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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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der edlen Form willen zum Goldrange zu erheben!
    Gleich neben diesem sah ich den Veit Stoß, einen Mann von seltsamster Mischung. Er schnitt aus Holz so holde Marienbilder und Engel und bekleidete sie so lieblich mit Farben, güldenem Haar und Edelsteinen, daß damalige Dichter begeistert seine Werke besangen. Dazu war er ein mäßiger und stiller Mann, der keinen Wein trank und fleißig seiner Arbeit oblag, immer neue fromme Bilder für die Altäre erschaffend. Aber des Nachts machte er eifrig falsche Wertpapiere, um sein Gut zu mehren, und als er ertappt wurde, durchstach man ihm öffentlich mit einem glühenden Eisen beide Wangen.
    Weit entfernt, von solcher Schmach gebrochen zu werden, erreichte er in aller Gemächlichkeit ein Alter von fünfundneunzig Jahren und schnitt nebenbei Reliefkarten von Landschaften mit Städten, Gebirgen und Flüssen; auch malte er und stach in Kupfer.
    Doch als ein ganzer und klassischer Genoß trat nun unter dem schlichten Namen eines Gelb-und Rotgießers Peter Vischer einher mit seinen fünf Söhnen, die Hantierer in glänzendem Erze. Er sah aus mit seinem kräftig gelockten Bart, der runden Filzmütze und seinem Schurzfell wie der wackere Hephästos selber. Sein freundlich großes Auge verkündete, daß es ihm gelang, sich im Sebaldusgrabe ein unvergängliches Denkmal zu setzen, reich an Arbeit vieler Jahre und beschienen vom Abglanz griechischen Lebens, ein Wohnsitz vieler Bildwerke, die im lichten Raume den silbernen Sarg des Heiligen hüten.
    So wohnte der Meister selbst mit seinen fünf Söhnen samt ihren Weibern und Kindern in einem Hause und derselben Werkstatt, im Glanz neuer Werke.
    Einer, der mir nicht viel weniger gefiel, war im Zuge der Maurer und Zimmerleute Georg Weber, groß und stark heranschreitend, zu dessen grauem Kleide es einer Unzahl von Ellen Tuches bedurfte. Der war freilich ein Wäldervertilger; denn mit seinen Werkleuten, die er alle so groß und stark aussuchte, wie er selber war, mit dieser Riesenschaft arbeitete er mächtig in Bäumen und Balken, sinnreich und künstlich, und fand nicht seinesgleichen.
    Er war jedoch ein trotziger Volksmann und machte im Bauernkrieg den Bauern Geschütze aus grünen Waldbäumen. Er sollte deshalb zu Dinkelsbühl geköpft werden; allein der Rat von Nürnberg löste ihn wegen seiner Kunst und Nützlichkeit aus und ernannte ihn zum Stadtzimmermeister. Er baute nicht nur schönes und festes Sparren-und Balkenwerk, sondern auch Mühl-und Hebemaschinen und gewaltige lasttragende Wagen und fand für jedes Hindernis, jede Gewichtmasse einen Anschlag unter seiner starken Hirnschale.
    Bei alledem konnte er weder lesen noch schreiben.
    So folgten sich, da man eine ganze Zeit zusammenfaßte, Scharen von ausdrucksvollen Gestalten, die alle im Leben gestanden hatten, bis dieser Teil des Zuges mit der Zunft der Maler und Bildhauer und der Erscheinung Albrecht Dürers abschloß. Unmittelbar voran ging ihm der Edelknabe mit dem Wappenschilde, der in blauem Felde drei silberne Schildchen zeigt und von Maximilian dem großen Meister für die ganze Künstlerschaft gegeben worden ist. Dürer selbst schritt zwischen seinem Lehrer Wohlgemuth und Adam Kraft; die eigenen hellen Ringellocken des Darstellers fielen nach beiden Seiten gleich gescheitelt ganz so auf die breiten, mit Pelz bedeckten Schultern wie im bekannten Selbstbildnis, und mit anmutiger Geschicklichkeit trug der geschmeidige Mann die feierliche Würde, die auf ihm lastete.
    Nachdem nun, was eine Stadt baut und ziert, vorangegangen, trat gewissermaßen die Stadt selbst auf. Von zwei bärtigen Hellebardieren begleitet, wurde ihr das große Banner vorgetragen. Hoch trug der kecke Fähndrich die wallende Fahne, im üppig geschlitzten Kleide, die linke Faust stattlich in die Seite gestemmt. Alsdann kam der Stadthauptmann, kriegerisch prächtig in Rot und Schwarz gekleidet, mit dem Brustharnisch angetan und den Kopf mit breitem, von Federn wogendem Baretthute bedeckt. Ihm folgten Bürgermeister, Syndikus und Ratsherren, unter ihnen manch ein im weiten Reich angesehener und ersprießlicher Mann, und endlich die festlichen Reihen der Geschlechter. Seide, Gold und Juwelen glänzten hier in schwerem Überfluß. Die kaufmännischen Patrizier, deren Güter auf allen Meeren schwammen, die zugleich in streitbarer Haltung mit dem selbstgegossenen Geschütze die Stadt verteidigten und an den Reichskriegen teilnahmen, übertrafen den mittlern Adel an Pracht und Reichtum wie in Gemeinsinn und

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