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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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welche in ehrwürdigster Haltung ihr zu besonderm Schutz und Handreichung dienten. Sie aber schaute dann und wann rückwärts, da gleich hinter ihrem Wagen der starke Erikson als wilder Mann einherkam, der den Zug der Diana anführte, Lenden und Stirn in dichtes Eichenlaub gehüllt, ein Bärenfell um die Schultern geschlagen. Viele Jäger folgten ihm mit grünen Zweigen auf Hüten und Kappen, die großen Hifthörner mit Laubwerk umwunden, das Jagdkleid mit Iltisfellen, Luchsköpfen, Rehfüßen und Eberzähnen besetzt. Einige führten Rüden und Windspiele, einige mit Steigeisen am Gürtel trugen Gemsböcke auf dem Rücken, andere Auerhähne und Bündel von Fasanen, und wieder andere auf Bahren Schwarzwild und Hirsche mit versilberten Hauern, Geweihen und Schalen. Dann trug eine Schar wilder Männer ein wanderndes Gehölz belaubter Bäume verschiedener Art, in welchen Eichhörnchen kletterten und Vögel nisteten. Durch die Stämme dieses Waldes sah man schon die silberne Gestalt der Diana schimmern, der schmalen Agnes, wie sie von Lys gekleidet und geschmückt worden. Ihr Wagen war von allem möglichen Wilde bedeckt, und dessen Köpfe umkränzten ihn mit vergoldetem Horn und bunten Federn. Sie selbst saß mit Bogen und Pfeil auf einem Felsen, aus welchem ein Quell in ein Becken von Tropfsteinen sprang; wilde Männer, Jäger und Nymphen nahten sich in buntem Gedränge, um aus hohler Hand den Durst zu stillen.
    Agnes war in ein Gewand von Silberstoff gekleidet, das bis an die Hüften sich knapp anschmiegte und alle ihre geschmeidigen Formen wie aus dem hellen Metalle gegossen erscheinen ließ Die kleine klare Brust war wie von einem Silberschmied zierlich getrieben. Vom Schoße abwärts, den ein grüner Florgürtel mehrfach umwand, floß das Gewand weit und faltig, wiederholt geschürzt, doch bis auf die Füße, die mit silbernen Sandalen keusch hervorsahen. Im schwarzen, griechisch aufgebundenen Haare machte sich mit Mühe die blanke Mondsichel sichtbar, und wenn sich der Kopf ein wenig regte, wurde sie von den Locken zeitweise ganz bedeckt. Das Gesicht der Agnes war weiß wie Mondschein und noch blasser als gewöhnlich; ihr Auge flammte dunkel und suchte den Geliebten, während in dem silberglänzenden Busen der kühne Anschlag, den sie gefaßt, das Herz pochen machte.
    Der geliebte Lys aber, der den Aufzug eines der Jagd obliegenden Assyrerkönigs gewählt, um seiner Diana zur Seite gehen zu können, hatte, sobald er die Rosalie-Venus erblickt, jene verlassen, sich unter den Triumphzug der letzteren gemischt, betrachtete sie unverwandt gleich einem Nachtwandler und wich keinen Schritt von ihrem Wagen, ohne seines Tuns bewußt zu werden.
    Meinerseits hatte ich mich, meinem alten Zunamen getreu, in ein laubgrünes Narrenkleid gesteckt und um die Schellenkappe ein Geflecht von Disteln und Stechpalmzweigen mit roten Beeren geschlungen. Diese jagdverwandte Tracht benutzte ich nun, als ich sah, wie die Dinge standen oder vielmehr gingen, um ab und zu durch den wandelnden Wald zu huschen und der ärmsten Diana zur Seite zu bleiben, da sonst kein Befreundeter um sie war; denn Erikson, der wilde Mann, hielt sein Auge auf Lys und Rosalien gerichtet, ohne indessen stark aus seiner Gemütsruhe zu geraten.
    Den südlich-griechischen Bildern folgte als nordisch-germanisches Märchen der Zug des Bergkönigs. Ein Gebirge von Erzstufen und Kristallen war auf seinem Wagen errichtet, und darauf thronte die riesige Gestalt in grauem Pelztalar, den schneeweißen Bart wie das Haar bis auf die Hüften gebreitet und diese davon umwallt. Das Haupt trug eine hohe goldene Zackenkrone. Um ihn her schlüpften und gruben kleine Gnomen in den Höhlen und Gängen und waren wirkliche Bübchen; aber ein kleiner Berggeist, welcher vorn auf dem Wagen stand, ein strahlendes Grubenlicht auf dem Kopf, den Hammer in der Hand, war ein kaum drei Spannen langer, völlig ausgewachsener Künstler, ebenmäßig fein gebaut, mit männlich sauberm Gesichtchen, blauen Augen und blondem Zwickelbart. Das kleine Wesen, einem Zaubermärchen gleichend, war nichts weniger als eine bloße Seltsamkeit, sondern ein solider und rühmlicher Maler, ein lebendiges Zeugnis, daß diese bedeutende Künstlerschaft nicht nur alle Gliederungen eines großen Volkes, sondern auch alle Gestaltungen des körperlichen Daseins umfaßte.
    Hinter dem Bergkönig auf demselben Wagen schlug der Prägemeister aus Silber und blankem Kupfer kleine Denkmünzen auf das Fest; ein Drache spie sie in

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