Jahre und die scheinbar nutzlose lugend, die ihn jetzt von dieser Erscheinung überrascht werden ließ, ohne daß er bereit und wert war, auch nur im geheimen eine herzhafte Leidenschaft aufkommen zu lassen und zu nähren. Er fuhr seufzend mit der Hand durch das Haar und entdeckte, daß er keinen Hut auf dem Kopfe hatte. »Ein Kerl!« rief er, »der nicht einmal einen guten Hut, das Zeichen der Freien, auf dem Kopfe trägt! Da lauf ich barhäuptig wie ein Mönch in fremdem Besitztum umher! Ich muß einmal nach meinem Hute sehen!«
    Er lief in das Gartenhaus. Das freundliche Apollönchen allein war da und holte ihm auf sein Begehren seinen Hut hervor; aber sie hielt denselben mit einem schalkhaften Lächeln dar, soweit dies ihrer Gutmütigkeit immer möglich war; denn der Hut sah schändlich aus und war gänzlich zugrunde gerichtet. Vom Regen war er noch aus aller Form gewichen und stellte sich von allen Seiten, wie man ihn auch wenden mochte, als ein höhnisches Unding vor. Wie Heinrich ihn so trostlos in der Hand hielt und Apollönchen mit verhaltenem Lachen dabeistand, trat Dorothea aus dem Saale herein und rief »Wo ist denn das Herrchen? Ach, da sind Sie ja! Wenn es Ihnen lieb ist, so wollen wir doch ein wenig spazierengehen, sehen Sie hier, da habe ich Ihnen einen Hut zurechtgezimmert, der Ihnen hoffentlich wohl anstehen soll!«
    Wirklich hielt sie einen breiten grauen Jägerhut in der Hand, um den ein grünes Band geschlungen war. Sie setzte ihm denselben auf und sagte »Lassen Sie sehen! Ei vortrefflich, sage ich Ihnen, sieh mal, Apollönchen! Ich habe mir erlaubt, Ihre Jugendfarbe daran anzubringen, damit wir doch ein bißchen grünen Heinrich hier haben! Ist dies Ihr Hut? Wollten Sie den aufsetzen?
    Zeigen Sie!«
    »Ach, sehen Sie ihn doch nicht an!« rief Heinrich und wollte ihn wegnehmen, aber sie entschlüpfte ihm, und den Trübseligen pathetisch vor sich hinhaltend, sagte sie »Lassen Sie! Ich möchte gar zu gern ein solch schlechtes Ding und Krone der Armut einmal ganz in der Nähe besehen! Ja, es ist wahr! kummervoll sieht er aus, der Hut! Aber wissen Sie, ich möchte doch einmal ein Bursche sein und mit solchem verwegenen Unglückshut so ganz allein in der Welt herumwandern! Aber durchaus müssen wir ihn in unserm Rittersaal aufpflanzen als eine Trophäe unserer Zeit unter den alten Eisenhüten!«
    Heinrich entriß ihr die Trophäe und steckte sie in den Ofen, in dem eben ein helles Feuer brannte, und ging mit ihr, die ihn darüber ausschalt, ins Freie.
    »Wenn er einmal verbrannt sein mußte«, sagte sie, »so hätten wir ihn doch auf feierliche Weise verbrennen sollen! Sie haben in Ihrem Schreibebuch selbst so artig besungen,

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